Habsburg-Juwelen: Diskussion ausgebrochen
Nach dem Fund eines seit 100 Jahren verschollenen Schatzes der Kaiserfamilie Habsburg in Kanada ist am Freitag eine Diskussion um die Besitzrechte entstanden. Während Karl Habsburg-Lothringen, der Enkel des letzten österreichischen Kaisers, davon spricht, dass es sich um privaten Schmuck der Familie handelt, sieht das der Historiker Oliver Rathkolb im "Ö1-Mittagsjournal" anders. Er forderte eine rechtliche Prüfung durch eine unabhängige Kommission.
"Wir haben das rechtlich natürlich sehr genau prüfen lassen, auch durch historische und rechtliche Gutachten. Und ich glaube, diese Gutachten sind völlig klar, dass es sich um reinen Privatbesitz handelt, dass es keine Ansprüche vonseiten der Republik auf diese Objekte gibt", meinte Karl Habsburg-Lothringen gegenüber dem ORF. Nach dem Ende der Monarchie im Jahr 1918 wurden die Habsburgermonarchie-Besitzungen durch das Habsburgergesetz 1919 zugunsten des neuen Staates enteignet. Zu diesem Zeitpunkt seien die Schmuckstücke bereits in der Schweiz gewesen, so Habsburg-Lothringen. Er sprach von reinem Privatbesitz von Kaiser Karl I. und Kaiserin Zita, dies hätten 1921 auch die Schweizer Behörden bestätigt.
"So einfach, wie es sich Herr Karl Habsburg vorstellt, ist es nicht"
"Ich sehe das völlig anders als Herr Karl Habsburg", meinte dagegen der Historiker. Rathkolb sprach davon, dass es vonseiten der österreichischen Republik mehrfache Ansprüche gebe, nicht nur vor dem Hintergrund des Habsburgergesetzes, sondern auch des Staatsvertrages von St. Germain. Rathkolb regte indes an, "dass eine professionelle, unabhängige Experten- und Expertinnenkommission diese Frage prüft." Es sei eine komplexe Geschichte. "So einfach, wie es sich Herr Karl Habsburg vorstellt, ist es nicht", meinte Rathkolb. Eine rechtliche Prüfung stehe bis heute aus. Wenn es so klar wäre, warum wurde der Schatz dann nach Kanada gebracht und blieb so lange versteckt, stellte sich der Historiker die Frage. Er sprach davon, dass es auch italienische Ansprüche auf einen Teil dieser Juwelen gebe.
Derartige Ansprüche kamen am Freitag dann aus Florenz. Der Fraktionsvorsitzende der Rechtspartei Fratelli d'Italia (FdI - Brüder Italiens), Alessandro Draghi, will den Kulturstadtrat von Florenz, Giovanni Bettarini, befragen, ob die Stadt eine rechtliche Initiative zur Rückholung des Diamanten "Il Fiorentino" prüfen wolle. "Es handelt sich nicht um einen einfachen Gegenstand, sondern um ein Kunstwerk, das der Stadt Florenz voll und ganz gehört", so Draghi laut Medienangaben. Der Kauf durch die Medici sei im Staatsarchiv von Florenz seit dem 12. Oktober 1601 dokumentiert. Sein kultureller und historischer Bezug zum Großherzogtum Toskana sei groß - er sei integraler Bestandteil des Medici-Schatzes, argumentierte Draghi.
Babler stellte Prüfung in Aussicht
"Es war von Anfang an so geregelt, dass immer zwei Personen davon gewusst haben", sagte Habsburg-Lothringen im "Ö1-Morgenjournal". "Das hat meine Großmutter damals so eingerichtet. Ich selber habe absolut gar nichts davon gewusst". Er sei erst vor einem Jahr von seinen Cousins darüber informiert worden. Bei den Juwelen würde es sich um "Objekte aus dem reinen Privatschmuck" handeln.
Kulturminister Andreas Babler (SPÖ) hatte bereits am Donnerstag eine unverzügliche Prüfung in Aussicht gestellt, ob das Juwel in Republikseigentum steht, und angekündigt: "Falls sich herausstellt, dass der Florentiner Diamant Eigentum der Republik Österreich ist, werde ich den Prozess zur Rückholung des Juwels einleiten." Im aktuellen Interview mit dem neuen Onlinemedium "Jetzt" erteilte Karl Habsburg derlei Ansinnen indes eine klare Absage: "Für uns spielt diese Stellungnahme überhaupt keine Rolle. Weil ja bereits im Jahr 1921 dies das erste Mal durchjudiziert wurde und ganz klar festgestellt wurde, dass es sich um reines Privatvermögen der Familie handelt. Also ich kann dem Herrn Babler nur sagen: Lernen's Geschichte."
Unter den Stücken ist etwa der sagenumwobene gelbe Diamant "Florentiner", berichtete das deutsche Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" am Donnerstag. "Der 'Florentiner' liegt zusammen mit anderen Stücken des Familienschmucks in einem Bankschließfach in Kanada", sagte Familienoberhaupt Karl Habsburg demnach. Diese und weitere wiederentdeckte Stücke sollen nun zunächst in Kanada ausgestellt werden. Auch einer Präsentation in Österreich erteilte Karl Habsburg gegenüber "Jetzt" nicht per se eine Absage: "Ich kann mir das langfristig sicherlich vorstellen." Dies lasse sich zum jetzigen Zeitpunkt allerdings nicht voraussagen.
Nach Angaben Karl Habsburgs, dem Enkel des letzten österreichischen Kaisers, hatte Kaiserin Zita, die Witwe Karls I., die Juwelen in einem braunen Koffer nach Kanada gebracht. Das Versteck liege in der französischsprachigen Provinz Québec. Dem "Spiegel" wurden aktuelle Fotos der Objekte zur Verfügung gestellt. Es seien die ersten Aufnahmen davon seit mehr als 100 Jahren. Der Wiener Juwelier Christoph Köchert kam laut dem Bericht in einem Gutachten zu dem Schluss, dass die in Kanada aufgetauchten Schmuckstücke echt sind.
Was ist der "Florentiner"?
Nach historischen Aufzeichnungen handelt es sich beim "Florentiner" um einen gelben Diamanten von rund 137 Karat, geschliffen in einer doppelseitigen Rosettenform mit neun Seiten und etwa 126 Facetten, mit einem Gewicht von rund 27,45 Gramm, wie die italienische Nachrichtenagentur Adnkronos berichtete.
1615 ließ Großherzog Cosimo II. de' Medici den Edelstein in eine goldene Schlangenfassung mit kleinen Diamanten einsetzen und schenkte ihn seiner Frau, Erzherzogin Maria Magdalena von Österreich. Nach dem Aussterben der Medici im Jahr 1737 gelangte der Diamant an die Habsburg-Lothringer.
(APA/Red)