"Professor Lahodynsky": Pionier des EU-Journalismus geehrt
In dieselbe Kerbe schlug der Kommunikationswissenschafter und Vorsitzende der in Sachen Medienfreiheit engagierten NGO "Reporter ohne Grenzen" (ROG), Fritz Hausjell. Lahodynsky habe schon "gewichtige Beiträge zur europäischen Verständigung" geschrieben, "bevor Österreich EU-Mitglied war", unterstrich Hausjell.
Gegenüber der APA, für die er seit einiger Zeit ebenfalls als freier Mitarbeiter tätig ist, erklärte der Geehrte folgerichtig, "besonders stolz" sei er auf seine Zeit als "Brüssel-Korrespondent" der Tageszeitung "Die Presse" von 1988 bis 1995. Damals habe er versucht, "auf einer wöchentlichen Seite zu erklären, wie die EU so funktioniert." Daraus sei auch gemeinsam mit dem "Presse"-Kollegen Wolfgang Böhm ein Schulbuch "EU for you!" entstanden. Es sollten noch weitere Bücher mit Bezug zur Europäischen Union, der Österreich 1995 beitrat, folgen.
1981 bei Verhängung des Kriegsrechts in Polen dabei
In seiner Zeit beim "profil" - "insgesamt 33 Jahre" - sei er Ende 1981 als "einziger Journalist aus Österreich" bei der Verhängung des Kriegsrechts in Polen dabei gewesen, erzählte Lahodynsky weiter. Der spätere polnische Präsident Lech Wałęsa organisierte damals mit der Gewerkschaft "Solidarność" in Gdańsk (Danzig) den Widerstand gegen das kommunistische Regime in Warschau. Eines seiner rausgeschmuggelten Fotos habe es sogar auf die Titelseite des US-amerikanischen Time-Magazins, aber auch in die renommierten Zeitschriften Paris Match (Frankreich) und Espresso (Italien) geschafft, freute er sich auch mehr als 40 Jahre danach.
Als profil-Reporter habe er einige interessante Personen interviewt, erinnerte sich der renommierte Journalist zudem gegenüber APA. Neben Lech Wałęsa und "allen EU-Kommissionspräsidenten" etwa den sowjetischen "Glasnost und Perestroika"-Staatschef Michail Gorbatschow, Deutschlands Ex-Kanzlerin Angela Merkel, die pakistanische Ministerpräsidentin Benazir Bhutto, den palästinensischen Präsidenten Yasser Arafat, die UNO-Generalsekretäre Kofi Annan und Ban Ki-moon oder den tschechischen Dissidenten und späteren Präsidenten Václav Havel.
Folgenschweres Interview mit Miloš Zeman
Das wohl folgenschwerste Interview sei aber jenes mit Miloš Zeman gewesen, der von 1998 bis 2002 Premierminister und von 2013 bis 2023 Staatspräsident Tschechiens war. "Er verteidigte 2002 die Vertreibung der Sudetendeutschen 1945, denen eigentlich wegen Landesverrats die Todesstrafe gedroht habe". Zeman sagte damals: "Die Vertreibung war milder als die Todesstrafe". Daraufhin habe der damalige deutsche Kanzler Gerhard Schröder einen geplanten Besuch in Prag gecancelt.
Lahodynsky verbuchte auch mehrere "innenpolitische Scoops", wie er es selbst bezeichnete, wobei einer in seiner Erinnerung eine besondere Wirkung hatte: "Ich gab 1986 mit einer Story über General Alexander Löhr den Anstoß zur Debatte über die Kriegsvergangenheit von Kurt Waldheim." Löhr war im Zweiten Weltkrieg als Kommandant der deutschen Luftwaffe am Balkan nicht zuletzt für die Bombardierung Belgrads verantwortlich und wurde 1947 im von Josip Broz Tito dominierten kommunistischen Jugoslawien hingerichtet.
Waldheim war von 1972 bis 1981 UNO-Generalsekretär und später Bundespräsident (1986-1992). Im Wahlkampf für das Amt des Staatsoberhaupts entbrannte eine internationale Debatte um die mutmaßliche Beteiligung Kurt Waldheims an NS-Kriegsverbrechen, weil dieser am Balkan Soldat einer Löhr unterstellten Heeresgruppe gewesen war. Obwohl eine Historikerkommission keine Beweise für den Verdacht fand, wurde mit der Diskussion auch ein neues Kapitel der österreichischen Vergangenheitsbewältigung aufgeschlagen.
Als Pensionist weiter für mehrere Medien aktiv
Lahodynsky arbeitete für das Nachrichtenmagazin "profil" und die Tageszeitung "Die Presse", aktuell schreibt er als Pensionist gelegentlich unter anderem Artikel in den "Oberösterreichischen Nachrichten (OÖN)", den "Salzburger Nachrichten" (SN), der "Neuen Zürcher Zeitung (NZZ)", der Wochenzeitung "Die Furche" oder dem Branchenmagazin "Cercle Diplomatique".
Bei dem Festakt erinnerte er an die wirtschaftlichen Probleme traditioneller Medienhäuser in Österreich ("Es ist zehn nach zwölf! Es sind bereits hunderte Arbeitsplätze verloren gegangen") und appellierte an Babler, etwas für ihren Erhalt "zu tun". Der SPÖ-Minister sagte zu, "unseren Medien unter die Arme zu greifen". So sei eine Erhöhung der Medienförderungen von 80 Millionen Euro auf über 100 Millionen Euro in Planung. Diese werde aber "mit eindeutigen Qualitätskriterien" verknüpft und "transparenter" als bisher gestaltet.
Dies sei ihm selbst in Zeiten knapper Budgets ein Anliegen, erklärte der Vizekanzler. Printzeitungen seien nämlich ein "sehr wichtiger Bestandteil" im Kampf gegen Fake News, gegen Desinformation und Internetplattformen mit ungesteuerten Algorithmen".
Jahrzehntelanges AEJ-Engagement für Medien- und Pressefreiheit
Im Rahmen der "Association of European Journalists" (AEJ) engagiert sich Lahodynsky auch seit Jahrzehnten für Medien- und Pressefreiheit. Er agierte von 2013 bis 2020 als Präsident der in 16 europäischen Ländern engagierten Vereinigung. Aktuell ist er als Ehrenpräsident und aktives Mitglied der österreichischen Sektion "AEJ Austria" tätig. "Zuletzt habe ich die profil-Chefin Anna Thalhammer wegen der Klage des mutmaßlichen Russen-Spions Egisto Ott auf die Plattform des Europarates für verfolgte Journalisten gesetzt."
Verdienstzeichen für Ö1-Journalistin und Moderatorin Schmidtkunz
Bei der Veranstaltung wurde auch die 61-jährige "ORFlerin" (Eigendefinition) Renata Schmidtkunz für ihr mediales Lebenswerk geehrt. Die Ö1-Redakteurin, Filmemacherin und Moderatorin, die in den vergangenen Jahren in dem ORF-Radiosender für die Sendereihe "Im Gespräch" verantwortlich zeichnete, wurde von Babler das "Silberne Verdienstzeichen der Republik Österreich" übergeben.
"Sie schaffen nicht nur eine Bühne für die Demokratie, sie ermöglichen mit ihrer Arbeit erst echte Demokratie", hob der Medienminister anlässlich des Festakts generell die Bedeutung der Arbeit von Journalistinnen und Journalisten hervor. "Sie machen uns mit ihrer Arbeit widerstandsfähiger gegen die Feinde der Demokratie und gegen Desinformation."
(APA)