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Abbas ruft zu Friedensgesprächen auf

Der palästinensische Präsident Mahmoud Abbas (Abu Mazen) hat Israel zur Rückkehr an den Verhandlungstisch aufgerufen und einen Appell an Hamas und Geberstaaten gerichtet.

„Ich sage unseren Nachbarn, den Israelis, dass wir einen gerechten und dauerhaften Frieden mit euch wollen, und wir wollen eine bessere Zukunft für unsere Kinder und eure“, erklärte Abbas am Montag in einer Rede zum „Nakba“ (Katastrophe)-Gedenktag, der zu Ehren der palästinensischen Vertreibungsopfer von 1948 begangen wird. Abbas hält sich seit Sonntag zu Gesprächen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in dessen Residenz in Sotschi am Schwarzen Meer auf. Die Radio- und Fernsehrede war vorher aufgezeichnet worden. Das Argument, es gebe auf palästinensischer Seite keinen Verhandlungspartner, sei ein Vorwand, „der Partner ist da, und wir reichen euch unsere Hand zum Frieden“, betonte Abbas.

„Lasst uns dieses Jahr zu einem Jahr des Friedens machen“, sagte Abbas, der an die internationalen Geberländer appellierte, ihre Hilfe ungeachtet der Hamas-Regierungsübernahme fortzusetzen. Die Palästinenser dürften nicht für ihre demokratische Wahl bestraft werden. Die Hamas mahnte er, verantwortlich zu handeln und internationale Abkommen anzuerkennen. Zugleich rief Abbas palästinensische Extremisten im Gaza-Streifen auf, ihre Raketenangriffe gegen Israel einzustellen. Die Gewalt bestärke Israel darin, seine Militäreinsätze gegen die Palästinenser zu verschärfen und Pläne für eine einseitige Grenzfestlegung voranzutreiben. Am so genannten Nakba-Tag, dem „Tag der Katastrophe“, versammelten sich Menschen im Westjordanland und im Gazastreifen, um an Flucht und Vertreibung von rund 700.000 Palästinensern bei der israelischen Staatsgründung vor 58 Jahren zu erinnern.

Abbas hatte unmittelbar nach dem Amtsantritt der neuen israelischen Regierung in einem Schreiben an das Nahost-Quartett (USA, EU, UNO, Russland) erklärt, er wolle sofort Verhandlungen über die Umsetzung des internationalen Friedensfahrplans (Roadmap) führen. Die vom Quartett ausgearbeitete Roadmap hat einen souveränen und existenzfähigen palästinensischen Staat im Westjordanland und Gaza-Streifen zum Ziel. Zuletzt hatte Abbas bei einem Besuch in Oslo eine internationale Nahost-Konferenz vorgeschlagen, die zu direkten israelisch-palästinensischen Verhandlungen führen soll.

Israel hat am Montag weitere Militäreinsätze angekündigt, nachdem am Vortag bereits sieben gesuchte Palästinenser im besetzten Westjordanland getötet worden waren. Der israelische Armeesender berichtete, der Kampf in den palästinensischen Gebieten solle fortgesetzt werden, solange militante Organisationen Anschläge auf israelische Zivilisten verübten. Die israelische Armee hatte am Sonntag bei Angriffen im Raum Jenin sieben gesuchte Palästinenser getötet. Einer von ihnen war nach israelischen Angaben ein ranghohes Jihad-Mitglied und Drahtzieher mehrerer Anschläge. Der neue israelische Verteidigungsminister und Vizepremier Amir Peretz nannte den Einsatz einen „wichtigen Erfolg im Kampf gegen den Terror“. Am Sonntag war in einem Krankenhaus in Tel Aviv ein 16-Jähriger gestorben, der bei einem Selbstmordanschlag eines palästinensischen Extremisten im April in der Stadt schwere Verletzungen erlitten hatte. Damit stieg die Zahl der Opfer des Attentats auf elf. Es war von einem Mitglied des Islamischen Jihad verübt worden.

Abbas ruft Hamas-Extremisten zu Gewaltverzicht auf

Palästinenser-Präsident Mahmoud Abbas hat die Hamas-Regierung zu einem Gewaltverzicht und zur Anerkennung der Vereinbarungen mit Israel aufgerufen. Er machte diese Forderungen zu seiner zentralen Botschaft anlässlich der „Trauerfeiern“ zum Tag der israelischen Staatsgründung, der von den Palästinensern als Nakba – „die große Katastrophe“ – begangen wird. Die Hamas-Extremisten wiesen die Forderungen umgehend zurück.

Ohne die Hamas beim Namen zu nennen, sagte Abbas, die Palästinenser dürften sich nicht „mit feurigen Reden und Parolen zufrieden geben, die uns in die internationale Isolation führen“. Eine solche Haltung führe die Palästinenser zudem direkt in die von Israel aufgestellte Falle und erlaube es dem jüdischen Staat, Verhandlungen mit der Ausrede zurückzuweisen, es gebe keinen palästinensischen Gesprächspartner.

Abbas Rede wurde in Fernsehen und Rundfunk ausgestrahlt und teilweise auf den Plätzen der Städte und Gemeinden gezeigt, auf denen sich die Menschen zu Schweigeminuten versammelt hatten. Abbas ist derzeit in Russland und hatte die Rede zuvor aufnehmen lassen.

Die Hamas-Regierung reagierte darauf mit der Erklärung: „Alles Gerede über ein Ende des Widerstandes oder einen illegitimen Widerstand wird so lange zurückgewiesen, so lange die Besatzung anhält und die Welt weiterhin die palästinensischen Rechte ignoriert.“

Abbas warnte Israel davor, mit einseitigen Schritten vollendete Tatsachen zu schaffen, wie es die Regierung von Ministerpräsident Ehud Olmert für den Fall angekündigt hat, dass es zu keinen Verhandlungen kommt. Dies werde nur noch mehr Gewalt provozieren und die Spirale aus Angriffen und Gegenschlägen verstärken, sagte Abbas. „Wir rufen Israel dazu auf, unser Vermögen freizugeben und von einseitigen Schritten abzusehen, denn dies wird den Friedensprozess für immer beenden, die Gewalt in der Region schüren und den Extremismus verstärken.“

Putin empfängt Abbas

Der russische Präsident Wladimir Putin hat am Montag den palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas empfangen. „Russland war immer ein zuverlässiger und konsequenter Freund des palästinensischen Volkes“, sagte Putin bei dem Treffen in seiner Residenz im Urlaubsort Sotschi am Schwarzen Meer. Auch jetzt biete Moskau seine Hilfe an. Anders als die Europäische Union und die USA hat Russland bereits mit Mitgliedern der Hamas-Führung gesprochen und die Palästinenser trotz des Machtwechsels weiter finanziell unterstützt.

Abbas äußerte die Befürchtung, dass die Palästinenser durch die Hamas-Regierungsübernahme noch weiter isoliert werden könnten. Er rief Israel zu Gesprächen auf, wie die Moskauer Nachrichtenagentur Interfax meldete. In einer aufgezeichneten Rede zum Gedenken an die Palästinenser-Vertreibungen nach der israelischen Staatsgründung 1948 hatte Abbas Israel zu Friedensverhandlungen aufgerufen. Die Hamas mahnte er, internationale Nahost-Abkommen anzuerkennen.

Der palästinensische Premier Ismail Haniyeh hatte Russland für die dem palästinensischen Volk gewährte „politische und wirtschaftliche Unterstützung“ gedankt. Für die Palästinenser spiele Russland die wichtigste Rolle innerhalb des Nahost-Quartetts (mit USA, UNO und EU), hatte der Hamas-Premier in einem von der Moskauer Zeitung „Iswestija“ veröffentlichten Interview betont. Russland hatte im März eine ranghohe Hamas-Führungsdelegation unter Leitung von Politbürochef Khaled Mashaal eingeladen, um nach Darstellung der Moskauer Regierung das „ungleiche Kräfteverhältnis“ auszugleichen, das durch die US-Bevorzugung für Israel bestehe. Die russische Regierung hat die Hamas aufgefordert, die bisher geschlossenen Nahost-Vereinbarungen umzusetzen und den Oslo-Prozess zu akzeptieren, was eine Anerkennung Israels implizieren würde, die von der radikalen islamischen Organisation jedoch bisher abgelehnt wird.

Putin hatte zur Wiederaufnahme des Friedensprozesses auf der Grundlage des internationalen Friedensfahrplans (Roadmap) aufgerufen. Die Roadmap untersagt einseitige Maßnahmen, wie sie Israels Premier Ehud Olmert mit der geplanten unilateralen Grenzziehung in Aussicht gestellt hat, und sieht einen existenzfähigen palästinensischen Staat im Westjordanland und Gaza-Streifen vor.

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