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Acht Jahre Haft für Messerattacke auf 16-jährige Schwester

Weil er seine Schwester niederge­stochen hatte, ist am Dienstag ein junger Somalier im Wiener Straflandesgericht wegen versuchten Mordes zu einer achtjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Der Prozess ließ einige Fragen offen: So förderte das Beweisverfahren keine eindeutige Antwort auf die Frage nach dem Motiv zutage. Nicht einmal das Alter des Angeklagten, der mit seiner Familie 2007 nach Österreich geflüchtet war und inzwischen einen positiven Asylbescheid erhalten hat, ließ sich zweifelsfrei klären.

Der Bursch behauptete, am 1. Jänner 1995 zur Welt gekommen und damit zum Tatzeitpunkt erst 14 Jahre alt gewesen zu sein. Ein polizeilicher Amtsarzt hatte im Asylverfahren das wahre Alter des Somaliers, der seine Heimat ohne Dokumente verlassen hatte, jedoch auf 25 bis 30 Jahre alt geschätzt.

Rein äußerlich hinterließ der Bursch bei der Verhandlung zumindest den Eindruck, deutlich älter als 15 zu sein. Das Schwurgericht (Vorsitz: Norbert Gerstberger) ging schließlich davon aus, dass der Jugendliche zum Tatzeitpunkt zumindest 16 Jahre alt war. Damit war für den von den Geschworenen angenommenen Mordversuch ein Strafrahmen von einem bis zu 15 Jahren gegeben.

Der Somalier hatte am 11. Dezember 2009 vor einer Hauptschule in Wien-Simmering auf seine 16 Jahre alte Schwester eingestochen, als diese vom Unterricht mit einem Autobus heimfahren wollte. Er dürfte das Mädchen abgepasst haben und ihr wortlos gegenüber getreten sein, wobei er laut Augenzeugen sofort wuchtige Stichbewegungen gegen die Brust und den Kopf führte. Die Schülerin wurde am Ohr und im Zwerchfell getroffen und lebensgefährlich verletzt. Dank rascher ärztlicher Hilfe konnte sie gerettet werden.

“Glauben Sie mir, ich wollte sie nicht töten”, beteuerte der Angeklagte. Er behauptete, der Schwester, die ihm immer wieder unberechtigterweise unterstellt habe, Schweinefleisch zu essen und Alkohol zu trinken, was sich für einen gläubigen Muslim nicht gezieme, zufällig begegnet zu sein. Er habe das Messer, das er unmittelbar vorher am Boden gefunden habe, nur deshalb gegen sie gerichtet, weil sie ihn geohrfeigt habe: “Ich war zornig. Ich konnte mich nicht beherrschen.”

Das Opfer wollte im Zeugenstand keine Angaben machen: “Ich möchte nicht aussagen. Aber ich will, dass er bestraft wird.” Die 16-Jährige verlangte von ihrem Bruder darüber hinaus 3.400 Euro Schmerzengeld, was dieser auch anerkannte.

Im Vorverfahren hatte das Mädchen erklärt, es habe immer wieder Konflikte mit dem Bruder gegeben, mit dem sie gemeinsam mit acht weiteren Geschwistern so lange bei den Eltern lebte, bis dieser im Oktober 2009 in einem Krisenzentrum untergebracht wurde. Der Bruder soll sich ihr gegenüber als strenggläubiger Muslim geriert haben und Anstoß daran genommen haben, dass sie mit Burschen ihres Alters sprach und angeblich heimlich einen Freund hatte.

Diese Darstellung wies der Angeklagte zurück: “Es ist ihr gutes Recht, auszugehen und Freunde zu haben.” Familiären Streit habe es gegeben, aber primär mit der Mutter: “Ich wollte nicht kochen, ich musste meine Hausaufgaben machen.”

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Sowohl der Staatsanwalt als auch der Verteidiger meldeten Berufung gegen die Strafhöhe an.

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