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"Man muss den Rollstuhl und den Schläger gleichzeitig beherrschen"

©VN/Paulitsch
Maximilian Taucher zählt zur Weltspitze im Rollstuhltennis. Im Gespräch mit VOL.AT spricht der 17-Jährige über die technischen Finessen seines Sportgeräts und die größten Herausforderungen auf dem Court.
Maximilian Taucher wagt den nächsten Schritt

Es ist ein ruhiger Nachmittag auf der Tennisanlage des UTC Dornbirn, als Maximilian Taucher mit schnellen, präzisen Bewegungen seinen Sportrollstuhl über den Platz manövriert. Der 17-Jährige hat gerade eine herausragende Juniorenkarriere hinter sich, doch heute geht es nicht um Titel, Medaillen oder Rankings, sondern um Technik, Taktik und das Gerät, das ihn überhaupt erst konkurrenzfähig macht: seinen Sportrollstuhl.

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Auf den Millimeter genau

"Der größte Unterschied zum Alltagsrollstuhl sind die schrägen Räder", erklärt Taucher. Sie sorgen für Wendigkeit, Schnelligkeit und den entscheidenden Vorteil im Spiel. Der Tennisrollstuhl ist nicht nur leichter, sondern auch komplett auf ihn zugeschnitten: "Der wurde exakt vermessen und angepasst, auf den Millimeter genau."

Der 17-jährige Hohenemser nahm sich nach dem Training Zeit und erklärte VOL.AT die Besonderheiten seines Sportrollstuhls. ©VN/Paulitsch

"Danach haben wir ihn mit Gurten ausgestattet, die dafür sorgen, dass ich perfekt sitze und mich nicht bewege. Das ist wichtig, um den Ball richtig zu treffen." Im Vergleich zum Alltag sei das eine ganz andere Dimension, betont Taucher: "Das sind zwei völlig unterschiedliche Welten."

Der Hohenemser, der mit Spina bifida, einer Spaltung der Wirbelsäule, geboren wurde, hat gemeinsam mit seinem Team einen Weg gefunden, sich trotz seiner kleineren Körpergröße einen Vorteil zu verschaffen: "Wir haben uns bewusst für einen höheren Rollstuhl entschieden. So sitze ich höher und habe bei einigen Bällen bessere Möglichkeiten."

Der große, kleine Unterschied

Doch was unterscheidet Rollstuhltennis eigentlich vom Tennis? "Viele glauben, es ist nur, dass der Ball zweimal aufspringen darf. Aber das ist nur die Regel. Das Spielgefühl ist ein ganz anderes", erklärt Taucher. Die Geschwindigkeit sei niedriger, die Anforderungen dafür umso größer. "Man hat den Schläger in der einen Hand, den Greifring in der anderen und muss gleichzeitig den Rolli steuern, reagieren, schlagen und sich neu positionieren."

Taucher betont, dass Rollstuhltennis keineswegs eine vereinfachte Version sei. "Im Gegenteil. Ich sage immer: Das ist wahrscheinlich die schwierigste Form von Tennis. Man muss alles gleichzeitig beherrschen, Schläger, Rollstuhl, Ball, Platz. Das alles unter einen Hut zu bringen, ist unglaublich anspruchsvoll."

Anders als der Alltagsrollstuhl ist das Sportmodell mit drei kleinen Rädern ausgestattet, die für zusätzliche Stabilität und Balance sorgen. ©VN/Paulitsch

Gerade bei schnellen Richtungswechseln sei das eine echte Herausforderung, erzählt der 17-Jährige. Viel hänge von der Art der Lähmung ab, ob der Rumpf komplett mitarbeitet oder nur eingeschränkt. "Bei mir ist der Rumpf nicht voll einsatzfähig, das ist beim Positionsspiel natürlich ein Nachteil. Aber das lässt sich trainieren. Man kann viel wettmachen."

"Übung macht den Meister"

Der Ballflug entscheidet über den nächsten Schlag, ob Vorhand, Rückhand, Volley oder zweimal aufspringen lassen. "Ich entscheide das meistens schon, wenn ich sehe, wie mein Gegner den Ball schlägt", sagt Taucher.

Der Sportrollstuhl ist eine Maßanfertigung, genau auf den Körper und die Bedürfnisse von Taucher abgestimmt. ©VN/Paulitsch

Dann positioniert er sich, richtet den Rolli aus, achtet auf seinen Körperwinkel. Alles in Sekundenbruchteilen. "Bei der Rückhand muss ich eher seitlich stehen, bei der Vorhand leicht schräg. Und der Ball darf nicht zu nah kommen, sonst geht er irgendwohin, nur nicht dorthin, wo ich ihn haben will", meint er mit einem Lächeln. "Der Treffpunkt muss einfach passen."

Die schräg gestellten Räder fallen sofort ins Auge. ©VN/Paulitsch

Trotz aller Herausforderungen ist für Taucher klar: Rollstuhltennis ist seine Leidenschaft. "Ich liebe diesen Sport. Und ich finde, jeder sollte die Chance haben, ihn kennenzulernen, auch wenn man vielleicht nicht glaubt, dass man es schaffen kann. Übung macht den Meister", sagt er überzeugt.

(VOL.AT)

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