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Abbas droht mit Rücktritt

Nach zermürbender Kritik aus den eigenen Reihen an seiner Verhandlungsführung mit Israel platzte dem palästinensischen Premier schließlich der Kragen: Mahmud Abbas drohte am Dienstag in einem Brief an Palästinenser-Präsident Yasser Arafat ultimativ damit, das Handtuch zu werfen. Auslöser seines Schritts war eine hitzige Debatte im Fatah-Zentralkomitee am Vorabend. Unbestätigt blieben Berichten, dass er dabei sogar als „amerikanisch-zionistischer Agent“ beschimpft wurde. Am Mittwoch bemühten sich Fatah-Mitglieder dann eifrig, den 68-Jährigen zu besänftigen und zum Bleiben zu bewegen.

Hintergrund der internen Krise bei den Palästinensern ist vor allem tiefe Enttäuschung darüber, dass Israel ungeachtet der Waffenruhe-Erklärung der Extremistengruppen zunächst nur 350 palästinensische Häftlinge freilassen will. Die Familien der mehr als 6.000 Gefangenen verfolgen seit Ausrufung der Waffenruhe am 29. Juni täglich wie gebannt die Nachrichten und warten vergeblich darauf, dass ihre Angehörigen nach Hause kommen.

Die Palästinenser beklagen auch, dass das tägliche Leben der Bevölkerung im Westjordanland und Gaza-Streifen seit dem Friedensgipfel im jordanischen Akaba vor einem Monat keineswegs leichter geworden sei. Die Armee habe die Blockaden auch nach dem Truppenabzug aus Teilen des Gaza-Streifens und aus Bethlehem in der vergangenen Woche nur noch weiter verschärft.

Ein weiterer Grund für die Abbas-Drohung dürfte der andauernde Machtkampf mit dem in Ramallah isolierten Präsidenten Arafat sein. Nach Angaben palästinensischer Beobachter fühlt der alte PLO-Chef, dass ihm die Fäden der Macht aus der Hand gleiten, und weist seine Verbündeten immer wieder dazu an, massiven Druck auf Abbas auszuüben. Immer wieder stichle Arafat, sein gemäßigter Stellvertreter lasse sich von dem gerissenen Sharon über den Tisch ziehen.

In der palästinensischen Bevölkerung, die ihn zum Teil sogar als Handlanger Israels ansieht, hat Abbas nur wenig Rückhalt. Nach israelischen Medienberichten beleidigte ihn auch der US-Botschafter Dan Kurtzer während einer Ansprache zu Wochenbeginn als „schwachen Mann, der vor Problemen wegläuft“.

Die Rücktrittsdrohungen von Abbas ist palästinensischen Beobachter zu Folge aber auch als Hilferuf und Signal an die USA zu werten, noch mehr Engagement zu zeigen und Druck auf Israel auszuüben. Nach israelischen Medienberichten sind die USA zutiefst besorgt über die jüngsten Entwicklungen und fordern von Israel, umgehend mehr Kleinsiedlungen zu räumen und eine entschieden größere Zahl von Häftlingen freizulassen, vor allem Frauen und Jugendliche.

Israel will jedoch vor neuen Zugeständnissen erst einen entschiedenen Kampf der Autonomiebehörde gegen die Extremistengruppen sehen. Der Selbstmordanschlag einer Dschihad-Zelle am Montagabend war Wind in den Segeln derer Israelis, die den Palästinensern und ihrer Waffenruhe grundsätzlich nicht trauen.

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