Abschaffung der Kalten Progression in Verfassungsrang

"Ich kann mir das durchaus vorstellen", sagte Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) dazu im Ö1-Radio. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) überlegt indes weitere Entlastungen für Mieter. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner bezeichnete das Anti-Teuerungspaket der Regierung unterdessen als "nicht treffsicher".
Brunner will dauerhafte Abschaffung der Kalten Progression durch Verfassungsrang
Brunner sagte in einem bereits in der Früh in Auszügen gesendeten Interview des Ö1-"Mittagsjournals", man werde sehen, "wie die Mehrheitsverhältnisse sind" und ob die Oppositionsparteien - "die bisher auch die Abschaffung der kalten Progression immer gefordert haben" - auch dazu stehen dann, "wenn es um die Abgabe der Stimme geht". "Wir wollen das dauerhaft haben. Das ist unser Ziel."
Gefragt, warum er davon ausgeht, dass diese von Türkis-Grün geplante Maßnahme die Inflation nicht weiter anheizt - wenn die Menschen mehr Geld zum Ausgeben haben -, verwies Brunner auf Expertenmeinungen. Diese würden attestieren, dass das "der richtige Weg" sei. Es sei an der Zeit, in Zeit der hohen Inflationsraten die Abschaffung der Kalten Progression durchzuziehen - "dass wir den Menschen das Geld zurückgeben", so der Minister.
Opposition kritisiert Finanzminister Magnus Brunner
Kritik an Brunners Aussagen kam von der Opposition. "Das Anti-Teuerungs-Paket der Regierung ist Anfang der Woche präsentiert worden und Ende der Woche spricht der Finanzminister schon von Ausgabenkürzungen und Reformen", so SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer in einer Aussendung. "Wenn die ÖVP von Ausgabenkürzungen und Reformen spricht, heißt das für gewöhnlich schmerzliche Einsparungen auf dem Rücken der kleinen und mittleren Einkommensbezieher*innen." Sogar Selbstbehalte bei der Pflege und ein höheres gesetzliches Eintrittsalter bei den Pensionen habe Brunner nicht ausgeschlossen. Zuvor hatte SPÖ-Chefin Rendi-Wagner bereits am Freitagabend in der "ZiB2" das Anti-Teuerungspaket als "nicht treffsicher" und "nicht gerecht" bezeichnet.
FPÖ-Finanz- und Budgetsprecher Hubert Fuchs sagte am Samstag, die "hauptsächlich auf Einmalzahlungen beruhenden Maßnahmen der Regierung" würden nicht die Ursachen der Inflation bekämpfen. "Die Preise werden leider weiter explodieren", warnte der Abgeordnete in einer Aussendung. Die Regierung sei nicht bereit, "die inflationstreibende falsche Politik in den großen Krisen unserer Zeit - Corona und Ukraine - abzuändern". Auch seien die Einmalzahlungen nicht in der Lage, die Preise zu begrenzen, "wie es die von der FPÖ vorgeschlagenen Senkungen oder Streichungen bei Mehrwertsteuer oder Mineralölsteuer könnten."
Seitens der NEOS stieß Brunners Vorschlag, die Abschaffung der Kalten Progression in den Verfassungsrang zu heben, auf grundsätzliche Zustimmung. Damit würde den Menschen endlich etwas zurückgegeben werden, sagte NEOS-Wirtschafts- und Sozialsprecher Gerald Loacker in einer Aussendung. "Es muss aber sichergestellt werden, dass die Tarifstufen jährlich mit der vollen Inflation angepasst werden und nicht nur mit zwei Drittel davon", sagte Loacker.
Statt Einmalzahlungen für alle hätte die Kalte Progression vollständig und rückwirkend mit Anfang 2022 abgeschafft werden müssen, so die pinke Forderung. Leider habe die Regierung "auf den letzten Metern der Mut verlassen", sodass nur das Versprechen auf eine Zwei-Drittel-Abschaffung übrig bleibe, so Loacker, der "gönnerhafte Einmalzahlungen, Boni und Gutscheine an Reiche und Arme gleichermaßen" kritisierte.
Vizekanzler Kogler will Mieter weiter entlasten
Vizekanzler Kogler denkt angesichts der Teuerung an weitere Entlastungen für Mieter. Diese sollen aber nicht über einen Mietpreisdeckel, sondern über Wohnbeihilfen kommen. "Wir sind dazu in Gesprächen mit den Bundesländern", sagte der Grünen-Chef zum "Standard" (Samstag-Ausgabe).
Unmittelbar seien Eingriffe nur bei Richtwert- und Kategorie-Mieten möglich, so Kogler - diese würden aber "nur einen kleinen Teil des Marktes" betreffen. Es sei auch verfassungsrechtlich ein Problem, "wenn man da dauernd eingreift". "Es ist daher wohl eine Frage, die über Wohnbeihilfen, also Hilfen für jene, die es brauchen, gelöst werden muss", so Kogler. Zusätzlich zu den Wohnbeihilfen komme, "dass die Bundesländer umtriebig dabei sind, Leerstandsabgaben einzuheben auf unvermietete Wohnungen". Dies habe "einen gewissen Lenkungseffekt, und da würden wir als Regierung unterstützen wollen".
Kogler betonte, dass die Wohnbeihilfe Aufgabe der Länder ist. "Wenn aber Hilfen Ausmaße annehmen, die so groß sind, dass Länder glaubwürdig sagen, das können sie nicht stemmen, dann können wir von Bundesseite etwas zuschießen", lautet sein Vorschlag. "Dazu laufen Gespräche."
(APA/Red)