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Abschied von einer modischen Ära

Annemarie und Karlheinz Prirsch schließen mit Ende Sommer das Modehaus Diem und freuen sich auf ihren wohlverdienten Ruhestand.
Annemarie und Karlheinz Prirsch schließen mit Ende Sommer das Modehaus Diem und freuen sich auf ihren wohlverdienten Ruhestand. ©cth, Prirsch
Das renommierte Traditionsgeschäft Modehaus Diem schließt Ende Sommer seine Pforten.
Abschied von einer modischen Ära

Dornbirn. „An der Sägen ist alles gelägen“, dieser Werbeslogan galt 100 Jahre lang für das Modehaus Diem in Dornbirn. Nun schließt das renommierte Traditionsgeschäft an der Marktstraße 66 seine Türen. Geschäftsführerin Annemarie Prirsch und Ehemann Karlheinz verabschieden sich in die wohlverdiente Pension – „mit einem lachenden, aber auch weinenden Auge“, wie die Dornbirnerin erklärt. „Wir freuen uns natürlich auf unseren neuen Lebensabschnitt, aber wir werden auch unsere vielen langjährigen und treuen Kunden vermissen“, fügt Karlheinz Prirsch mit etwas Wehmut hinzu.

Da es in der Familie keine Nachfolge gibt (Sohn Florian absolviert gerade seine pädagogische Ausbildung) und sich das Kaufverhalten in den letzten Jahren drastisch verändert hat, hat die Familie beschlossen, das Geschäft zu schließen. Ende August soll endgültig Schluss sein. Bereits seit einigen Wochen läuft der Abverkauf im Laden, und ab dem 1. Mai gelten neue, reduzierte Öffnungszeiten (Mo-Fr 9.00 bis 12.00 Uhr).

Damit geht in Dornbirn eine modische Ära zu Ende. „Sägenhafte“ 100 Jahre lang stand das Modehaus Diem für kompetente Beratung, speziellen Kundenservice und qualitativ hochwertige Mode für alle Größen – und war vor allem Anlaufpunkt für Wäsche, die nicht den Standardmaßen entsprach.

Textiler mit Leib und Seele

Zu Beginn lag der Schwerpunkt jedoch noch auf Leintüchern, Stoffen und Nähzubehör. 1924 erbaute der damalige Gemsle-Wirt Wilhelm Diem in seinem Garten ein Haus für seinen Sohn Franz Martin, einem Kaufmann und dem Gründer des Textilgeschäfts. Nach dem zweiten Weltkrieg übernahm dann Sohn Herbert, der ebenfalls eine Ausbildung als Textilkaufmann absolvierte, das Geschäft. Bruder Wilhelm machte sich als „Lindenwirt“ im gleichnamigen Gasthof einen Namen. „Herbert Diem war ein Textiler mit Leib und Seele“, wie sich Tochter Annemarie erinnert. Sein Geschäft lag ihm sehr am Herzen und er managte von der Schaufensterdekoration bis zur Buchhaltung alles perfekt. An große Familienurlaube kann sich die Tochter nicht wirklich erinnern, „wir hatten in 100 Jahren nicht einmal Betriebsurlaub und oft kamen noch am 24. Dezember kurz vor 17 Uhr noch Kunden mit speziellen Wünschen, die auch prompt erfüllt wurden“, blickt sie lachend zurück. Mit seiner Gattin Marianne (geb.) Pfeffer, die aus der gleichnamigen Wäschenäherei stammte, hatte er eine kongeniale und starke Partnerin gefunden.

Starke Frauen im Hause Diem

Stärke musste die junge Frau auch beweisen, als Gatte Herbert 1977 plötzlich verstarb und somit seine Witwe mit zwei minderjährigen Kindern und zwei Geschäften zurückließ. Bis 1986 brachte die agile Marianne Diem das alles allein unter einen Hut. „Es war unglaublich, was unsere Mama da geleistet hat. Wir hatten immer sehr treues und vor allem langjähriges Personal, das sie und uns stets unterstützt und das alles ermöglicht hat“, blickt die heutige Geschäftsführerin zurück.

1986 folgte dann der erfolgreiche Generationenwechsel, denn das Textilgen wurde auch an die beiden Kinder Annemarie und Hanno weitergegeben. Beide absolvierten die Textilschule und Annemarie war es dann, die in die Fußstapfen ihres Urgroßvaters trat und das Modehaus Diem in eine neue Epoche führte. Am 3. Oktober 1986 lud man zur großen Neueröffnung nach umfangreichem Umbau und Neugestaltung des Geschäftes. Auch das Sortiment wurde erweitert bzw. geändert und ab sofort war man auf Wäsche und Bademode spezialisiert. „Wir waren in Vorarlberg einer der ersten Anbieter für Triumph-Waren und sehr viele Babys haben ihre ersten Badetücher mit besticktem Namen aus dem Modehaus Diem“, erzählt Karlheinz-Prirsch stolz.

Ein Leben zwischen Schule und Geschäft

Er war für seine Frau auch eine wichtige Stütze, denn 1991 stieg diese auch noch in den Schulbereich ein und unterrichtete an der HTL Dornbirn. „Dank ihm und mit der tollen Unterstützung unseres Personals konnte ich das gut in Einklang bringen und es haben sowohl die Schule, als auch der Laden davon profitiert, denn es ergaben sich immer wieder spannende Projekte und die Erfahrungen aus der Wirtschaft, waren wiederum im Unterricht oft wertvoll“, so Prirsch.

Für Annemarie Prirsch heißt es deshalb ab Sommer sich von zwei wichtigen Lebensinhalten zu verabschieden: Schule & Modehaus Diem. Auch hier wird sie wieder auf „ihren Karlheinz“ an ihrer Seite zählen können. Er durfte schon ein bisschen Pension vorschnuppern, und kann bestätigen, dass sich das „auch richtig gut anfühlt!“

Das Geschäftslokal steht ab 1. September zur Miete zur Verfügung. Bis dato gibt es noch keinen Nachfolger. Mietinteressenten können sich gerne direkt im Geschäft melden. (cth)

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