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Über 375.000 ohne Job: Arbeitslosigkeit steigt erneut an

Die Arbeitslosigkeit in Österreich ist erneut gestiegen.
Die Arbeitslosigkeit in Österreich ist erneut gestiegen. ©APA
Die Arbeitslosigkeit in Österreich hat im September mit über 375.000 Betroffenen einen erneuten Anstieg verzeichnet, wobei die Zahlen seit April 2023 kontinuierlich steigen.

Die schwache Wirtschaftsentwicklung belastet weiterhin den heimischen Arbeitsmarkt. Laut am Mittwoch veröffentlichten Zahlen waren Ende September rund 375.120 Personen beim Arbeitsmarktservice (AMS) arbeitslos oder in Schulung gemeldet, davon waren 299.180 arbeitslos und rund 75.940 in Schulungsmaßnahmen des AMS. Damit sind die monatlichen Arbeitslosenzahlen seit April 2023 zum 30. Mal in Folge gestiegen.

Arbeitslosigkeit im September erneut gestiegen

Im Vergleich zum Vorjahresmonat ist die Zahl der Arbeitslosen und Schulungsteilnehmer im September um 5,8 Prozent bzw. 20.455 Personen gestiegen. Die Arbeitslosenquote erhöhte sich um 0,4 Prozentpunkte auf 7 Prozent.

"Die längste Konjunkturkrise der Zweiten Republik bringt immer mehr Betriebe an ihre Grenzen: Viele schaffen es nicht mehr, 'durchzutauchen' oder ihr Personal für bessere Zeiten zu halten", kommentierte AMS-Chef Johannes Kopf die aktuellen Arbeitslosendaten in einer Stellungnahme.

AMS-Chef: Arbeitslosigkeit wächst "quer durch alle großen Branchen"

Es gebe "fast wöchentlich schlechte Nachrichten" für den Arbeitsmarkt, zuletzt etwa von Lenzing und Unimarkt. Die Arbeitslosigkeit wachse "quer durch alle großen Branchen, in sämtlichen Bundesländern (in Kärnten nur minimal) und betrifft jede Altersgruppe", so der AMS-Vorstand. "Kurz gesagt: Vom Arbeitsmarkt gibt es derzeit nichts Erfreuliches zu berichten."

Arbeits- und Sozialministerin Korinna Schumann (SPÖ) verwies in einer Aussendung auf die schwierige Situation für ältere Arbeitslose. "Es liegt noch ein weiter Weg vor uns, um die Arbeitsmarktsituation für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über 55 nachhaltig und auf Dauer zu verbessern." Es brauche "vor allem auch ein Umdenken bei den Arbeitgebern", so die Arbeitsministerin.

Starkes Arbeitslosenplus in Industrie und Handel, Bau relativ stabil

Besonders vom Anstieg der Arbeitslosigkeit betroffen waren laut AMS im Branchenvergleich einmal mehr die Industrie und Warenherstellung und der Handel sowie die Bundesländer Tirol, Salzburg und Oberösterreich. Den größten prozentuellen Anstieg bei arbeitslosen Menschen und Personen in AMS-Schulung gab es Ende September im Vergleich zum Vorjahresmonat im Gesundheits- und Sozialwesen (+16,9 Prozent), Handel (+9,8 Prozent), Warenerzeugung/Industrie (+8,8 Prozent) und Verkehr und Lagerwesen (+8,8 Prozent). Niedriger fiel der Anstieg in der Gastronomie und Beherbergung (+4,7 Prozent) und am Bau (+0,7 Prozent) aus. Keine prozentuelle Veränderung der Arbeitslosenzahlen gab es bei der Arbeitskräfteüberlassung.

"Der überdurchschnittliche Anstieg im Gesundheits- und Sozialbereich hat vor allem statistische Gründe", hieß es bereits im Sommer vom AMS. Neben der stark steigenden Beschäftigung wegen des höheren Pflegebedarfs steige die Beschäftigung auch, weil immer mehr Pflege- und Gesundheitseinrichtungen, die bisher von der öffentlichen Hand geführt wurden, ausgegliedert werden. Diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter würden in der Statistik nicht mehr als öffentlich Bedienstete gezählt werden, sondern der Branche Gesundheits- und Sozialwesen zugerechnet, erklärte das AMS. Folglich sei auch die Zahl der Beschäftigten und Arbeitslosen in diesem Bereich merkbar gestiegen.

Die andauernde Wirtschaftsflaute macht sich auch bei den Stellenanzeigen bemerkbar. Die von den Unternehmen an das AMS gemeldeten sofort verfügbaren offenen Stellen gingen Ende September im Vergleich zum Vorjahresmonat um 14 Prozent auf 78.677 zurück. Der ÖVP-Wirtschaftsbund erfasst in seinem Stellenmonitor alle Online-Jobportale und verzeichnete 161.455 offene Stellen in Österreich.

Arbeitnehmer- und Wirtschaftsvertreter sowie FPÖ sehen Handlungsbedarf

FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch forderte von der ÖVP/SPÖ/NEOS-Regierung in einer Aussendung, "die massiven Probleme am österreichischen Arbeitsmarkt" zu lösen. WKÖ-Generalsekretär Jochen Danninger sieht "derzeit Licht und Schatten am Arbeitsmarkt", weil es neben schlechten Nachrichten bei den Arbeitslosen auch gute Nachrichten aufgrund der steigenden Beschäftigung von älteren Arbeitskräften gibt. IV-Generalsekretär Christoph Neumayer drängte angesichts der Arbeitsmarkt- und Konjunkturlage erneut auf "eine ernsthafte Umsetzung" von Bürokratieabbau und Strukturreformen. Für Wirtschaftsbund-Generalsekretär und ÖVP-Wirtschaftssprecher Kurt Egger untergräbt "Sozialleistungsmissbrauch" durch Arbeitnehmer den heimischen Arbeitsmarkt.

ÖGB-Bundesgeschäftsführerin Helene Schuberth kritisierte hingegen das "Zwischenparken" von Arbeitskräften beim AMS durch Unternehmen als "Sozialbetrug". AK-Präsidentin Renate Anderl plädierte erneut für eine Erhöhung der Arbeitslosengeld-Nettoersatzrate und der Familienzuschläge, um Arbeitssuchende besser abzusichern. Vida-Gewerkschaftschef Roman Hebenstreit forderte für Branchen mit Arbeitskräftemangel, "die sich weigern, die Löhne ihrer Beschäftigten über der Inflation anzuheben", eine Streichung von der Mangelberufsliste.

(APA/Red)

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