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A Good American - Trailer und Kritik zum Film

Fast eineinhalb Jahrzehnte nach 9/11 und ein paar Jahre nach den Enthüllungen des Ex-US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden über massive Überwachungsprogramme unter anderem der NSA ist längst noch nicht alles zu diesen Themen gesagt.

Das zeigt auch die Doku “A Good American”, die die Frage aufwirft, ob man die Anschläge mithilfe eines Computerprogramms vielleicht hätte verhindern können.

A Good American – Die Geschichte

Wie der Titel nahelegt, steht im Mittelpunkt des Films eine Person: der “gute Amerikaner” William Binney, der selbst ausführlich zu Wort kommt, aber auch aus der Sicht anderer beschrieben wird. Erzählt wird vor allem aus seinem beruflichen Leben als langjähriger Geheimdienstmitarbeiter, hat er doch bereits als junger Mann in den 1960er-Jahren in diesem Metier begonnen – zunächst bei der US Army und wenige Jahre später dann bei der National Security Agency (NSA), wo er bis 2001 tätig war. Die Doku des Regisseurs Friedrich Moser, die am Donnerstag bei der Diagonale Österreichpremiere feiert und am 18. März in den Kinos startet, erlaubt dabei Einblicke in die Arbeitsweise, aber auch in die Gedankenwelt des früheren Analysten und Krypto-Mathematikers.

Doch das ist nur eine Ebene. Man könnte “A Good American” auch als Film über die Funk- und elektronische Aufklärung (SIGINT) beschreiben. Mit historischen Aufnahmen und Bildmaterial aus Fernsehnachrichten zum Vietnam-Krieg, dem sowjetischen Einmarsch in der CSSR und Anschlägen auf US-amerikanische Ziele bis 9/11 sowie Schilderungen und Kommentaren von Binney dazu wird eine Entwicklung vom Kalten Krieg bis in die Jetzt-Zeit nachvollzogen, die die Geheimdienste vor neue Herausforderungen gestellt hat. Wie umgehen mit dem Internet, das auch Terroristen vielfältige Kommunikationsmöglichkeiten eröffnet? Und wie mit der Fülle potenziell verfügbarer Daten?

A Good American – Die Kritik

Binney war, wie im Film geschildert wird, Teil einer kleinen Gruppe in der NSA, die sich Ende der 1990er-Jahre mit der Entwicklung des Datensammlungs- und Analyseprogramms ThinThread befasste. Dieses sollte nach seinen Beschreibungen mit großen Datenmengen umgehen können, aber in einer Weise, die die Analysten nicht in Material untergehen lassen würde, indem schon zuvor nach sinnvollen Kriterien in automatisierten Prozessen eine Auswahl getroffen wurde. Zudem sollte sichergestellt werden, dass die Privatsphäre Unschuldiger geschützt wurde.

All das gelang laut Aussagen aus dem Film, und ThinThread wäre demnach Anfang der 2000er-Jahre einsatzbereit gewesen. Doch die NSA-Führung entschied sich kurz vor 9/11 für das deutlich teurere Programm Trailblazer – aus Geldgier, wird in der Doku argumentiert. Ein Testlauf nach den Anschlägen habe dann ergeben, dass ThinThread wichtige Informationen zu den Attentatsplänen gefunden hätte, die sich bereits in den Datenbanken der NSA befanden. Möglicherweise hätte sich damit 9/11 verhindern lassen können, so die aufgestellte These.

Sein Werk sei keine investigative Geschichte, sondern “ein Film über Moral und Ethik”, sagte Regisseur Moser gegenüber der APA. Er glaube auch nicht an Verschwörungen. Manchmal hätten kleine Entscheidungen massive Auswirkungen, die nicht beabsichtigt gewesen seien. “Wir erwarten, dass diese Agencies in gewisser Weise wie Superhelden sind und die schwierigsten Dinge lösen. So funktioniert das einfach nicht. Das sind Organisationen, die aus Menschen bestehen” – mit all ihren Unzulänglichkeiten. Geheimdienste seien notwendig, aber sie müssten ihre Arbeit in einer Art tun, die mit Demokratie und Rechtstaatlichkeit vereinbar sei, unterstrich Moser, der bei seiner Arbeit an dem Projekt nach eigenen Angaben in den USA in keiner Weise behindert wurde.

Es ist eine nicht zu unterschätzende Leistung dieses Films, der sich in wesentlichen Teilen mit einem Computerprogramm und seiner Funktionsweise befasst, technische Prozesse anschaulich und visuell ansprechend darzustellen. Trotz der an Fachjargon nicht gerade armen Geheimdienstmaterie kommt er ohne allzu viele Fachbegriffe aus. Was für das Verständnis nötig ist, wird klargemacht – etwa, warum Metadaten für Geheimdienste von so großem Interesse sind. Und welche Gefahren ein unbegrenzter Zugriff darauf mit sich bringen kann.

Ein Manko bleibt, dass die damalige NSA-Führung – gewissermaßen die Gegenseite – nicht selbst zu den Vorwürfen zu Wort kommt, die im Film erhoben werden. Im Abspann heißt es zwar, dass Ex-Direktor Michael Hayden und andere für Interviews kontaktiert worden seien und niemand geantwortet habe. Dennoch hätte man als Zuschauer gerne im Film selbst mehr dazu gesehen. Auch zusätzliche Quellen außerhalb des Kreises um den Hauptprotagonisten Binney – so schwierig das in diesem Bereich auch ist – hätten die Aussagekraft der Doku noch stärker gemacht. Alles in allem ist “A Good American” aber ein wirklich sehenswerter, aufschlussreicher Film – ob man die Schlussfolgerungen zu 9/11 nun teilen möchte oder nicht.

(APA)

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