"Großer Wurf": Regierung beschließt Mietpaket

Die Bundesregierung hat sich im Ministerrat auf ein umfassendes Mietpaket verständigt. Durch ein neues "Mieten-Wertsicherungsgesetz" wird erstmals in die Preise ungeregelter Mieten eingegriffen. Wie im Regierungsprogramm angekündigt, werden die Mietpreisbremse im regulierten Bereich verlängert und die Mindestbefristungen von drei auf fünf Jahre verlängert. Vizekanzler und Wohnminister Andreas Babler (SPÖ) nannte das Paket nach dem Ministerrat am Mittwoch einen "großen Wurf".
Mietpreisbremse für ungeregelten Bereich soll 2026 kommen
Die Mietpreisbremse für den ungeregelten Bereich soll mit Jänner 2026 in Kraft treten. Konkret aussehen soll sie so: Wenn die Inflation zwischen zwei Jahren mehr als drei Prozent beträgt, darf der über drei Prozent hinausgehende Teil der Inflation nur zur Hälfte an die Mieterinnen und Mieter von Wohnungen weitergegeben werden. Ein Beispiel: Beträgt die Inflation sechs Prozent, so darf die Miete maximal um 4,5 Prozent steigen. "Dadurch werden weitere Millionen Mieter vor einer Preisexplosion bei hoher Inflation geschützt", sagte Babler. Mit Ausnahme von Ein- und Zweifamilienhäusern soll das Gesetz für alle neuen und bestehenden Mietverträge gelten.
Eine Wertanpassung darf künftig außerdem nur noch einmal pro Jahr erfolgen und das frühestens am 1. April. Dadurch soll verhindert werden, dass Menschen gleich mehrmals jährlich mit Mietsteigerungen zu kämpfen haben. Für die Wohnungsmiete gilt das Gesetz - im Unterschied zu Geschäftsmieten, wo es die Möglichkeit geben wird, etwas anderes zu vereinbaren - zwingend.
Verlängert werden außerdem die Preisgrenzen für den geregelten Bereich. 2026 dürfen die rund 600.000 Richtwert- und Kategoriemieten sowie alle Mieten auf Basis des "angemessenen Mietzinses" - also bei allen Wohnungen im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes - nur um maximal ein Prozent steigen, 2027 um maximal zwei Prozent.
Babler: "Lassen die Bremse stark angezogen"
Ab 2028 gelten im geregelten Bereich dieselben Bedingungen wie im ungeregelten: Liegt die Inflation über drei Prozent, dürfen Vermieterinnen und Vermieter die Mieten nur um die Hälfte des darüber liegenden Inflationswerts erhöhen. Davon ausgenommen sind nicht gewinnorientierte gemeinnützige Bauvereinigungen. "Wir lassen die Bremse stark angezogen", so der Vizekanzler, der nicht mit Lob an der Arbeit der Regierung sparte: "Ja, wir starten mit diesem großen Paket gegen die Teuerung in die politische Herbstarbeit".
Für alle ab 1. November 2026 geschlossenen oder erneuerten Mietverträge wird die Mindestbefristung auf fünf Jahre verlängert. "Das gilt aber nicht für kleine, private Vermieter. Also all jene Personen, die weniger als fünf Wohnungen vermieten", stellte ÖVP-Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer klar.
"Ganz wichtig" ist diese Ausnahme der strengeren Regelung auch für Deregulierungs-Staatssekretär Josef Schellhorn (NEOS). "Was nützt eine leistbare Wohnung, wenn es gar keine Anreize gibt, dass sie auf den Markt kommt?" fragte er. Wichtig seien künftig auch Entbürokratisierungen für Häusersanierungen am Land. "In dörflichen Strukturen stehen Häuser leer, während im Speckgürtel gebaut wird", kritisierte er und kündigte "Entbürokratisierungsschritte" noch diesen Herbst an. Sowohl Hattmannsdorfer als auch Schellhorn betonten, dass das neue Gesetz "kein Deckel, sondern eine Bremse" sei.
OGH-Urteil sorgte für Diskussionsstoff
Für Diskussionsstoff sorgte im Sommer ein OGH-Urteil, wonach Wertsicherungsklauseln in langfristigen Mietverträgen grundsätzlich zulässig sind. Nachdem mit der Mietpreisbremse eine klare gesetzliche Regelung vorgegeben werde, wie Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen in Zukunft ausgestaltet sein müssen, falle die Unsicherheit, die durch rechtswidrige Klauseln in der Vergangenheit entstanden sei, weg, hieß es in einer Medieninfo am Mittwoch. Um hier einen klaren Trennstrich zu ziehen, habe sich die Bundesregierung darauf geeinigt, dass zu viel bezahlte Mieten von Mieterinnen und Mietern ab in Kraft treten des Gesetzes nur noch rückwirkend fünf Jahre zurückgefordert werden können, anstatt wie bisher bis zu 30 Jahre rückwirkend.
Im Rahmen einer Expertinnen- und Expertengruppe soll weiters ein Vorschlag erarbeitet werden, wie die Kosten für die thermische Sanierung und Dekarbonisierung des Gebäudebestands fair und sozial ausgewogen verteilt werden können. Dabei soll auch ein Regelungsmechanismus erarbeitet werden, durch den die Durchführung solcher Maßnahmen wirtschaftlich attraktiver wird als deren Unterlassung. Im ersten Halbjahr 2026 soll eine entsprechende Vorlage vorliegen. Dadurch soll die ökologische Sanierung des Altbestandes vorangetrieben werden.
Mietpaket stößt auf positive Resonanz
Das von der Regierung verkündete Mietpaket, das nun auch in die freien Mieten eingreift, findet bei Experten positive Resonanz. Für den Immobilienmarktexperten Wolfgang Amann sei der Mechanismus gut "insbesondere wenn für die Konsumenten klar ist, er gilt für alle Mietverhältnisse." Auch die gewählte Höhe der Mietpreisbremse sei "eine ausgewogene Lösung", sagte Amann im "Ö1-Mittagsjournal" des ORF-Radio. Die Reaktionen aus Politik und Wirtschaft fielen indessen gemischt aus.
Wie die Regierung heute verkündet hat, soll die Mietpreisbremse für den ungeregelten Bereich mit Jänner 2026 in Kraft treten. Konkret aussehen soll sie so: Wenn die Inflation zwischen zwei Jahren mehr als drei Prozent beträgt, darf der über drei Prozent hinausgehende Teil der Inflation nur zur Hälfte an die Mieterinnen und Mieter von Wohnungen weitergegeben werden. Eine Wertanpassung darf künftig außerdem nur noch einmal pro Jahr erfolgen und das frühestens am 1. April. Im geregelten Bereich wurde die Mietpreisbremse verlängert.
Dass die neue Regelung oft schlagend wird, glaubt Amann aber nicht. "Ich denke, es ist davon auszugehen, dass Inflationsraten deutlich über drei Prozent relativ selten vorkommen werden". Das Ziel der Regelung sei eher, Ausreißer zu glätten und große Sprünge wie in den Jahren 2022 und 2023 künftig zu vermeiden. Konsumentinnen und Konsumenten sollte auch vermittelt werden, dass die Mieten nicht jedes Jahr nur gedämpft steigen werden, sondern dass sich in typischen Jahren mit einer Inflation bis zu drei Prozent gar nichts tun wird, so Amann.
"Definitiv zu wenige Baubewilligungen"
Zur generellen Verfassung des Immobilienmarktes sagte Amann, es gebe "derzeit definitiv zu wenige Baubewilligungen", so Amann. Vor allem im gewerblichen Bereich tue sich nicht viel. Das liege einerseits an zaghaften Finanzierungen durch die Banken und andererseits an der Stimmungslage in der Bevölkerung. Die Kaufkraft der Menschen sei gestiegen, das Geld werde aber nicht für große Investitionen ausgegeben, sondern fließe vor allem in Gastronomie, Tourismus oder die Sparquote.
"Es ist insgesamt eine Stimmung der Unsicherheit." Das sei schädlich, vor allem wenn junge Menschen das Gefühl hätten, sich ohnehin keine Immobilie leisten zu können, obwohl die Preise in den vergangenen Jahren stabil geblieben bzw. bei gebrauchten Immobilien sogar leicht rückläufig gewesen seien. "Im Vergleich zur Kaufkraft der Menschen sind Immobilien deutlich günstiger geworden", sagte Amann.
Gemische Reaktionen zu Wohnpaket
Die Reaktionen auf das Wohnpaket fielen sehr unterschiedlich aus. Dem gewerkschaftsnahen Momentum Institut geht die angekündigte Mietpreisbremse nicht weit genug und plädiert dafür, die Indexsteigerungen dauerhaft bei maximal zwei Prozent jährlich zu begrenzen. Dagegen sorgt sich die wirtschaftsliberale Agenda Austria eher um die Vermieter. "Vermieter können sich heute nicht für Jahrzehnte an einen Vertrag binden, weil sie nicht wissen, um wie viel die Mietpreisbremse ihre laufenden Einnahmen in den nächsten 30 Jahren real entwerten wird", so die Agenda Austria.
"Kniefall vor der Immobilienlobby"
Von den Oppositionsparteien wurde die Mietpreisbremse indessen scharf kritisiert. Die Grünen-Wohnbausprecherin Nina Tomaselli sieht einen "Kniefall vor der Immobilienlobby". "Angesichts der Tatsache, dass die Inflation in den letzten 25 Jahren nur viermal über drei Prozent gestiegen ist, ist diese angebliche 'Bremse' schlichtweg ein billiger PR-Gag", so Tomaselli laut einer Aussendung. Auch die FPÖ zeigte sich unzufrieden. "Diese Mietpreisbremse wird weder im Bereich von Wiener Wohnen für Leistbarkeit sorgen noch die Entwicklung der freien Mieten wirklich drosseln", so FPÖ-Bautensprecher Michael Oberlechner.
Für die Vereinigung Österreichischer Projektentwickler (VÖPE) ist die Bremse "defekt". "Die Auswirkung der neuen Regel für Mieterinnen und Mieter ist praktisch nicht vorhanden, der wirtschaftliche Vertrauensschaden in die Schaffung von leistbarem Wohnraum jedoch enorm," schreibt die VÖPE. Zudem werde die Komplexität des Mietrechts erhöht. Auch der Österreichische Verband der Immobilienwirtschaft (ÖVI) hieß den Eingriff in die Wertsicherung von Mieten nicht gut. Private Vermieter würden so zu Unrecht für die Inflation verantwortlich gemacht.
Positive Wortmeldungen gab es dagegen von der Arge Eigenheim und der Mietervereinigung (MVÖ). "Besonders wichtig ist, dass WGG-Mieten (Mieten nach Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz) von weiteren Deckelungen ausgenommen bleiben", schreibt die Arge Eigenheim. Damit werde anerkannt, dass Gemeinnützige bereits günstige Mieten anbieten würden. Auch die Verlängerung der Mindestbefristung auf fünf Jahre sei erfreulich. "Das vorgestellte Paket wird nun erstmals auch hunderttausenden Haushalten im ungeregelten Bereich mehr Sicherheit bieten", sagte zudem MVÖ-Präsident Georg Niedermühlbichler. Die Arbeiterkammer Wien sieht in der Bremse ebenfalls einen "wichtigen Schritt für Mieterinnen und Mieter im Kampf gegen die steigenden Lebenshaltungskosten."
(APA/Red)