Chemiebomben bei Shein: Handelsverband und Greenpeace schlagen Alarm
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace ließ 56 Kleidungsstücke der Online-Plattform Shein von einem unabhängigen Labor auf gefährliche Chemikalien untersuchen. Die Ergebnisse sind erschreckend: Besonders Outdoorjacken, sowohl für Erwachsene als auch für Kinder, waren stark mit bestimmten PFAS-Giften belastet, die in der Europäischen Union schon längst verboten sind, weil sie ein hohes Gesundheitsrisiko darstellen. Eine Outdoorjacke für Damen überschritt den geltenden Grenzwert für PFAS-Gifte gar um das 3269-fache. In Österreich müsste der Händler solche Produkte umgehend zurückrufen. Doch Shein umgeht EU-Gesetze über ein Schlupfloch.
Empörung bei Greenpeace und Handelsverband
Madeleine Drescher, Konsumexpertin bei Greenpeace: "Unser Test zeigt, dass man bei Shein nicht nur billige Mode, sondern oft auch verbotene Gifte direkt ins Wohnzimmer geliefert bekommt. Es ist völlig unverständlich, dass Plattformen wie Shein EU-Gesetze, die unsere Gesundheit schützen sollen, so einfach umgehen können.“
Auch der Handelsverband reagiert umgehend: Aus HV-Sicht sei es völlig absurd, dass Fernost-Plattformen wie SHEIN oder TEMU jährlich 100 Millionen Pakete nach Österreich liefern können, aber keinerlei Verantwortung für die Sicherheit der Produkte tragen. "Heimische Händler müssen hingegen für jedes einzelne CE-Zeichen geradestehen und bekommen fast wöchentlich Besuch von Behörden wie dem Marktamt", heißt es in einer Presseaussendung dazu.
"Es ist völlig unbegreiflich, warum SHEIN in der EU nicht längst gesperrt wurde. Würde ein österreichischer Händler gesundheitsgefährdende Fake-Produkte verkaufen, müsste er sofort zusperren. Wir brauchen hier endlich eine rechtliche Gleichstellung. Wer in Europa verkauft, muss sich an unsere Spielregeln halten", so Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will.
Verbotene PFAS-Gifte und Weichmacher, die EU-Werte sprengen
Insgesamt hat Greenpeace 56 Kleidungsstücke aus SHEIN-Onlineshops in acht Ländern eingekauft und von einem unabhängigen Labor auf giftige Chemikalien testen lassen. Der PFAS-Test konzentrierte sich auf neun Produkte: Zwei Paar Schuhe und sieben Outdoorjacken, darunter auch eine Kinderjacke. In den Schuhen wurden keine PFAS, aber hohe Mengen gesundheitsschädlicher Weichmacher gefunden, die die EU-Grenzwerte überschreiten. Alle sieben Jacken enthielten verbotene PFAS-Gifte in Mengen, die die EU-Grenzwerte überschreiten. Eine Damenjacke überschritt den EU-Grenzwert sogar um das 3269-fache. Auch in anderen Produkten fanden sich teils illegal hohe Mengen an Schadstoffen wie Blei, Cadmium oder weiteren Weichmachern. Insgesamt überschritten 32 Prozent der getesteten Proben die in Europa geltenden Grenzwerte für gefährliche Chemikalien.
Ärzte schlagen Alarm
Umweltmediziner Prof. Hans-Peter Hutter, Sprecher der ÄrztInnen für eine gesunde Umwelt: "Gar keine Frage: Man hat nicht umsonst PFAS aus gesundheitlichen Gründen in Europa reglementiert. Schließlich sind es Stoffe, die das Immunsystem schwächen, den Stoffwechsel und das Hormonsystem stören können und teils ein krebserregendes Potenzial haben. Selbst wenn es keine großen Mengen sind, die von den Produkten aufgenommen werden, ist es eine zusätzliche Belastung zu den vielen anderen Quellen, die es aus ärztlicher Sicht zu vermeiden gilt."
Greenpeace und Handel: EU in der Verantwortung
Wären so stark belastete Produkte in Österreich im Handel, müsste der Händler sie sofort zurückrufen. Doch SHEIN nutzt ein rechtliches Schlupfloch: Die Ware wird direkt aus Asien verschickt und gilt daher nicht als in Österreich gekauft. Damit tragen Konsumentinnen und Konsumenten rechtlich die Verantwortung - und importieren im schlimmsten Fall selbst illegale Produkte. Vielen ist das gar nicht bewusst, sie vertrauen darauf, dass die Kleidung europäischen Gesundheitsstandards entspricht. Greenpeace fordert daher von der Bundesregierung, sich in der EU für ein rasches PFAS-Verbot, die Sperrung von SHEIN und das Schließen solcher rechtlichen Schlupflöcher einzusetzen.
"Solange die EU-Kommission nicht handelt, muss Österreich vorangehen und nationale Schritte setzen, denn es ist Gefahr in Verzug. Wir wollen keine Giftpakte unter dem Weihnachtsbaum", sagt Handelssprecher Rainer Will.
"Keine Giftpakete unter dem Weihnachtsbaum"
Der Handel fordert außerdem die sofortige Einführung einer Plattformhaftung für die korrekte Warendeklaration und appelliert auch an die Bevölkerung, beim Kauf von Weihnachtsgeschenken für die Liebsten nicht auf Plattformen wie Shein zu shoppen, weil dies mit handfesten negativen Folgen für die Gesundheit einhergehen kann.
(Red)