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Afghanistan: Chronologie seit der Monarchie

Blutige Fehden und Umstürze, zehn Jahre sowjetischer Okkupation, endlose politische Intrigen und mörderische Kämpfe zerstörten Afghanistan in den vergangenen drei Jahrzehnten.

1996 errichteten die an pakistanischen Koranschulen ausgebildeten fundamentalistischen Taliban ein mittelalterliches Schreckensregime, das der weiblichen Bevölkerung die elementarsten Rechte verweigerte und Minderheiten brutal unterdrückte. Afghanistan hat nach UNO-Angaben die mit Abstand höchste Kindersterblichkeit, die höchste Analphabetenquote und die weltweit höchste Rate an Witwen und Waisenkindern.

Die wichtigsten Ereignisse seit dem Sturz der Monarchie:

1973 – Mohammed Zahir Schah, König seit 1933, wird während eines Auslandsaufenthalts auf Betreiben seines Vetters und Schwagers, Mohammed Daoud, abgesetzt. Ausrufung der Republik.

1978 – In der „April-Revolution“ (Saur-Revolution) stürzen linksgerichtete Offiziere das Daoud-Regime. Sie holen den marxistischen Schriftsteller Nur Mohammed Taraki aus dem Gefängnis und rufen ihn zum Präsidenten aus. Der Revolutionsrat proklamiert die „Demokratische Republik Afghanistan“.

1979 – Taraki wird von seinem Stellvertreter Hafizullah Amin ermordet. Im Dezember marschieren sowjetische Truppen ein und bringen Babrak Karmal, den Chef des KP-Minderheitsflügels „Parcham“, an die Macht. Amin wird hingerichtet.

1980-89 – Islamische Widerstandskämpfer („Mujaheddin“) erklären den sowjetischen Besatzungstruppen den Krieg. Es sterben rund 1,5 Millionen Menschen, über fünf Millionen werden aus ihren Wohnorten vertrieben; Flüchtlingsstrom in das Nachbarland Pakistan.

1986 – Karmal wird 1986 durch den Chef der Geheimpolizei, Mohammed Najibullah, abgelöst.

1988 – Auf Initiative von Michail Gorbatschow beginnt der Abzug der sowjetischen Truppen, der ein Jahr später abgeschlossen wird. Die Sowjetunion verlor in dem Konflikt insgesamt 15.000 Mann.

1992 – Najibullah tritt nach einem UNO-Friedensplan zurück, zwischen den verschiedenen Mujaheddin-Fraktionen herrscht jedoch Uneinigkeit. Der Tadschike Burhanuddin Rabbani, Chef der „Jamiat-i-Islami“, wird Präsident. Der Führer der radikaleren „Hezb-i-Islami“, Gulbuddin Hekmatyar, der für den Posten des Premiers vorgesehen ist, wird von Rabbanis Militärchef, dem Tadschikenführer und Widerstandshelden Ahmed Shah Massud, am Einzug nach Kabul gehindert.

1994 – Der einflussreiche ex-kommunistische General Abdul Rashid Dostum, ein Usbeke, der sich nach Najibullahs Niederlage auf die Seite von Rabbani geschlagen hatte, ergreift für Hekmatyar Partei. Die Taliban, an pakistanischen Koranschulen ausgebildete Kämpfer, treten erstmals in Erscheinung.

1996 – Hekmatyar schließt mit Rabbani Frieden und wird im Juni als Regierungschef vereidigt. Die vom pakistanischen Geheimdienst gesteuerten Taliban marschieren im September in Kabul ein und rufen einen Gottesstaat („Islamisches Emirat“) aus. Najibullah, der sich seit 1992 in der UNO-Vertretung aufgehalten hatte, wird kastriert und bestialisch umgebracht, sein Leichnam öffentlich zur Schau gestellt. Die von der UNO weiter anerkannte Rabbani-Regierung flieht nach Norden. Im Oktober schließt sie mit Dostum und der pro-iranischen Schiitenmiliz „Hezb-i-Wahdat“ eine Anti-Taliban-Allianz („Nordallianz“), der es gelingt, den Taliban-Vormarsch nach Norden zu stoppen.

1997 – Ein Konsortium unter Führung der kalifornischen Erdölgesellschaft „Unocal“ schließt mit den Taliban ein Abkommen für einen Pipeline-Bau von Turkmenien über Afghanistan nach Pakistan zum Indischen Ozean. Das Projekt scheitert 1998 nach der Affäre um den in Afghanistan etablierten saudiarabischen Milliardär Osama Bin Laden, den die USA für die verheerenden Anschläge auf ihre Botschaften in Kenia und Tansania verantwortlich machen.

1998/99 – Friedensverhandlungen unter Schirmherrschaft der Islamischen Weltkonferenz verlaufen ergebnislos. Die Taliban vertreiben die Vertreter regierungsunabhängiger Organisationen aus Kabul; schwere Übergriffe auf die Zivilbevölkerung. Der UNO-Sicherheitsrat verhängt Sanktionen gegen die Taliban.

2001 – Die Taliban zerstören ungeachtet internationaler Proteste die berühmten Buddha-Statuen von Bamiyan und nehmen westliche Helfer unter der Beschuldigung christlicher Missionierung fest. Im Oktober starten die US ihre Luftangriffe. Ahmed Shah Massud, Militärchef der Nordallianz, wird von Al-Kaida-Agenten ermordet. Am 18. November kann Rabbani mit den Führern der Nordallianz nach Kabul zurückkehren, am 27. beginnt auf dem Petersberg bei Bonn eine Afghanistan-Konferenz, die sich auf eine Interimsregierung unter Hamid Karzai einigt.

2002 – Der frühere König Mohammed Zahir kehrt aus dem Exil zurück. Eine kurzfristig einberufene Große Ratsversammlung („Loya Jirga“) wählt Karzai zum Präsidenten. Die Schlüsselpositionen in der Regierung besetzen die Führer der ehemaligen Nordallianz. 2003/2004 – Eine Loya Jirga mit 502 Delegierten verabschiedet eine Verfassung. Karzai wird Präsident.

Trotz internationaler Hilfe noch immer einer der ärmsten Staaten

In Afghanistan leben rund 22 Millionen Menschen. Die Paschtunen stellen in dem südasiatischen Land die größte Bevölkerungsgruppe, gefolgt von Tadschiken, mongolischstämmigen Hasara und Usbeken. Fast alle Afghanen sind Moslems. Vier Fünftel gehören der sunnitischen, etwa ein Fünftel der schiitischen Glaubensrichtung an.

Das Land zählt trotz ausländischer Milliardenhilfe und fortschreitendem Wiederaufbau immer noch zu den ärmsten Staaten der Welt. Seit 2004 ist Afghanistan eine Islamische Republik. Demokratisch gewählter Staatschef ist Hamid Karzai.

Afghanistan ist mit rund 650.000 Quadratkilometern größer als die Iberische Halbinsel (Spanien und Portugal). Es grenzt im Süden und Osten an Pakistan und China, im Westen an den Iran. Der bis zu rund 7.500 Meter hohe Hindukusch prägt das Land. Wegen des trockenen Klimas sind die wenigen landwirtschaftlich nutzbaren Flächen von künstlicher Bewässerung abhängig. Auf den Feldern wachsen Getreide, Baumwolle, Zuckerrüben und Obst. Nomaden ziehen mit Schaf- und Ziegenherden umher. Die Opiumpflanze Mohn wird in fast allen Provinzen angebaut. Afghanistan ist der weltweit größte Produzent von Rohopium – dem Grundstoff für Heroin.

Die Sicherheitslage ist trotz internationaler Truppenpräsenz angespannt. Derzeit sind rund 18.000 US-Soldaten in Afghanistan im Einsatz. Die von der NATO geführte internationale Schutztruppe ISAF verfügt über mehr als 8.500 Soldaten – darunter fast 2.000 deutsche und derzeit 93 österreichische. Seit dem Sturz der Taliban Ende 2001 kämpfen radikalislamische Rebellen besonders im Süden und Osten des Landes.

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