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Abiturprüfungen unter Polizeischutz

Wegen einer anonymen Selbstmorddrohung finden die Abiturprüfungen am Lothar-Meyer-Gymnasium in Varel bei Wilhelmshaven unter Polizeischutz statt.

In dem von der Polizei veröffentlichten Schreiben, das bereits am Donnerstag und damit vor dem Amoklauf von Erfurt per Post bei der Schule eingegangen war, heisst es: „Ich werde nicht alleine gehen, sondern viele unschuldige Schülerinnen und Schüler mit in den tragischen Tod nehmen.“ Hinweise auf den Autor des Briefs gibt es bislang nicht.

Vertreter der Bezirksregierung Weser-Ems, der Polizei und der Schule erklärten bei einer Pressekonferenz in Oldenburg, es handle sich um einen „atypischen Drohbrief“, der nicht als Abiturstreich eingeschätzt werde. Es sei aber eher unwahrscheinlich, dass der Unbekannte seine Drohung wahrmache, sagte der stellvertretende Polizeidirektor in Weser-Ems, Dieter Buskohl. Amokläufer kündigten ihre Tat gewöhnlich nicht in einer solchen Form an.

Vor dem Hintergrund des Blutbads in Erfurt wurden dennoch besondere Sicherungsmassnahmen ergriffen. Am Sonntagabend durchsuchte die Polizei das Gebäude – ohne Ergebnis. Die Prüfungen wurden auf ein Gebäude konzentriert. Den einzigen Zugang kontrollierten zwei Polizisten, die die Taschen durchsuchten und Leibesvisitationen vornahmen.

Der Unbekannte wandte sich in dem Schreiben persönlich an den stellvertretenden Schulleiter. Er schreibe den Brief, „weil Gott es mir befahl“. Die Bedingungen an der Schule seien unmöglich. Er gehe schon seit Jahren auf das Gymnasium, und von Tag zu Tag nehme seine Wut zu. „Ich kann diese Wut nicht länger kontrollieren“, schreibt er. „Alle werden dafür büssen, dass ich jahrelang diese qualvolle Last auf meinen Schultern tragen musste.“ Er berichte dem stellvertretenden Schulleiter aus Sympathie von seinem Plan, damit dieser Pädagoge sich retten könne.

Abiturienten „nach menschlichem Ermessen“ sicher

Angesichts seiner Wortwahl könnte es sich nach Erkenntnissen der Ermittler bei dem Briefeschreiber um einen Abiturienten handeln. Schulleiter Walter Zulauf sagte mit Blick auf den Erfurter Amokläufer Robert Steinhäuser, auch am Lothar-Meyer-Gymnasium gebe es Schüler, die die Schule vor Ablegen des Abiturs verlassen hätten oder die Prüfung wiederholen müssten: „Ich habe aber nicht den Eindruck, dass der Schreiber aus diesem Kreis stammen könnte. Dafür gibt es hier ein zu grosses Miteinander.“

Rund 50 Abiturienten wollten in der Schule am Montag und Dienstag die mündlichen Prüfungen ablegen. Die übrigen 620 Schüler bekamen frei. „Nach menschlichem Ermessen sind die Abiturienten sicher“, sagte der stellvertretende Direktor der Bezirksregierung Weser-Ems, Dieter Boll. Am Donnerstag solle nach Rücksprache mit den Eltern der reguläre Schulbetrieb wieder aufgenommen werden. Dann würden ebenfalls Polizisten zur Bewachung und als Ansprechpartner in der Schule postiert.

Die Eltern, die am Montag per Post von dem Drohbrief informiert worden waren, sollten am Abend in einer internen Schulsitzung persönlich unterrichtet werden. Dann solle das weitere Vorgehen beraten werden. Wenn Schüler vorerst nicht mehr zum Unterricht kommen wollten, werde dies akzeptiert, betonte Boll.

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