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"Die Bahn ist viel zu gefährlich"

©EXPA/GEPA/Canva
Ländle-Rodelasse Jonas Müller und Thomas Steu berichten von chaotischen Zuständen auf der modernisierten Bahn in Innsbruck-Igls.

Eigentlich hätte der neu sanierte Olympia-Eiskanal in Igls das österreichische Aushängeschild zum Start in die Olympiasaison werden sollen. Doch statt Vorfreude herrschen Sorgen, Unsicherheit und blankes Unverständnis.

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Trotz intensiver Arbeiten an der Bahn setzten sich die Probleme für Jonas Müller und Co. auch am Freitag fort. ©EXPA/JOHANN GRODER

Einsitzer Jonas Müller, zweifacher Weltmeister und dreifacher Europameister, fand nach seinen Testfahrten klare Worte: "Es war erstmal ein großer Schock, weil wir das alle nicht erwartet haben", sagt er über die Situation. Die neuen Kurven 13 und 14 seien "schlicht nicht sauber zu lenken", selbst massive Lenkbewegungen reichten nicht aus.

Die Bahn sei zunächst sogar zu breit gewesen, berichtet Müller weiter. Mit zusätzlichen Holz- und Stahlkonstruktionen versuchte man, die Linie zu verengen. Auch am Eis wurde gearbeitet: "Wenn die Eisdicke nicht überall gleich ist, verändert sich das Profil der Bahn", so der 28-Jährige.

"Freigabe der Bahn wäre unverantwortlich"

Am Freitag stand die Bahn erneut auf dem Prüfstand und Müller selbst ging erneut an den Start. Wie schon am vergangenen Wochenende nahm er seinen Lauf vom Junior-Start in Angriff. Doch auch nach den Nachbesserungen setzte sich das Problem fort: Erneut bekam der Bludenzer im kritischen Abschnitt zwischen Kurve 13 und 14 zwei harte Banden, die Linie war kaum zu halten.

Derzeit hängen dunkle Wolken über dem Eiskanal in der Tiroler Landeshauptstadt. ©EXPA/JOHANN GRODER

Nach ausführlicher Videoanalyse entschied Müller, keinen weiteren Versuch zu wagen. Sein Urteil fällt deutlich aus: "Wir wollen alle unbedingt einen Heim-Weltcup, aber wir können es nicht erzwingen und müssen ehrlich bleiben. Von den Kurven 13 und 14 geht eine zu große Verletzungsgefahr aus. Ich hatte auch heute einen harten Einschlag, nicht auszudenken, wenn ich von weiter oben starte und mit wesentlich mehr Geschwindigkeit unterwegs bin. Die Bahn freizugeben wäre aus meiner Sicht im Augenblick unverantwortlich."

Athleten ohne Mitspracherecht

Noch deutlicher äußert sich Doppelsitzer Thomas Steu, der seit der Saison 2023/24 mit Wolfgang Kindl unterwegs ist. "Während Bobfahrer häufiger Bandenberührungen haben, ist das im Rodelsport völlig anders. Wir haben nur einen dünnen Latexanzug. Da reicht ein Einschlag und du bist verletzt."

Doppelsitzer Thomas Steu rechnet mit einer Absage des Rodel-Weltcups in Innsbruck. ©GEPA

Der 32-Jährige macht kein Geheimnis daraus, wo er die Ursachen dafür sieht: "Das Problem ist, dass Leute umgebaut haben, die wenig Bezug zum Rodelsport haben. Weder wir Fahrer noch der Verband durften mitreden." Die Folge sei eine Bahn, die selbst die Weltbesten nicht kontrolliert befahren können. "Im Doppelsitzer ist das Ganze nochmal schlimmer, du bist zu zweit, mit mehr Gewicht, und die Konsequenzen sind deutlich größer."

Schaden für den Sport

Während die Betreiber in den vergangenen Tagen zusätzliche Banden montierten und am Eis arbeiteten, bleibt Steu skeptisch. "Sie versuchten alles, aber geändert hat sich kaum etwas", sagt er.

Die Bob-Bewerbe dürften wie geplant stattfinden. ©EXPA/JOHANN GRODER

Eine Weltcup-Absage wäre für ihn persönlich zwar "nicht dramatisch", doch der Schaden für den Sport wäre enorm. "Mehr als 30 Millionen wurden investiert und nichts funktioniert", sagt er. Besonders kritisch sei die Situation für den Nachwuchs: "Die Bahn ist zu 90 Prozent des Jahres für junge Athleten reserviert. Wenn du da Kinder hinunterfahren lässt, hören sie sofort wieder mit dem Rodeln auf."

Ungewisse Tage

Ob die geplanten Weltcuptermine, vom 28. bis 30. November im Bob und Skeleton sowie eine Woche später im Rodeln, halten können, bezweifeln die ÖRV-Athleten stark: "Ich denke, die Bob-Bewerbe werden stattfinden, aber für die Rodel-Weltcups wird es unmöglich", so Steu abschließend.

Kein Abnahme durch den Rodelverband

Der österreichische Rodelverband (ÖRV) hat am Freitagnachmittag bekannt gegeben, dass man von einer sogenannten Homologierung der Bahn Abstand nehme. Eigentlich war nach dem ersten gescheiterten Freigabeversuch für dieses Wochenende (Freitag bis Sonntag) ein weiterer Anlauf durch den Internationalen Rodelverband (FIL) geplant, nach mehreren Anpassungen an der Strecke. Doch auch dieser Testlauf wird nun nicht stattfinden. Homologierung bedeutet in diesem Zusammenhang, dass eine Sportanlage, wie eine Rodelbahn, von einem internationalen Verband offiziell geprüft und für Wettkämpfe zugelassen wird. Erst wenn eine Bahn homologiert ist, dürfen Weltcup-Rennen stattfinden.

(VOL.AT)

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