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Abbas ordnet Referendum an

Der palästinensische Präsident Mahmoud Abbas hat die Abhaltung eines Referendums über eine Zwei-Staaten-Lösung und damit über die indirekte Anerkennung Israels angeordnet.

m eskalierenden Nahost-Konflikt dringt Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas (Abu Mazen) auf eine Entscheidung: Bereits am 26. Juli sollen die Palästinenser in einem Referendum über eine Zwei- Staaten-Lösung abstimmen. Das kündigte Abbas am Samstag in Ramallah nach einem wochenlangen Machtkampf zwischen seiner Fatah-Organisation und der regierenden Hamas an.

Die Zustimmung zu einem Palästinenserstaat nur im besetzten Westjordanland und im Gazastreifen wird als indirekte Anerkennung Israels verstanden. Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert bezeichnete die geplante Volksabstimmung aber bereits als „bedeutungslos“.

Das Volk soll dabei über ein 18-Punkte-Papier abstimmen, das in Israel inhaftierte prominente Palästinenser verfasst haben. Die regierende radikalislamische Hamas hat sich bereits gegen das Referendum ausgesprochen, Ministerpräsident Ismail Haniyeh hat die Bevölkerung zum Boykott aufgerufen. Die Hamas werde verhindern, dass die Volksabstimmung stattfindet, hieß es in einer Erklärung der Bewegung, die am Samstag in Gaza verbreitet wurde.

Die Volksabstimmung sei ein „Staatsstreich“ gegen die demokratisch gewählte Regierung, sagte Hamas-Sprecher Moushir al-Masri. Abbas’ Entscheidung gegen den Willen der Hamas-Regierung „markiert eine historische Spaltung des palästinensischen Volkes“, sagte Masri. Der Präsident trage die Verantwortung für „alle schweren Konsequenzen“ der Volksabstimmung.

Abbas, der der gemäßigteren Fatah angehört, hat das Referendum angesetzt, nachdem ein Ultimatum an die Hamas abgelaufen war. Er forderte die Hamas auf, einem Dokument zuzustimmen, das zur Bildung eines palästinensischen Staates an der Seite Israels aufruft. Damit würde zumindest indirekt das Existenzrecht Israels anerkannt. Die Hamas-Regierung lehnt dies ebenso ab wie einen Gewaltverzicht und hat damit die Autonomiebehörde international weitgehend isoliert.

Das Dokument, das Grundlage des Referendums wäre, wurde von mehreren in Israel inhaftierten Mitgliedern von Hamas und Fatah ausgehandelt. Der Entwurf für das fünfseitige Papier geht auf den populären Fatah-Funktionär Marwan Barghuti zurück. Es wird erwartet, dass es bei einer Abstimmung eine breite Mehrheit in der Bevölkerung finden würde. Ein Referendum wäre für die Hamas zwar nicht bindend, es würde aber den Druck erheblich erhöhen.

Einen Tag nach dem israelischen Angriff auf einen Strand im Gazastreifen mit mindestens sieben Toten verschärften sich die Spannungen zwischen Palästinensern und Israelis unterdessen dramatisch. Kämpfer der in den Palästinensergebieten regierenden Hamas-Organisation feuerten nach Aufkündigung der Waffenruhe erstmals wieder Raketen auf Israel ab. Der bewaffnete Arm der Hamas habe Ziele in Israel mit insgesamt zwölf Kassam-Raketen beschossen, hieß es in einem Flugblatt der Hamas. Die radikal-islamische Organisation hatte die einseitig erklärte und seit einem Jahr von ihr weitgehend eingehaltene Waffenruhe aufgekündigt, nachdem Israel am Vortag bei einem Angriff auf den Strand im Gazastreifen Zivilisten getötet hatte, darunter eine Familie.

Abbas sagte in Ramallah, die Palästinenser erlebten jeden Tag Gewalt und Tragödien. Angesichts der internationalen Blockade der Hamas-Regierung, die eine Anerkennung Israels bisher ablehnt, sagte er: „Wir haben eine sehr schwierige Situation erreicht. (…) Es ist nötig, sich an das Volk zu wenden. Niemand sollte das Referendum verhindern.“ Eine Einigung in Gesprächen sei aber weiter möglich.

Die Palästinenser sollen über ein politisches Grundsatzpaket entscheiden, das inhaftierte Palästinenserführer zur Beilegung des Machtkampfes vorgelegt haben. Dazu gehört der Vorschlag, einen eigenen Staat im Westjordanland und dem Gazastreifen – und damit in den Grenzen von 1967 – zu errichten. Das Papier sieht außerdem eine Reform der Befreiungsorganisation PLO als höchster Vertretung der Palästinenser vor. Inoffiziell war bisher der 31. Juli als Datum für die Volksabstimmung genannt worden.

Zu dem Referendum sagte Olmert der britischen Zeitung „Independent“ (Samstag), es sei ein „internes Spiel zwischen der einen und der anderen Fraktion“ der Palästinenser. Das zur Abstimmung gestellte Dokument sei keine Basis für Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern. Das Papier falle weit hinter die Prinzipien zurück, die von Israel und der internationalen Gemeinschaft für solche Unterredungen definiert worden seien. Olmert hofft auf ein Treffen mit Abbas Ende dieses Monats.

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