Weiße Steine auf rotem Planeten: Was ein Fund über die Vergangenheit des Mars verrät
Was der Nasa-Rover "Perseverance" im Jezero-Krater entdeckt hat, sorgt in der Fachwelt für Aufsehen: weiße Gesteinsbrocken, die sich deutlich vom roten Marsboden abheben. Was zunächst wie ein optischer Zufall wirken könnte, entpuppt sich bei genauerer Analyse als wissenschaftliche Sensation. Die Brocken bestehen aus Kaolinit – einem Tonmineral, das auf der Erde vor allem dort entsteht, wo es lange und intensiv regnet: in tropischen Regenwäldern.
Die Ergebnisse der Untersuchung wurden am 1. Dezember 2025 in der Fachzeitschrift Communications Earth & Environment veröffentlicht. Für den Erstautor der Studie, Adrian Broz von der Purdue University, ist die Sache klar: "Wenn man Kaolinit an einem Ort wie dem Mars sieht, wo es karg und kalt ist und mit Sicherheit kein flüssiges Wasser an der Oberfläche gibt, dann sagt uns das, dass es einst viel mehr Wasser gab als heute", erklärte er.
Ein Fund mit gewaltiger Aussagekraft
Kaolinit entsteht nicht einfach so – das weiß die Geologie genau. Um dieses Mineral zu formen, braucht es Wasser. Viel Wasser. Über einen sehr langen Zeitraum hinweg. "Man braucht so viel Wasser, dass wir denken, die Steine könnten Beweise für ein altes, wärmeres und feuchteres Klima sein, in dem es Millionen von Jahren lang regnete", erläutert Briony Horgan, Planetenwissenschafterin und Teil des "Perseverance"-Teams.
Die entdeckten Fragmente variieren in der Größe – von kleinen Kieselsteinen bis zu faustgroßen Felsbrocken. Untersucht wurden sie mithilfe der SuperCam und der Mastcam-Z des Rovers. Adrian Broz verglich die Proben mit ähnlichem Gestein aus Kalifornien und Südafrika. Die geochemische Übereinstimmung war frappierend.
Woher stammen die weißen Steine?
So eindeutig der Hinweis auf Wasser ist – so rätselhaft bleibt die Herkunft der Steine. Im näheren Umkreis des Fundorts gibt es kein bekanntes Vorkommen von Kaolinit. "Sie zeichnen eindeutig ein unglaubliches Wasser-Ereignis auf, aber woher kamen sie?", fragt sich auch Briony Horgan. Zwei Theorien stehen im Raum: Entweder wurden die Brocken durch einen längst verschwundenen Fluss in den ehemaligen Jezero-See gespült – ein Gewässer, das einst etwa doppelt so groß wie der Lake Tahoe war. Oder ein Meteoriteneinschlag hat sie an ihren heutigen Ort geschleudert.
Was bedeutet der Fund für die Suche nach Leben?
Für Forscher wie Broz ist die Entdeckung mehr als ein geologischer Hinweis. Sie ist ein potenzieller Mosaikstein im Puzzle der Marsbewohnbarkeit. "Alles Leben nutzt Wasser", sagt er. "Wenn wir also an die Möglichkeit denken, dass diese Gesteine eine durch Regen angetriebene Umgebung repräsentieren, dann ist das ein wirklich unglaublicher, bewohnbarer Ort, an dem Leben hätte gedeihen können, falls es jemals auf dem Mars existiert hat."
Satellitenbilder hatten bereits größere Kaolinit-Vorkommen auf dem Mars identifiziert – doch noch ist kein Rover dort angekommen. Bis dahin bleiben die weißen Steine im Jezero-Krater das bislang greifbarste Indiz für eine Zeit, in der der Mars vielleicht gar nicht so rot, kalt und tot war, wie wir ihn heute kennen.
(VOL.AT)