Harald Mahrer tritt "zeitnah" als OeNB-Präsident zurück
Er werde noch den Prozess für eine geordnete Übergabe aufsetzen, der Rücktritt werde aber "zeitnäher" erfolgen, sagte Mahrer am Montag vor Journalisten. Wirtschaftskammerpräsident und Chef der ÖVP-Teilorganisation Wirtschaftsbund bleibt Mahrer. In der Kammer will er nun die KV-Erhöhungen der Mitarbeiter neu strukturieren und den Rechnungshof die Funktionärsgagen prüfen lassen.
Es gehe bei seinem Ausscheiden aus der OeNB nicht um das Salär, auch wenn die Gagenkumulation stark in der Kritik stand, sondern um eine Konzentration auf seine Aufgabe in der WKÖ, wo seine Aufmerksamkeit "spürbar am dringendsten gebraucht wird". Er wolle "keine halben Sachen" machen und eine starke Stimme für die Wirtschaft sein. Mahrer war heftig kritisiert worden, weil er neben seinen Entlohnungen als Präsident der Wirtschaftskammer Österreich (15.158 Euro/Monat) und Wirtschaftsbund-Chef (6.000 Euro/Monat) auch eine Aufwandsentschädigung als OeNB-Präsident (7.330 Euro/Monat bekam. In seiner ersten Funktionsperiode in diesem Amt hatte er darauf noch verzichtet.
Kammerumlage wird allenfalls später einmal gesenkt
Auf Fragen zu einer Senkung der Kammerumlage verwies Mahrer auf eine Verringerung um 30 Mio. Euro mit Anfang 2024. Es sei auch nicht ausgeschlossen, "dass wir so einen Schritt wieder machen werden", aber noch werde die vorige Reform abgearbeitet. Die immer wieder kritisierten Rücklagen in Milliardenhöhe seien teilweise zweckgewidmet, "das ist nicht Geld, das man einfach so ausgeben kann".
Mahrer hatte am Sonntagnachmittag die Präsidentinnen und Präsidenten der neun Länderkammern zu einem Krisengespräch eingeladen, auf seinen Wunsch, wie Mahrer betonte. Dort habe er gefragt, wer ihm das Vertrauen ausspreche und sei "der Reihe nach durchgegangen und die Leute haben Ja gesagt", schilderte er den Entscheidungsprozess. Die Anwesenden hätten aber gewisse Reformen eingefordert.
Gehälter, Funktionszulagen, Leistungen und Strukturen am Prüfstand
Konkret soll nun in Zusammenarbeit mit den Belegschaftsvertretern das System zur Erhöhung der Gehälter der Angestellten überarbeitet werden, "um eine realitätsnahe Abbildung" der Lage in den Mitgliedsbetrieben zu sichern. Ziel sei es, die neue Berechnung schon kommendes Jahr für die Gehaltserhöhung 2027 anzuwenden. Die aktuell verwendete Formel, die heuer zu einer Erhöhung um 4,2 Prozent geführt hat, während viele Betriebe KV-Erhöhungen unter der Inflation vereinbart haben, habe sich als "nicht krisenresistent" erwiesen.
Als zweites soll der Rechnungshof, der bereits eine Prüfung der WKÖ angekündigt hat, im Besonderen auch die Struktur der Funktionärsentschädigungen prüfen. Erhöhungen um bis zu 60 Prozent heuer hatten für Unmut gesorgt, die Kammer verwies als Auslöser für die Steigerungen auf eine "Strukturumstellung".
Schließlich will die Kammer "Strukturen und Leistungen unter externer Begleitung auf den Prüfstand stellen". Wie der Prozess laufen soll, sei noch offen. Damit wolle die Kammer zeigen, dass sie keine Vergleiche scheue und Wege suchen, um "besser, mitgliedsnäher und wirksamer" zu werden. Er selber wolle als Präsident der WKÖ "laut" und "unbequem" bleiben.
Mahrer gibt Job ab und verweist auf "Fehlerkultur in der Wirtschaft"
(Von Philip Stotter/APA)
Wenn es einen wirtschaftspolitischen Job in Österreich zu vergeben gab, wurde ÖVP-seitig stets gerne auf Harald Mahrer zurückgegriffen. Der Wirtschaftskammerpräsident, der stets betont, dass er "aus der Wirtschaft kommt", gibt nun aber einen Spitzenjob ab. Nachdem der Ex-PR-Unternehmer in der WKÖ im Laufe der vergangenen Woche ein PR-Desaster nicht abwenden konnte, legt er seinen Job als Nationalbankpräsident nieder. Dabei verwies er auf eine "Fehlerkultur in der Wirtschaft".
Der Zeitpunkt für den Abgang aus der Nationalbank sei ohnehin ideal, verwies Mahrer auf die neuen Personalia in der Nationalbank (OeNB), als er sich am Montag vor der Presse erklärte. Druck aus den eigenen Reihen, den es geben soll, erwähnte er nicht.
Kürzlich hatte Mahrer erst den ehemaligen Moderator, ÖVP-Kommunalpolitiker und türkisen Veranstaltungseinpeitscher Peter L. Eppinger als "echten Kommunikationsprofi" zum Kreativdirektor in der Wirtschaftskammer-Strategieabteilung gemacht. Doch die vorige Woche mit der Kommunikation zur Lohnerhöhung in der Kammer, dem eigenen Verdienst in der Kammer und in der Notenbank bog kommunikationstechnisch ins Jenseitige ab.
Mahrer wird nun wirklich viel tun müssen, um das Vertrauen in "seine" und innerhalb "seiner" Kammer wieder zu stärken. Doch so sehr "seine" Kammer wie jene von Vorgänger Christoph Leitl war sie noch nie, monieren Beobachter. Leitl habe Unternehmern stets als einer der ihrigen gegolten, führte selbst eine mittelständische Firma. Mahrer stoße innerhalb von Teilen der Unternehmerschaft immer wieder und vor allem nunmehr auf Skepsis. Kritik an Mahrer kam übers Wochenende auch von Parteifreundinnen und -freunden sowie Länderkammerpräsidentinnen und -präsidenten.
Mahrer verweist auf Fehlerkultur in der Wirtschaft
"Bei uns in der Wirtschaft gibt es etwas, das ist sehr ausgeprägt. Das nennt sich Fehlerkultur", sagte der frühere Wirtschaftsminister und Präsident des ÖVP-Wirtschaftsbundes am Montag. "Verantwortungsbewusstes Handeln beginnt bei einem selbst." Daher werde man Vorgänge in der Kammer auf den Prüfstand stellen, er selber werde sich voll und ganz darauf konzentrieren "dass die Wirtschaft in diesem Land die oberste Priorität hat". In der Nationalbank sorge er für "eine geordnete Übergabe".
Er selbst sei "unbequem geworden", wer aber glaube, er werde nun leiser, täusche sich: Er, Mahrer, werde "weiter aufzeigen, was falsch läuft".
Parteikarriere Mahrers
Seine Karriere startete Mahrer nach dem Studium der Betriebswirtschaft in einem politischen Feld, und zwar als Vorsitzender der Hochschülerschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien. Anschließend widmete sich der am 27. März 1973 geborene Wiener vor allem der Beratungs- und PR-Branche. So gründete er die legend Consulting GmbH und leitete für mehrere Jahre die österreichische Kommunikationsberatung Pleon Publico.
Den Sprung in die Spitzenpolitik machte Mahrer im September 2014 als Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung. Mit dem Abtritt von Reinhold Mitterlehner (ÖVP) im Mai 2017 stieg er für etwas mehr als ein halbes Jahr zum Wirtschafts- und Wissenschaftsminister auf.
Mahrer gilt als wirtschafts- und gesellschaftsliberal und wird von Wohlgesonnenen als ehrgeizig beschrieben. Kritiker werfen ihm dagegen das Produzieren allzu vieler "Luftblasen" und "Überschriften" vor.
Im Dezember 2017 wurde Mahrer als einziger Nachfolgekandidat von Christoph Leitl mit 95,21 Prozent der Stimmen zum Präsidenten des Österreichischen Wirtschaftsbundes gewählt. Im darauffolgenden Jahr 2018 legte Leitl zudem seine Posten als Präsident der WKÖ nieder und Mahrer zog ein.
(APA/Red)