"Ein moderner Polier muss auf der Baustelle wie ein General wirken"
Vladimir Halas hat eigentlich mehr als einen Job. "Ein Polier ist die Schnittstelle zwischen dem Bauleiter und seinem Team, Psychologe, Politiker, Kindergärtner, Händchenhalter und, wenn es sein muss, Lehrer für die ganz Jungen", erklärt der 34-Jährige. Trotz all den Tätigkeitsbereichen empfängt er VIENNA.at zum Interview für Immoinsights.
VIENNA.at: Wann ist ein Polier erfolgreich?
Halas: Für jeden Polier ist es sehr wichtig, dass die draußen arbeitenden Kolleginnen und Kollegen auch wieder gesund nach Hause kommen. Es ist für uns und die Firma auch wichtig, dass wir die Baustelle wirtschaftlich und qualitativ im geschuldeten Rahmen abliefern. Und natürlich ist eine saubere und sichere Baustelle die Visitenkarte eines jeden Poliers und der Firma. Denn sie ist das, was die Außenwelt sieht.
Welche Eigenschaften sollte ein Polier mitbringen?
Wir befinden uns in der Zeit des modernen Poliers. Ein moderner Polier muss auf der Baustelle wie ein General wirken, einen Überblick darüber haben, was in der Zukunft, also die nächsten Tage und Wochen, passiert, gut vorbereitet sein, zu gegebenem Zeitpunkt Detailwissen einsetzen und komplizierte Prozesse verstehen sowie umsetzen. Warum modern? Wir befinden uns in einem digitalen Zeitalter, was manchmal eine gewisse Herausforderung darstellen kann. Ein Polier muss ein Koordinator sein. Er muss durch seine Erfahrung sehr oft aus dem Bauchgefühl heraus Sachen entscheiden und umsetzen. Wichtig sind auch das Bilden und Zusammenschweißen von Teams. Ein Polier ist die Schnittstelle zwischen dem Bauleiter und seinem Team, Psychologe, Politiker, Kindergärtner, Händchenhalter und, wenn es sein muss, Lehrer für die ganz Jungen.
Wie sind Sie Polier geworden?
Das war Schicksal. Ich habe nicht geplant, Polier zu werden. Eigentlich bin ich über das AMS zu meinem Beruf Maurer und Schalungsbauer gekommen. Damals war ich frisch in Österreich integriert und das war meine einzige Möglichkeit. Ich habe gesehen, dass man dort gut verdienen kann. In weiterer Folge hat es sich einfach ergeben. Als ich die Polierschule besuchte, hatte die HABAU gegenüber von dieser ein Projekt. Da habe ich meinen Mentor kennengelernt, der mir das Ganze schmackhaft gemacht hat.
Was sind die schönen und weniger schönen Seiten des Jobs?
Die schönen Seiten sind die Vielfalt an Aufgaben, Menschen, die man kennenlernt, dass kein Tag wie der andere ist, man immer etwas Neues sieht, bei Innovationen mitmachen und an verschiedenen Projekten teilnehmen darf. Eines davon sind zum Beispiel die Lehrlinge, die man ausbilden muss. Es ist schön zu sehen, wie sie sich entwickeln. Die weniger schönen Seiten sind schwer zu sagen. Natürlich gibt es Aufs und Abs. Eine Sache ist der stetig wachsende administrative Aufwand. Das ist aber auch für Qualitätssicherung, Kosten- und Terminkontrolle wesentlich. Man muss durch das digitale Zeitalter immer mehr festhalten. Und eine große Herausforderung ist der Mangel an Fachkräften. Wenn man gut ausgebildete Fachkräfte hat, ist es viel einfacher, Qualität abzuliefern.
Wie groß ist die Verantwortung eines Poliers?
Sehr groß. Es gibt immer mehr Verantwortung und Aufgaben. Das gehört aber zu diesem Job dazu. Man muss stressresistent sein. Zumindest am Anfang sind viel Stress und Turbulenzen auf mich zugekommen. Da lernt man mit der Zeit und mit den Aufgaben darüberzustehen. Man wächst mit.
Wie stark sind Poliere von Hitzewellen betroffen?
Ich bin in meiner Position nicht von Hitzewellen betroffen, also darf ich nicht darüber meckern. Natürlich gehe ich raus, aber die Leute, die wirklich draußen arbeiten, die Arbeiter und Vizepoliere, sind viel stärker betroffen. Wir versuchen, die Arbeiten so einzuteilen, dass wir z. B., wenn möglich, bei großer Hitze Arbeiten im Schatten erledigen.
Auf welche Ihrer Projekte sind Sie besonders stolz?
Auf das letzte, den Central Hub, den wir gebaut haben. Da bin ich das erste Mal offiziell als Polier angetreten, auf der Bautafel ist mein Name gestanden. Das war ein sehr großes Projekt mit viel Verantwortung, welches wir sehr gut umgesetzt haben. Und wir hatten ein sehr gutes Verhältnis mit dem Auftraggeber.
(BP/Red)