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"Nur Ja heißt Ja": Sporrer verteidigt Sexualstrafrechts-Pläne

Die Justizministerin verteidigt das Konsensprinzip.
Die Justizministerin verteidigt das Konsensprinzip. ©APA/GEORG HOCHMUTH
Justizministerin Anna Sporrer will das Sexualstrafrecht reformieren – aber ohne Bezug auf aktuelle Fälle. Im Gespräch mit der APA betonte sie ihre Ablehnung von Anlassgesetzgebung und kündigte Maßnahmen für mehr Opferschutz an.

Seit neun Monaten ist Anna Sporrer (SPÖ) als Justizministerin im Amt. Mit der Einigung auf eine Bundesstaatsanwaltschaft und der Messenger-Überwachung wurden seither zwei große Brocken angegangen. Zuletzt war die Diskussion um die Verschärfung des Sexualstrafrechts vorherrschend. Ihre Forderung nach "Nur Ja heißt Ja" habe aber nichts mit dem Freispruch im sogenannten "Fall Anna" zu tun, betonte Sporrer im Gespräch mit der APA. "Von Anlassgesetzgebung halte ich gar nichts."

Konsensprinzip soll Sexualstrafrecht stärken

In den ersten neun Monaten ihrer Amtszeit als Justizministerin wurden mit der Einigung auf eine Bundesstaatsanwaltschaft und der Messenger-Überwachung zwei große Brocken angegangen. Zuletzt war die Diskussion um eine Verschärfung des Sexualstrafrechts vorherrschend. Ihre Forderung nach "Nur Ja heißt Ja" habe aber nichts mit dem Freispruch im sogenannten "Fall Anna" zu tun, betonte Anna Sporrer (SPÖ) im Gespräch mit der APA. "Von Anlassgesetzgebung halte ich gar nichts."

Nachdem zehn Jugendliche Ende September in einem Prozess um geschlechtliche Handlungen mit einer damals Zwölfjährigen freigesprochen wurden, führte dies zu einer breiten Diskussion und auch Drohungen gegen den Richter. Sporrer kündigte wenig später eine "Weiterentwicklung des Sexualstrafrechts" an, mit dem Konsensprinzip als Kernpunkt. Dass ihr Vorstoß mit den Freisprüchen zusammenfiel, sei aber nur Zufall gewesen, so die Ministerin. Ein Interview zu dem Thema sei bereits Wochen im Vorhinein ausgemacht gewesen, mit Frauenministerin Eva-Maria Holzleitner (SPÖ) habe sich Sporrer bereits im Frühjahr darauf verständigt, das Konsensprinzip forcieren zu wollen.

Sporrer lehnt Anlassgesetzgebung ab

Von Anlassgesetzgebung halte sie nichts, "weil Gesetze sollen unter Einbindung der Fachexpertise entstehen", betonte Sporrer. "Und was noch dazu kommt: Im Fall Anna hätte diese Änderung wahrscheinlich überhaupt keine Auswirkung auf das Urteil gehabt." Bei der Urteilsverkündung bemerkte der vorsitzende Richter, dass die Angaben des Mädchens zu den sexuellen Kontakten mit den Angeklagten vor der Polizei und später im Rahmen einer kontradiktorischen Befragung "mit so vielen Widersprüchen" behaftet gewesen seien, "dass es nicht möglich war, zu einem Schuldspruch zu kommen".

Für Aufsehen sorgte unlängst auch der Fall eines 39-Jährigen, der festgenommen worden war, nachdem seine sechsjährige Stieftochter bei einer Polizeikontrolle ein SOS-Notsignal mit der Hand gezeigt hatte. Wenige Tage später wurde er am Wiener Straflandesgericht freigesprochen, da sich sowohl Lebensgefährtin als auch Tochter der Aussage entschlugen. "Das Entschlagungsrecht von Angehörigen ist ein langjähriger Bestandteil des Strafrechts. Es ist für die Opfer wichtig, dass sie davon Gebrauch machen können." Opfer bekommen in Strafprozessen juristische und psychosoziale Prozessbegleitung, betonte Sporrer.

In Fällen, in denen es keine Verletzungsspuren gibt, liegt eine besonders hohe Last auf dem Opfer, da seine Aussage noch gewichtiger ist. "Das ist oft das einzige Beweismittel, das dann zur Verurteilung des Täters führt." Besonders wichtig seien daher die Gewaltambulanzen, wo objektivierte Verletzungsspuren aufgenommen werden und ein Befund erstellt wird, der später vor Gericht verwendet werden kann, selbst wenn sich das Opfer aus Angst entschlägt oder der Täter später behauptet, "sie ist über die Stiege gefallen oder hat immer schon leicht blaue Flecken gekriegt".

GPS-Tracking für Gewalttäter geplant

Um Frauen und Kinder vor gewalttätigen Männern zu schützen, will Sporrer das flächendeckende digitale Tracking von Gefährdern. Derzeit werden verschiedene Modelle geprüft. So gilt in Spanien etwa, dass Gefährder bei einer einstweiligen Verfügung ein fixes Überwachungsgerät tragen müssen. Auch das Opfer bekommt ein GPS-fähiges Gerät. Bei der Polizei schlägt es dann Alarm, wenn sich der Mann auf mehr als 100 Meter annähert. "Das ist das spanische Modell. Wir prüfen derzeit, welches Modell in Österreich praktikabel wäre." Eine ähnliche Form der Gefährder-Überwachung werde auch in Deutschland kommen, so die Ministerin.

In Spanien sind für das digitale Tracking die Strafgerichte zuständig, in Österreich sollen das die Zivilgerichte sein. "Weil die es ja sind, die die einstweiligen Verfügungen aussprechen." Damit dieses Tracking Realität werde, brauche es die Zusammenarbeit mit dem Innenministerium, der Polizei und den Gerichten, so die Ministerin. Da gäbe es noch viele Details zu klären.

Generalstaatsanwaltschaft in Arbeit

Nach der Einigung der Dreierkoalition auf die Bundesstaatsanwaltschaft als oberste Weisungsspitze in Strafverfahren im Sommer, befindet man sich derzeit noch "im technischen Abgleich verschiedener Gesetzesmaterien", Anfang des Jahres sollen die politischen Verhandlungen weitergehen. Noch Gegenstand der Verhandlungen ist die Auswahlkommission.

Verboten werden sollen laut Regierungsprogramm auch sogenannte Konversionstherapien, die darauf abzielen, queere Menschen quasi "umzupolen". Das habe man im Frühjahr diskutiert, aktuell gebe es aber keine laufenden Verhandlungen. "Aber wir haben das sehr genau im Auge, weil das ja auch grundrechtliche, menschenrechtliche Eingriffe sind."

(APA/Red)

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