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Prozess in Salzburg nach tödlichem Aorten-Einriss

Das Justizgebäude Salzburg.
Das Justizgebäude Salzburg. ©APA/Barbara Gindl (Symbolbild)
Nach einem tödlichen Aorten-Einriss war Salzburg am Donnerstag Ort eines Prozesses. Das dieser noch am selben Tag endet, war zunächst nicht wahrscheinlich.

Der Tod eines 79-jährigen Patienten nach einem Aorten-Einriss im März 2025 hat am Donnerstag am Landesgericht Salzburg ein Nachspiel gehabt. Die Hinterbliebenen des Mannes fordern in einem Zivilprozess von den Salzburger Landeskliniken (SALK) 120.000 Euro Trauerschmerzensgeld und Entschädigung. Ihr Anwalt ist überzeugt, dass der Salzburger hätte gerettet werden können, wäre nach seiner Einlieferung ins Spital ein zweites Herz-OP-Team im Krankenhaus verfügbar gewesen.

Der Mann war damals mit der Rettung in die Notaufnahme gebracht worden. Bei einem CT bestätigte sich rasch der Verdacht einer Aorten-Dissektion - einem lebensbedrohlichen Riss der innersten Schicht der Hauptschlagader. Eine Diagnose, die eine sofortige Operation erfordert. Doch der OP-Saal der Herzchirurgie der Landeskliniken war zu diesem Zeitpunkt wegen eines anderen Notfalls belegt. Es hätte zwar einen weiteren OP-Saal gegeben, es stand aber kein zweites herzchirurgisches OP-Team zur Verfügung.

"Überall wurde uns gesagt, dass sie keine Kapazitäten haben"

Fünf Ärztinnen und Ärzte der Notaufnahme begannen darauf, mit gut einem Dutzend Kliniken in Österreich, Bayern und Norditalien zu telefonieren. "Überall wurde uns gesagt, dass sie keine Kapazitäten haben", berichtete eine der Ärztinnen vor Gericht. Schließlich habe man eine Zusage vom Klinikum Klagenfurt bekommen. Eine Verlegung des Patienten mit dem Hubschrauber über die Alpen sei jedoch dann wetterbedingt nicht möglich gewesen.

Nach einer ersten Absage sagte dann das Kepler-Uniklinikum in Linz zu, den Mann zu übernehmen. Wegen eines anderen Einsatzes war der Rettungshubschrauber aber nicht sofort verfügbar. Noch in Salzburg erlitt der 79-Jährige einen Herz- und Kreislaufstillstand. Er konnte zunächst aber erfolgreich reanimiert und stabilisiert werden. Gut vier Stunden nach seiner Aufnahme wurde er mit dem Hubschrauber nach Linz überstellt. Dort verstarb er in der Schleuse auf dem Weg in den Operationssaal.

Anwalt spricht von Organisationsverschulden

Der Salzburger Rechtsanwalt Stefan Rieder - er vertritt die Frau und die beiden Töchter des Verstorbenen - sprach am Donnerstag von einem Organisationsverschulden. "Um 15.30 Uhr endet der Regeldienst, ab dann ist nur noch ein Notfallteam vor Ort. Das ist meines Erachtens nicht ausreichend." Der Mann sei damals außerhalb der Kernarbeitszeit eingeliefert worden.

"Wenn es schon einen zweiten, entsprechend ausgerüsteten OP-Saal gibt, dann erwarte ich mir, dass dieser auch bespielt wird. Entweder mit einem zweiten Team vor Ort oder einer rasch einsetzbaren Reservemannschaft."

Die Salzburger Landeskliniken betonten in einer Stellungnahme nach Bekanntwerden des Vorfalls, dass alle medizinischen Schritte gesetzt wurden, um den Patienten entsprechend zu behandeln. "Eine Operation an der Universitätsklinik für Herzchirurgie war zu diesem Zeitpunkt aber nicht möglich, da das herzchirurgische Team bereits mit einer Notoperation beschäftigt war", hieß es damals. Auch die für Gesundheit zuständige Landesrätin Daniela Gutschi (ÖVP) sah kein Fehlverhalten. Das Uniklinikum sei für solche Notfälle gerüstet, in Spezialgebieten seien die Ressourcen jedoch ab einem gewissen Punkt erschöpft.

Wie sich am Donnerstag vor Gericht bei der Befragung von Ärzten zeigte, die damals Dienst hatten, dürfte es für Fälle wie den eingetretenen keine krankenhausinterne Richtlinie oder Checkliste geben. "In der Regel kontaktieren wir andere Spitäler, ob sie freie Kapazitäten zur Übernahme haben", sagte eine Zeugin. "Es ist dabei so, dass jeder dort anruft, wo er Kontakte hat oder wo er jemanden kennt." Nach Vorliegen der Diagnose bei dem 79-Jährigen versuchten es die Ärztinnen und Ärzte zunächst bei den näher gelegenen Krankenhäusern, mussten sich dann aber vielfach auch erst die Telefonnummern der Spitäler und Abteilungen heraussuchen, sich verbinden lassen und hingen teilweise in der Warteschleife.

Zugleich betonten zwei Zeuginnen, dass eine Verlegung in ein anderes Krankenhaus wegen eines besetzten OP-Saals äußerst selten vorkomme. In den 15 Jahren, die sie in den Landeskliniken arbeiten, wäre das bei einer Aorten-Dissektion erst der dritte Fall gewesen. Anwalt Rieder wollte noch wissen, ob es eine digitale Plattform gibt, wo auf Knopfdruck freie OP-Kapazitäten anderer Spitäler zu sehen sind. Eine solche war den Zeuginnen und Zeugen nicht bekannt.

Urteil ergeht schriftlich

Dass der Prozess am heutigen Donnerstag zu Ende geht, war zunächst nicht wahrscheinlich. Das Urteil wird schriftlich ergehen.

(APA/Red)

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