Neue Chefin der Bundestheater-Holding heißt Sonja Hammerschmid
Die neue Geschäftsführerin der Bundestheater-Holding ist ehemalige Ministerin und Rektorin, verfügt aber über keine Leitungserfahrung in der Theater- und Musiktheaterszene: Die ehemalige SPÖ-Bildungsministerin Sonja Hammerschmid ist am Mittwoch von Kulturminister Andreas Babler (SPÖ) als Nachfolgerin des seit 2016 amtierenden Geschäftsführers Christian Kircher vorgestellt worden. Sie wird die Holding ab 1. April 2026 für fünf Jahre leiten.
Es sei eine "Entscheidung für Expertise und Kompetenz" und "ein klares Zeichen für Kunst und Kultur, für Professionalität und für Gleichstellung", sagte Babler bei der Präsentation. "Sie weiß, was künstlerische Freiheit braucht und was wirtschaftliche Stabilität verlangt." Mit der ersten Frau an der Spitze der Bundestheater solle auch "eine Zeitenwende spürbar werden". Hammerschmid habe sich oftmals in männerdominierten Branchen durchgesetzt und habe "bewiesen, dass sie komplexe, große Organisationen führen kann": "Wir wollen keine gläsernen Decken, sondern die besten Köpfe. Liebe Sonja, du bist die richtige Person am richtigen Ort!"
Hammerschmid als neue Chefin der Bundestheater‑Holding bestellt
Die Oberösterreicherin Sonja Hammerschmid (57) ist studierte Molekularbiologin, kam über Forschung und Forschungsmanagement 2010 an die Spitze der Veterinärmedizinischen Universität Wien und wurde als erste Frau auch Chefin der Universitätenkonferenz (uniko). 2016 wechselte sie vom Rektorat der Vetmed als Bildungsministerin in die von SP-Kanzler Christian Kern geführte Bundesregierung, wo sie bis Mitte Dezember 2017 blieb und danach Nationalratsabgeordnete und SP-Bildungssprecherin war. 2021 schied Hammerschmid aus der Politik aus, wurde Director Research and Development der Gropyus AG und zog in den Aufsichtsrat des österreichischen Mautsystemanbieters Kapsch TrafficCom ein. Im Kulturbereich hatte bzw. hat sie Funktionen u.a. im Aufsichtsrat der Kunsthalle Wien, im Vorstand des Leopold Museums und im Kuratorium des Naturhistorischen Museums inne. Für die Rektorate der Universität Salzburg und der Kunstuniversität Linz hatte sie sich vergeblich beworben.
"Erfahrungen mit der nationalen und internationalen Theater- und Musiktheaterszene" gefragt
Bei der Ausschreibung der Geschäftsführung der Bundestheater-Holding wurde "eine ziel- und lösungsorientierte Persönlichkeit mit mehrjähriger Managementerfahrung in der Führung und Steuerung einer Organisation vergleichbarer Komplexität, vorzugsweise im Kultur-, Theater- bzw. Medienbereich", gesucht. Erwartet wurden u.a. ein abgeschlossenes Universitätsstudium oder eine vergleichbare Berufserfahrung, Erfahrungen mit der nationalen und internationalen Theater- und Musiktheaterszene sowie mit "Controlling und damit verbundenen Steuerungsprozessen sowie mit Unternehmensentwicklungs- und Changemanagement-Prozessen".
39 Bewerbungen waren eingegangen, davon 15 von Frauen und 14 aus dem Ausland. Neun Bewerbungen kamen auf eine Longlist, vier auf eine Shortlist. Die Empfehlung der Findungskommission, der die Vorsitzende des Aufsichtsrates der Bundestheater-Holding, Edeltraud Stiftinger, Silvia Angelo, Vorständin der ÖBB-Infrastruktur AG, der ehemalige Kulturminister Rudolf Scholten und Thomas Königstorfer, kaufmännischer Direktor des Landestheaters Linz, angehörten, sei einstimmig erfolgt, sagte Sektionschefin Theresia Niedermüller, die der Kommission ebenfalls angehörte.
"Ich freue mich sehr auf die Aufgabe, aber ich habe Respekt - vor der Kunst, den Institutionen und den Menschen, die sie ausmachen. Es geht um die Flaggschiffe der Kulturnation mit unglaublicher Strahlkraft", sagte Hammerschmid, räumte jedoch auf APA-Nachfrage ein: "Mein Background ist stark im musealen Bereich. Aber es ist ja eine Managementfunktion, ich bin nicht künstlerischer Direktor. Es geht um Management, und ich glaube, ich habe ausreichend bewiesen, dass ich das kann." Dabei werde sie vor allem ihre Managementerfahrung als Rektorin und uniko-Präsidentin einbringen, denn zwischen Universitäten und den Bundestheatern gebe es "durchaus Parallelen": Beides seien "zutiefst autonome Institutionen", die in der von ihnen gelebten Freiheit ein ähnliches Selbstverständnis bewiesen und mehrjährige Leistungsvereinbarungen mit dem Fördergeber aushandelten. Zudem sei sie "lange genug Ministerin gewesen, um die ministeriellen und politischen Prozesse zu kennen".
"Auch die Bundestheater können wir nicht vom Spardruck ausnehmen"
Die Bundestheater-Holding ist die Muttergesellschaft von Burgtheater, Staatsoper, Volksoper und der Art for Art Theaterservice GmbH. Konzernweit sind rund 2.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, die jährlichen Kartenerlöse betragen über 60 Mio. Euro. Christian Kircher (61), dessen Vertrag Ende März 2026 ausläuft und der auf eine neuerliche Bewerbung verzichtet hatte, hatte jüngst die steigenden Personalkosten als größte Herausforderung der Bundestheater genannt. Er sehe nach zwei Amtsperioden die Zeit für einen Generationenwechsel gekommen und hoffe künftig auf eine gesetzlich fixierte Indexierung der Basisabgeltung der Häuser, um die steigenden Personalkosten zu decken. Die Basisabgeltung beträgt heuer 203,8 Mio. Euro. Diese Summe habe man für 2026 "halten können", sagte Babler heute, räumte aber ein: "Auch die Bundestheater können wir nicht vom Spardruck ausnehmen." Dies sei "eine finanzielle Realität, die ich nicht beschönigen darf und möchte".
Explizit bedankte sich der Kulturminister bei Kircher, der aus eigenem Antrieb ausscheide. Er habe eine solide Basis gelegt, auf der Hammerschmid gut aufbauen könne, und "mehr Engagement als notwendig gewesen wäre in der Funktionsbeschreibung: Er war immer da!" In seiner Zeit davor, nämlich als Finanzdirektor des Wien Museums, war Kircher auch bei der damaligen Ministerin Hammerschmid. "Es ging damals um Schulprojekte, und da war sie sehr am Punkt", erinnerte sich Kircher heute im Gespräch mit der APA an seine ersten Begegnungen mit der "super Führungskraft", die nun seine Nachfolgerin wird. Die von ihr bewiesene Führungskompetenz schätzt Kircher als wichtiger ein als fachliche Erfahrung in der wirtschaftlichen Führung von Bühnen. Dass der finanzielle Spielraum der Bundestheater immer enger werde, sei aber nicht wegzudiskutieren, betonte er.
Seine persönliche berufliche Zukunft sei noch ungewiss, betonte der Bundestheater-Holding-Chef, der im Februar 2026 seinen letzten Geschäftsbericht vorstellen wird. Seine künftige Funktion als Vorstand des Carinthischen Sommers sei eine rein ehrenamtliche und unentgeltliche Vereinsfunktion und inkludiere keinerlei operative Tätigkeit, so Kircher.
FPÖ: "Schlag ins Gesicht für die österreichische Kultur"
Harte Kritik an der Bestellung kam von FPÖ-Kultursprecher Wendelin Mölzer, der in einer Aussendung gegen "roten Postenschacher in Reinkultur" wetterte: "Anstatt auf Fachkompetenz und Kontinuität zu setzen, regiert bei der SPÖ wieder einmal das Parteibuch. Das ist ein Schlag ins Gesicht für die österreichische Kultur und ein Armutszeugnis für den amtierenden SPÖ-Kulturminister Babler." Der Kultursprecher der Grünen, Ex-Kulturminister Werner Kogler, lobte Hammerschmid hingegen in einer Reaktion als "eine hochkompetente Person mit viel Führungserfahrung und tiefem Verständnis für öffentliche Institutionen".
(APA/Red)