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Aufnahmestopp im Überbelag: Wiener Krisenzentren stoßen an ihre Grenzen

Die Wiener Krisenzentren stoppen vorübergehend Überbelag-Aufnahmen.
Die Wiener Krisenzentren stoppen vorübergehend Überbelag-Aufnahmen. ©APA/HANS KLAUS TECHT
Die Wiener Kinderkrisenzentren dürfen vorübergehend keine weiteren Kinder im Überbelag aufnehmen. Bei Vollauslastung werden betroffene Kinder in Wohngemeinschaften untergebracht. Die MA 11 spricht von einer vorausschauenden Maßnahme – doch Kritik kommt unter anderem von der Wiener ÖVP und Volksanwalt Bernhard Achitz.

Die Situation in den Wiener Kinderkrisenzentren scheint sich weiter zuzuspitzen. Wie aus einem Dienstauftrag der zuständigen Kinder- und Jugendhilfe (MA 11) hervorgeht, dürfen die Einrichtungen nicht mehr in den Überbelag gehen. Im Fall von Vollauslastung werden Neuaufnahmen zur Gefährdungsabklärung bis Ende Jänner in WGs untergebracht. "Wir tun das, damit die Krisenzentren nicht noch mehr aus allen Nähten platzen", sagte Sprecherin Ingrid Pöschmann der APA.

Notlösungen bei fehlenden Krisenplätzen

Von einem Notbetrieb könne dennoch keine Rede sein. "Die Krisenzentren sind hochbelastet. Darum gibt es jetzt diese klare Begrenzung", sagte Pöschmann. "Der Dienstauftrag wurde im Sinne der strategischen und vorausschauenden Planung erteilt."

Konkret dürfen die zwei Krisenzentren pro Betreuungsregion insgesamt nicht mehr als 24 Kinder aufnehmen, wobei jede der wienweit sechs Regionen innerhalb der Kinder- und Jugendhilfe ihre Kinder selbst versorgen müsse. Freie WG-Plätze seien überregional nach Dringlichkeit zu besetzen, in absoluten Notsituationen könne auch ein Kind mehr in den auf acht Plätzen ausgelegten WGs aufgenommen werden, wie es in der der APA vorliegenden Anweisung heißt.

Pöschmann betonte hierzu: "Selbstverständlich bekommt jedes Kind, das im Rahmen der Gefährdungsabklärung einen Platz benötigt, auch einen solchen." Es werde lediglich versucht, "während der Spitze der Anspannung genauer zu schauen", welche Kinder und Jugendlichen tatsächlich stationär untergebracht werden müssten. Gebe es in den Krisenzentren keinen Platz, erfolge die Neuaufnahme innerhalb einer WG. Sei eine stationäre Aufnahme nicht notwendig, erfolge eine ambulante Gefährdungsabklärung, hieß es seitens der MA 11.

Ein Krisenzentrum derzeit geschlossen

Ein vorübergehender Ausfall eines der beiden Krisenzentren in der Region Mitte-Ost belastet die Situation in der Kinder- und Jugendwohlfahrt derzeit zusätzlich. Aufgrund einer Welle an Krankenständen sei eine Einrichtung derzeit geschlossen. "Es ist geplant, dass das Krisenzentrum zeitnah wieder in Betrieb gehen wird", so die Sprecherin der MA 11.

Die Krisenzentren der MA 11 kämpfen seit Jahren mit steigenden Gefährdungsmeldungen, Personalmangel, Überbelag, baulichen Mängeln sowie zu wenig Folgeplätzen. Laut MA 11 wurden in den vergangenen fünf Jahren 200 zusätzliche sozialpädagogische Wohnplätze geschaffen, weitere 100 Plätze befinden sich in Umsetzung.

14-Jähriger während Wartezeit auf Krisenplatz in Notschlafstelle

Zuletzt dürfte sich die Lage derart verschärft haben, dass vereinzelt bereits 14-Jährige während des Wartens auf einen Platz in einer Krisenstelle in der Caritas-Jugendnotschlafstelle a_way unterkommen mussten. "Es gibt derzeit so einen Fall bei uns", bestätigte ein Sprecher der Wiener Caritas. Man hoffe, dass der Jugendliche kommende Woche weitervermittelt werden könne, hieß es von der Caritas.

Volksanwalt Bernhard Achitz forderte gegenüber der APA den Ausbau von adäquaten Einrichtungen ein. "Wenn man merkt, dass die Gefährdungsmeldungen in die Höhe gehen, dann muss man auch mehr Krisenzentren und spezialisierte Stellen schaffen." Zwar gebe es seitens der Stadt Wien "Bewusstsein dafür", wie Achitz sagte, "die Konzepte, die man uns präsentiert, um die akuten Probleme zu lösen, sind aber mittel- bis langfristig". Auch die Kinder- und Jugendanwaltschaft hatte zuletzt in ihrem Ende Oktober erschienenen Jahresbericht ähnliche Kritik geäußert.

Kritik von der Wiener ÖVP

Die aktuelle Berichterstattung über die Situation in den Wiener Krisenzentren zeige ein besonders beunruhigendes Bild, so die Wiener Volkspartei. "Kinder werden aus ihren Familien genommen, weil sie dort gefährdet sind - und genau diese Kinder brauchen dann Stabilität, Schutz und einen sicheren Ort", betonte Familiensprecherin Gemeinderätin Sabine Keri. Dass diese Kinder nun nicht mehr in Krisenzentren aufgenommen werden können, sondern zwischen Einrichtungen hin- und hergeschoben und vorübergehend in Wohngemeinschaften untergebracht werden, sei besonders gravierend und man habe davor gewarnt. Besonders irritierend sei, dass erst am Donnerstag im Bildungsausschuss zusätzliches Budget für die MA 11 beschlossen wurde, ohne auch nur ein Wort über die dramatisch verschärfte Lage zu verlieren. "Während man in Ausschüssen von Budgetaufstockungen spricht, werden in der Realität Aufnahmen gedrosselt und Notlösungen vorbereitet", kritisierte Keri.

(APA/Red)

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