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Wenn Leidenschaft zur Routine wird

Lorena Schneider vom RC Höchst verabschiedet sich nach 17 Jahren vom Kunstradsport, die Hallenrad-Weltmeisterschaft in Göppingen (7. bis 9. November) bildet den Auftakt ihrer Abschiedstour.

Wenn Lorena Schneider an diesem Wochenende in Göppingen auf ihr Kunstrad steigt, wird es ein Moment zwischen Wehmut und Stolz. Die 24-Jährige bestreitet ihre letzte Weltmeisterschaft und schließt damit ein Kapitel, das sie fast ihr ganzes Leben lang geprägt hat.

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Wird ihre Karriere nach dieser Saison beenden: Lorena Schneider. ©Monika Schrott

"Ich wusste schon im Sommer, dass es zu Ende geht", sagt Schneider. "Der Sport war immer meine Leidenschaft, aber nach 17 Jahren ist vieles zur Routine geworden. Ich wollte einfach wieder mehr Zeit für mich und meine Familie."

Von der Radballhalle aufs Kunstrad

Der Weg begann früh. Vater Reinhard, einst Radball-Vizeweltmeister, nahm die kleine Lorena regelmäßig mit in die Halle. "Ich war sofort fasziniert vom Kunstradsport", erzählt sie. Gemeinsam mit ihrem Papa wagte sie die ersten Versuche auf dem Rad. "Wir hatten beide keine Ahnung und haben uns vieles selbst beigebracht", erinnert sich die Höchsterin.

Unterstützung bekam sie von Lotte Schobel, die sie in den ersten Jahren begleitete. Seit 2023 wird sie von Marcel Schnetzer trainiert, doch für die letzten Wochen steht wieder ihr Vater als Haupttrainer an ihrer Seite, "das fühlt sich an, als würde sich ein Kreis schließen."

Drei WM-Medaillen, viele Erinnerungen

WM-Bronze 2019, 2023 und 2024, dazu EM-Gold 2017 und 2019 sowie EM-Silber 2018, Lorena Schneider zählt zu Österreichs erfolgreichsten Kunstradfahrerinnen. Bei den Staatsmeisterschaften im Oktober in Koblach zeigte sie noch einmal ihre ganze Klasse, sicherte sich den Titel und blieb mit 181,40 Punkten nur hauchdünn unter ihrem eigenen österreichischen Rekord von 182,52 Punkten.

Die Höchsterin hält mit 182,52 Punkten den österreichischen Rekord im Kunstrad-Einer der Frauen. ©Günter Nicolussi 

Für die WM in Göppingen hat sie ein klares Ziel: "Ich möchte einfach zeigen, was ich kann, und die Atmosphäre ein letztes Mal genießen. Wenn ich den Sprung ins Finale der Top Vier schaffe, wäre das ein schöner Abschluss."

Was sie am Sport besonders schätzt, ist nicht der Erfolg, sondern das Miteinander: "Kunstradfahren ist ein sehr familiärer Sport. Auch wenn man gegeneinander antritt, freut man sich füreinander, weil man weiß, wie viel Arbeit dahintersteckt."

Eine besondere Verbindung

Die Zusammenarbeit mit ihrem Vater als Trainer war nicht immer einfach. "Natürlich kann es im Training mal lauter werden", sagt sie mit einem Lächeln. "Aber ich habe das Gefühl, dass ich ihn immer an meiner Seite brauche, er gibt mir Halt, im Sport und im Leben."

Diese Verbindung hat sie geprägt. Aus unzähligen gemeinsamen Stunden in der Halle entstanden Vertrauen, Stärke und tiefe Wertschätzung. Durchhaltevermögen, Disziplin und Dankbarkeit, all das, sagt sie, habe ihr der Sport geschenkt. "Ich bin einfach glücklich, dass ich diesen wunderschönen Sport ausüben durfte."

Abschied auf der großen Bühne

Die WM in Göppingen ist der Höhepunkt ihrer "kleinen Abschiedstour". Danach folgen noch das Weltcupfinale im deutschen Öschelbronn (15. November) und der ASVÖ-Kunstrad-Cup in Bregenz (22. November) – ihr letzter Auftritt. "Ich möchte das alles noch einmal bewusst erleben und schön zu Ende bringen", sagt sie.

Die 24-Jährige kann sich in Zukunft vorstellen, ihre Erfahrungen als Trainerin weiterzugeben. ©Günter Nicolussi 

Beruflich hat sie längst neue Wege eingeschlagen. Als Kindergartenpädagogin arbeitet sie täglich mit Kindern und vielleicht auch mit künftigen Talenten. "Im Moment brauche ich Abstand", meint sie. "Aber irgendwann kann ich mir gut vorstellen, als Trainerin zu arbeiten und meine Erfahrungen weiterzugeben."

Patrick Schnetzer hofft auf seinen neunten WM-Titel. ©Drew Kaplan

Neben Schneider treten im Kunstrad Marcel Schnetzer, Christopher Schobel und Franziska Belmega bei der WM an. Im Radball wollen Patrick Schnetzer und Stefan Feurstein ihren neunten Weltmeistertitel holen, den zweiten gemeinsam nach 2022. Ersatzduo sind Patrick Köck und Pascal Fontain.

(VOL.AT)

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