Vertreter des Assad-Regimes in Wien angeklagt
Ein 61-jähriger Ex-General, den ausgerechnet der heimische Verfassungsschutz wegen eines Deals mit dem Mossad 2015 nach Österreich brachte, sitzt seit Ende Dezember in U-Haft. Auf freiem Fuß ist hingegen der zweitangeklagte Abu R.. Nach APA-Informationen sah das OLG bei ihm keinen Haftgrund.
Den beiden werden schwere Straftaten gegen seinerzeit in Syrien inhaftierte Zivilisten vorgeworfen, unter anderem schwere Körperverletzung, geschlechtliche Nötigung und Folter. Nach langen Ermittlungen wurde der 61-Jährige Khaleb Al H. - er war seit 2009 bis März 2013 Leiter der Abteilung 335 des syrischen Geheimdienstes - am 23. Dezember 2024 fest- und in weiterer Folge in U-Haft genommen. Nach Informationen der APA befindet er sich seitdem in der Justizanstalt Wien-Josefstadt.
Zweitangeklagter auf freiem Fuß
Der Zweitangeklagte - er war zwischen 2011 und 2013 Leiter der Ermittlungsabteilung für Kriminalpolizei in Raqqa und erhielt noch 2010 in Tunis eine internationale Auszeichnung als bester Kriminalbeamter Syriens - ist ebenfalls seit 2015 in Österreich aufhältig. Er und seine Mitarbeiter waren für die Vernehmung von Häftlingen verantwortlich. Dabei soll es zu zahlreichen Folterhandlungen gekommen sein, die der Angeklagte laut mehreren Zeugenaussagen oft selbst durchführte.
Er wurde wenige Tage nach Khaleb Al H. fest- und dann ebenfalls in Untersuchungshaft genommen. Einer beim Oberlandesgericht (OLG) Wien eingebrachten Haftbeschwerde wurde stattgegeben. Der Mann wurde Mitte Jänner gegen gelindere Mittel enthaftet und befindet sich seither wieder auf freiem Fuß. Bei ihm sei kein Haftgrund gegeben, befand das OLG.
Aussagen ehemaliger Häftlinge zufolge wurden die Inhaftierten extremen psychischen Misshandlungen ausgesetzt und regelmäßig und systematisch durch Schläge, Elektroschocks und den Einsatz primitiver Instrumente, die starke Schmerzen verursachen sollten, gefoltert und erniedrigt. In den Hafträumen der Kriminalpolizei dürften außerdem furchtbare Zustände geherrscht haben: Mitunter waren 25 oder mehr Häftlinge in einer fünf mal fünf Meter großen Zelle untergebracht. Weder wurden die Insassen über die Dauer der Haft informiert, noch deren Angehörige über deren Verbleib benachrichtigt. Die hygienischen Bedingungen sowie die Versorgung mit Nahrung und Trinkwasser kann nur als mangelhaft beschrieben werden: Letztere erfolgte über die Toilette, welche sich in der Zelle befand.
Prozess wegen Operation "White Milk" endete in Freisprüchen
Das mittlerweile aufgelöste Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) hatte im Mai 2015 mit einem ausländischen Partnerdienst vereinbart, Khaleb Al H. von Frankreich nach Österreich zu bringen. Von BVT-Beamten wurde er an der österreichischen Grenze in Empfang genommen, in einem Dienstfahrzeug nach Wien chauffiert, in der Bundeshauptstadt in einem Quartier untergebracht und finanziell unterstützt. In weiterer Folge waren Vertreter des BVT dem syrischen Offizier sogar bei seinem Asylverfahren behilflich und bemühten sich, diesem zu einem Bleiberecht zu verhelfen.
Nach Erkenntnissen der Wirtschafts-und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) schloss die Kooperationsvereinbarung mit der Bezeichnung "White Milk" federführend der damalige BVT-Abteilungsleiter Martin Weiss ab, der inzwischen in Dubai untergetaucht ist. Nach Weiss wird mit internationalem Haftbefehl gefahndet, weil er die überstürzte Flucht des Ex-Wirecard-Managers Jan Marsalek vom Flughafen Bad Vöslau Richtung Russland mitorganisiert haben soll. Für drei ehemalige Beamte des BVT bzw. einen des Bundesamts für Fremdenrecht und Asyl (BFA) endete der Prozess wegen Amtsmissbrauchs 2023 in einem Freispruch. Weiss war für die Justiz allerdings schon damals nicht greifbar und war der Hauptverhandlung ferngeblieben. Der nun erstangeklagte General war damals als Zeuge geladen, gab sich aber wortkarg. Er habe "Angst um mein Leben und das meiner Familie", führte er damals am Straflandesgericht Wien ins Treffen.
(APA/Red)