Bund und Ländern beraten zu Reform der Sozialhilfe

Die Änderungen unter dem Namen "Sozialhilfe NEU" wurden im Regierungsprogramm bereits grob umrissen, jedoch sind die Pläne bisher nicht wesentlich weiterentwickelt worden. Bei der Sitzung am Donnerstag ist unter anderem auch die Diskussion verfassungsrechtlicher Aspekte vorgesehen. Bereits im Vorfeld des Treffens traten jedoch bei dieser Frage Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Dreierkoalition zutage.
"Sozialhilfe NEU": Unstimmigkeiten um "Integrationsphase"
In einer von Schumann in Auftrag gegebenen rechtlichen Stellungnahme des Verfassungsdiensts des Bundeskanzleramtes wird laut "Presse" angezweifelt, dass es verfassungsrechtlich zulässig ist, Schutzberechtigten pauschal niedrigere Leistungen zu gewähren. Aus Gleichbehandlungsgründen müsste die geplante "Integrationsphase" daher nicht nur für Zuwanderer, sondern für alle Anwärter gelten (auch für österreichische Staatsbürger) gelten - so hatte auch das Sozialministerium bereits vor zwei Wochen argumentiert und damit für Irritationen bei den Koalitionspartnern ÖVP und NEOS gesorgt.
Die für Integration zuständige Ministerin Claudia Plakolm (ÖVP) verwies dagegen auf die ab Mitte 2026 geltende sogenannte Statusverordnung der EU. Demnach sei es rechtlich sehr wohl möglich, Sozialleistungen an Integrationsmaßnahmen zu knüpfen. "Es wird sicher keine Integrationsphase für Österreicher geben. Das ist und bleibt absurd", erklärte Plakolm auch am Mittwochabend neuerlich in einer der APA übermittelten Stellungnahme.
Am Donnerstag untermauerten auch die NEOS erneut ihre diesbezügliche Haltung: "Für uns NEOS ist und bleibt klar, dass Österreicherinnen und Österreicher keine Integrationsphase in der neuen Sozialhilfe absolvieren müssen", erklärte NEOS-Sozialsprecher Johannes Gasser in einem Statement gegenüber der APA. "Vielmehr stellen wir sicher, dass die schnellstmögliche Integration von Zugewanderten in den Arbeitsmarkt im Vordergrund steht." Bei der Ausgestaltung gelte es, alle verfassungsrechtlichen Möglichkeiten zu bedenken und zu nutzen.
Kritik der Grünen am Koalitions-Zwist zur "Sozialhilfe NEU"
Für Kritik sorgten die innerkoalitionären Unstimmigkeiten bei den Grünen. "Das Regierungschaos und Verwirrspiel rund um die Sozialhilfereform geht munter weiter", meinte der Grüne Sozialsprecher Markus Koza am Donnerstag in einer Aussendung. Statt ständig neue Ankündigungen und unausgegorene Ideen zu produzieren, solle die Regierung mit den Sozialorganisationen ernsthaft an einer Reform arbeiten, forderte er. Ihre Forderung nach einer Einbindung in den Reformprozess wiederholten auch Sozialorganisationen. Die Volkshilfe warnte vor einem Wettbewerb nach unten und forderte "armutsfeste Mindestsätze". Auch die Armutskonferenz warnte davor, "das letzte soziale Netz kaputt zu machen".
"Sozialhilfe NEU": Auch "Staffelung" der Sozialhilfe für Kinder am Tapet
Gehen dürfte es bei dem Treffen am Donnerstag auch um die Frage einer angepeilten "Staffelung" der Sozialhilfe-Beiträge nach Kinderanzahl (weniger Pro-Kopf-Leistung ab einer bestimmten Kinderanzahl). Eine entsprechende bundesweite Regelung war im Dezember 2019 vom Verfassungsgerichtshof gekippt worden, da diese als Schlechterstellung von Mehrkindfamilien und damit als verfassungswidrig bewertet worden war.
Einzelne Bundesländer haben hier mittlerweile bereits eigene, teils strengere Regeln eingeführt oder in Planung. Aus der Steiermark sagte dazu Soziallandesrat Hannes Amesbauer (FPÖ) am Donnerstag in einer Aussendung, sein Land verschließe sich nicht grundsätzlich einer bundesweiten Vereinheitlichung der Sozialhilfe. "Aber es muss von vornherein klargestellt werden, dass das (ab Frühjahr 2026 geplante, Anm.) steirische Modell der Maßstab sein muss und keinesfalls eine Anpassung an Wiener Verhältnisse erfolgen kann." Eine Absage erteilte er "Absurditäten" wie einer "Integrationsphase" auch für Österreicher.
Für den steirischen Soziallandesrat Christian Dörfel (ÖVP) könnte Oberösterreich, wo es bereits ein degressives Modell bei der Sozialhilfe für Kinder gibt, Vorbild auch für den Bund sein. "Es ist zwar jedes Kind gleich viel wert, aber es kostet nicht gleich viel", sagte er im Ö1-"Mittagsjournal". Aus Tirol, wo es ab kommendem Jahr eine Staffelung geben soll, hieß es seitens der roten Soziallandesrätin Eva Pawlata, natürlich sei jedes Kind gleich viel wert, "das ist ganz klar". "Aber man darf ja auch nicht vergessen, dass wenn eine Familie mehrere Kinder hat, die Gelder ja in einen Topf gehen", sagte sie im Ö1-Radio. Wichtig sei, dass regionale Unterschiede in Zukunft weiterhin berücksichtigt werden, etwa bei den Wohnkosten.
"Sozialhilfe NEU": Deutscherwerb bei Zuwanderern im Fokus
Neben der Vereinheitlichung der derzeit je nach Bundesland unterschiedlichen Regelungen sind auch strengere Regeln vorgesehen, die vor allem auf Zuwanderer abzielen. Geplant ist etwa eine Wartefrist mit beschränkten Leistungen (die oben erwähnte "Integrationsphase"). Statt der vollen Höhe der Sozialhilfe soll es während dieser Phase nur eine "Integrationsbeihilfe" geben. Verknüpft werden sollen Leistungen an den Deutscherwerb, die Arbeitsvermittlung und die Wertevermittlung. Auch Sanktionsmöglichkeiten schweben der Regierung vor - die Ausgestaltung ist noch offen.
Während die ÖVP ihren Fokus stark auf restriktivere Regelungen legt, betont die SPÖ stets die Notwendigkeit, Kinder aus der Sozialhilfelogik herauszunehmen - ohne das bisher näher auszuführen. Gesprochen wird von einer "Zukunftssicherung für Kinder". Neben Geldleistungen soll vor allem der Schwerpunkt auf Sachleistungen gelegt werden.
Eine Erklärung vor der Presse ist laut derzeitigem Stand rund um die Sitzung nicht geplant. Die Dauer des Auftakttreffens wurde dem Vernehmen nach mit rund einer Stunde angesetzt, wesentliche Ergebnisse sind bei dieser Runde keine zu erwarten.
(APA/Red)