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Auftakt für Prozess um missbrauchte Lehrerin in Wien

Am Montag startete am Wiener Straflandesgericht ein Prozess um eine in Wien missbrauchte Lehrerin.
Am Montag startete am Wiener Straflandesgericht ein Prozess um eine in Wien missbrauchte Lehrerin. ©APA/GEORG HOCHMUTH
Am Montag hat in Wien der mehrtägige Prozess um eine missbrauchte Lehrerin begonnen. Ihr soll im Zeitraum Juli 2024 bis Jänner 2025 von mehreren Burschen im Alter zwischen 14 und 17 ein "Martyrium" zugefügt worden sein, wie ihre Rechtsvertreterin zu Beginn der Verhandlung betonte. Die Hauptangeklagten waren nicht geständig.

Drei Hauptangeklagte befinden sich seit acht Monaten in Untersuchungshaft und wurden in einen vollen Gerichtssaal gebracht. Insgesamt sind sieben junge Männer angeklagt. Ein Fotografier- und Filmverbot wurde erlassen. Den Hauptangeklagten werden in verschiedenen Konstellationen mehrere sexuelle Übergriffe vorgeworfen, darunter Vergewaltigung, sexueller Missbrauch einer wehrlosen Person und geschlechtliche Nötigung.

Lehrerin mit posttraumatischer Belastungsstörung

Die beiden 15-Jährigen sollen laut Staatsanwaltschaft in der Nacht auf den 16. Jänner 2025 gemeinsam mit einem weiteren, erst 14 Jahre alten Angeklagten und einem strafunmündigen Burschen in die Wohnung der Frau eingebrochen sein, als diese sich im Ausland aufhielt. Sie nahmen Schmuck, Uhren, eine Sonnenbrille und andere Wertgegenstände an sich, um am Ende Feuer zu legen. Die Staatsanwaltschaft hat dieses Faktum als Brandstiftung zur Anklage gebracht. In diesem Fall sind die Angeklagten zum Einbruch geständig, bestreiten aber vorsätzlich die Wohnung angezündet zu haben.

Einem im Ermittlungsverfahren eingeholten psychiatrischen Gutachten zufolge erlitt die Frau als kausale Reaktion auf die sexuellen Übergriffe eine chronische Depression und eine posttraumatische Belastungsstörung, die einer schweren Körperverletzung gleichzusetzen ist. Ihre Rechtsvertreterin ersuchte die Medien um eine zurückhaltende Berichterstattung: "Das Letzte, was meine Mandantin will, ist dass in den Medien und in Kommentaren rauf und runter berichtet und kommentiert wird." Zum Schutz der Betroffenen beantragte sie den Ausschluss der Öffentlichkeit in den Teilen des Verfahrens, die die Privatsphäre der Frau berühren. Nur so sei der Schutz der Frau vor öffentlicher Bloßstellung gewährleistet.

Ausgangspunkt des Ganzen war, dass die Lehrerin im April 2024 ein Verhältnis mit einem ehemaligen Schüler eingegangen war, der mit einem Hauptangeklagten eng befreundet war. Der damals 16 Jahre alte Bursch hatte die Lehrerin auf Instagram angeschrieben, sie beantwortete die Kontaktanfrage und ließ sich eines Abends von einer Bar von ihm abholen. Am Ende nahm sie den Burschen mit in ihre Wohnung, es kam zu einvernehmlichem Geschlechtsverkehr. "Dieser Umstand ist strafrechtlich nicht von Relevanz", betonte die Staatsanwältin. Der Bursche sei zwar minderjährig aber "sexuell selbstbestimmungsfähig" und mit dem Geschlechtsverkehr einverstanden gewesen. Die Lehrerin habe zu diesem Zeitpunkt den 16-Jährigen auch nicht mehr unterrichtet, "es war also auch kein Autoritätsverhältnis mehr vorhanden", erläuterte die Staatsanwältin.

Anklage: Lehrerin wurde "massiv unter Druck" gesetzt

Im Mai brachte der damals 16-Jährige einige Freunde mit in die Wohnung der Lehrerin, darunter den 15-jährigen Iraker und den 17-jährigen Rumänen. Laut Anklage feierte man in der Wohnung weiter und konsumierte Alkohol. In weiterer Folge erfuhren die zwei und auch der dritte Hauptangeklagte von dem sexuellen Verhältnis der Lehrerin mit ihrem Ex-Schüler und setzten die Frau laut Anklage massiv unter Druck, indem sie mit dem Publikmachen der Beziehung drohten.

Die Frau sei speziell vom 15-jährigen Iraker "terrorisiert" worden, schilderte die Staatsanwältin. Dieser habe unter anderem damit gedroht, Fotos, die bei einem Treffen in ihrer Wohnung aufgenommen wurden, vor der Schule zu plakatieren. Die Frau habe den Verlust ihres Rufs, ihrer wirtschaftlichen und sozialen Stellung befürchtet. Ihre größte Angst war, dass an ihrer Schule das Verhältnis zum 16-Jährigen bekannt werden und für sie berufliche Konsequenzen haben könnte.

Staatsanwältin: "Damit war die Drohkulisse vollkommen"

Mit Schulbeginn im September 2024 meldete sich die Lehrerin infolge ihrer psychischen Belastung krank. Die Beziehung zu dem 16-Jährigen war zu diesem Zeitpunkt beendet. Die Hauptangeklagten setzten ihr jedoch weiter zu, Ende November kam es laut Anklage zu einem sexuellen Übergriff auf der Terrasse der Lehrerin, der teilweise gefilmt wurde. "Damit war die Drohkulisse vollkommen", hielt die Staatsanwältin fest. Da die Frau befürchten musste, dass die Aufnahmen verbreitet wurden, stellte sie den Jugendlichen gezwungenermaßen ihre Wohnung zum Feiern zur Verfügung, zahlte ihnen Essen, Taxifahrten und Tabakwaren.

Eine Rolle dürfte auch gespielt haben, dass einige der Angeklagten einer 70 bis 80 Personen umfassenden Jugendbande angehörten, die vor Gewalt nicht zurückschreckte. Ihr wurden Videos gezeigt, die die Burschen bei der Begehung von Straftaten - etwa Autoeinbrüchen - zeigten.

Hauptangeklagte behaupteten einvernehmlichen Sex

Die Hauptangeklagten behaupteten in ihren Einvernahmen, der Sex mit der Lehrerin sei einvernehmlich gewesen. "Ihr ging es immer nur um Sex, mir ging es nur ums Geld", gab der 15-jährige Iraker zu Protokoll. Er habe ihr "Geld geklaut", sobald er in ihrer Wohnung war und sich die Gelegenheit ergab. Er habe die Frau nicht unter Druck gesetzt und sie nicht erpresst. Sie habe ihm auch Suchtmittel abgekauft.

Zum Einbruch in die Wohnung der Frau in den Nacht auf den 16. Jänner und die anschließende Brandstiftung war der irakische Staatsbürger tatsachengeständig. Er habe sich mit einem Nothammer über die Terrassentür Zugang zur Wohnung verschafft und sei mit drei anderen Angeklagten eingedrungen: "Ich dachte mir, ein letzter Coup." In der Wohnung hätten sie "alles durchwühlt. Was wir gut fanden, haben wir mitgenommen". Dann habe man sich "entschlossen, etwas anzuzünden, um Spuren zu vernichten". Er habe im Wohnzimmer ein an einem Wäscheständer aufgehängtes Hemd angezündet, der 15-jährige Afghane etwas im Schlafzimmer: "Das war eh nicht sehr schlau." Dann habe man die Wohnung verlassen.

Über Folgen keine Gedanken gemacht

Er habe die Kleidung in einem Kasten in Schlafzimmer angezündet, bestätigte der Afghane. Über die Folgen habe er sich keine Gedanken gemacht: "Wir wussten nicht, dass es so eskaliert. Ich habe nicht geglaubt, dass jemand in Gefahr ist." Auf die Frage, weshalb man in die Wohnung eingebrochen sei, erwiderte er: "Wir wollten einfach Schmuck." Während der Befragung zu den inkriminierten sexuellen Übergriffen wurde die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Die Wohnung brannte komplett aus. Nur dank eines raschen Eingreifens der Berufsfeuerwehr konnte ein Übergreifen der Flammen auf andere Wohnungen des Mehrparteienhauses verhindert werden.

Mitangeklagt ist in der Verhandlung auch der inzwischen 17-Jährige, der seinen Angaben zufolge "sieben, acht, neun Mal" einvernehmlichen Sex mit der Lehrerin hatte. Ihm wurde lediglich Bedrängnisdiebstahl vorgeworfen - beim ersten Treffen, zu dem er andere Angeklagte mitnahm, soll der Frau eine Spardose mit 800 Euro gestohlen worden sein. Der deutlich älter und reifer wirkende 17-Jährige bestritt, damit etwas zu tun gehabt zu haben.

Prozess um missbrauchte Lehrerin geht kommende Woche weiter

"Es war mehr als nur sexual", antwortete der 17-Jährige auf die Frage, wie er das Verhältnis zu der Lehrerin beschrieben würde. Er habe davon "nur zwei von meinen besten Freunden erzählt", das habe sich dann aber "rumgesprochen". Er habe das nicht beabsichtigt, versicherte der 17-Jährige. Seine Verteidigerin bezeichnete den Burschen als "besonders liebenswerten und charmanten jungen Mann", er habe "so etwas wie eine romantische Beziehung" zu der Frau gehabt: "Das Einzige, was er sich vorwerfen kann, ist, dass er anderen Jugendlichen davon erzählt und sie mitgenommen hat." Die Verhandlung geht am 15. Oktober mit der Einvernahme von drei weiteren Angeklagten weiter. Die Urteile sollen am 20. Oktober fallen.

(APA/Red)

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