Pensionen: Nur bis 2.500 Euro wird Inflation voll abgegolten

Bei Bezügen darüber gibt es einen Fixbetrag von 67,50 Euro. Im Schnitt wird die Anpassung so 2,25 Prozent betragen. Die Seniorenvertreter haben diesen Koalitionskompromiss schon im Vorfeld abgelehnt. Sie wollten eine Inflationsabgeltung für alle Ruhensbezüge. Froh über diese soziale Staffelung zeigten sich neben der Arbeiterkammer und dem ÖGB auch die Grünen. Dagegen sind hingegen Fiskalrats-Chef Christoph Badelt sowie der Ex-Chef der Alterssicherungskommission Walter Pöltner. Massive Kritik kam von FPÖ-Chef Herbert Kickl.
Mit der vollen Inflationsanpassung für niedrige Pensionen und einem Fixbetrag für jene darüber seien "die wesentlichsten Forderungen der Grünen umgesetzt" worden, kommentierte der Grüne Arbeits- und Sozialsprecher Markus Koza. Bezieher kleiner und mittlerer Pensionen - mehrheitlich Frauen - hätten bereits einen großen Beitrag zur Budgetkonsolidierung leisten müssen: "Jene Menschen hätten weitere Kürzungen besonders schmerzhaft getroffen. (...) Das war das Mindeste - und eigentlich auch Selbstverständliche - was von dieser Regierung erwartet werden musste." Mit einem Beitrag der "starken Schultern" zur Budgetkonsolidierung hätten aber auch diese Sparmaßnahmen nichts zu tun, meinte Koza. "Die von (SPÖ-Vizekanzler Andreas, Anm.) Babler versprochenen Beiträge von Millionenerben und Digitalkonzernen bleiben weiterhin aus."
Kickl sieht "Sündenfall"
FPÖ-Chef Herbert Kickl sieht in der von der Bundesregierung geplanten Pensionsanpassung dagegen einen "Sündenfall". Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) habe gemeinsam mit der "Verliererampel" in einem "dreisten Akt der Schamlosigkeit" entschieden, die Pensionen zu kürzen, statt in anderen Bereichen wie etwa dem Asylbereich zu sparen. "Diejenigen, die den Wohlstand erarbeitet haben, werden von denen, die den Wohlstand zerstört haben, bestraft", sagte Kickl bei einer Pressekonferenz nach der Klausur des freiheitlichen Parlamentsklubs im Stift St. Lambrecht in der Steiermark. Dabei habe man die Pensionisten längst durch die Anhebung ihrer Krankenversicherungsbeiträge "zur Kasse gebeten", so Kickl: "Allein damit leisten die Pensionisten einen größeren Beitrag zur Budgetkonsolidierung als die Banken, die uns noch was schulden."
Zudem sei die gestaffelte Pensionsanpassung ein weiterer "Schlag in das Gesicht des Mittelstandes". Denn die höheren Pensionen, die nun mit einem "Pauschalbetrag abgespeist werden", seien die "Leistungsträger, die mehr Pensionsversicherungsbeiträge gezahlt haben mit dem Versprechen, dass sie später mehr Pensionen bekommen", kritisierte der FPÖ-Chef: "Das ist ein ganz, ganz schlechtes psychologisches Signal."
Kritik auch von burgenländischer SPÖ
Kritik an den Plänen kommt von der SPÖ Burgenland. Klubobmann Roland Fürst erklärte in einer Aussendung: "Es ist schlichtweg ungerecht, dass nicht allen Pensionistinnen und Pensionisten die Teuerung voll abgegolten wird." Über "Luxuspensionen" hätte man reden können, "aber nicht wenn es um jene geht, die 30, 40 oder mehr Jahre am Bau, in der Gesundheit und Pflege oder in anderen Bereichen hart gearbeitet und auch viel für die Pension einbezahlt haben", so Fürst. Er meinte weiters, dass das von der ÖVP genannte Ziel von 2 Prozent bei der Pensionsanpassung "einen noch viel drastischeren Einschnitt bedeutet hätte".
Erhöhung für AK vertretbar, IV: "richtiger Schritt"
Angesichts der budgetären Lage beurteilt Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl die Pensionserhöhung als vertretbar. ""Der Großteil der Pensionist:innen bekommt die volle Erhöhung von 2,7 Prozent, das ist gut, das ist vor allem für die Frauen gut." "Viel Luft nach oben" ortet hingegen die Bundespensionist:innenvorsitzende des ÖGB, Monika Kemperle. Durch die Staffelung seien zwar jene Personen mit niedrigen Pensionen nicht zusätzlich belastet worden. "Zufrieden sind wir aber noch lange nicht. Eine generelle Anpassung unter der Inflationsrate wäre für Pensionistinnen und Pensionisten ein Schlag ins Gesicht gewesen."
Für die Industriellenvereinigung ist die durchschnittliche Anhebung der Pensionen unter dem Anpassungsfaktor von 2,7 Prozent ein richtiger Schritt. Zudem brauche es weitere strukturelle Reformen, dazu gehören "selbstverständlich die Diskussion über das gesetzliche Antrittsalter und die Einschränkung von Frühpensionen", heißt es in einer Aussendung.
Sozialministerin Korinna Schumann (SPÖ) betonte, dass 71 Prozent der Pensionisten die Teuerung voll abgegolten werde. Daher sieht sie eine "faire" Lösung. Dass man mit den Pensionistenvertretern zu keiner einvernehmlichen Lösung gekommen war, bedauert die Ressortchefin: "Es tut mir leid, dass wir die Wünsche nicht erfüllen können", verwies Schumann auf die schwierige budgetäre Situation. Es habe aber ein wertschätzender Austausch stattgefunden. An ein dauerhaftes Zerwürfnis bezüglich Verhandlungen in anderen Bereichen glaubt sie nicht.
Signal für Lohnverhandlungen
ÖVP-Klubobmann August Wöginger sieht einen gerechten Abschluss. Er verwies darauf, dass trotz des Sockelbetrags ein Pensionist mit 3.000 Euro in absoluten Zahlen noch immer mehr bekomme als einer mit 2.000 und sieht daher die Staffelung als gerechtfertigt an. Von einem direkten Fingerzeig in Richtung Beamten-Verhandlungen wollte Wöginger auf Anfrage nicht sprechen. Er glaube aber, dass man angesichts der Gesamtsituation einen maßvollen Umgang auch in Richtung künftiger Abschlüsse gezeigt habe.
Sehen lassen kann sich der Pakt für NEOS-Sozialsprecher Johannes Gasser. Er unterstrich, dass über die Legislaturperiode hinweg durch den geringeren Abschluss 1,4 Milliarden Euro für die Budget-Entlastung gewonnen würden. Heuer sollen 350 Millionen an Kosten weniger anfallen als dies bei einer vollen Inflationsabgeltung der Fall gewesen wäre. Gesamt kostet die Anpassung für 2026 aber noch immer 1,73 Milliarden Euro. Für die Zukunft will Gasser, dass das Gesamtpensionseinkommen als Grundlage für die Anpassung dient, also unterschiedliche Bezüge zusammengezählt werden.
Sparstift bei Luxuspensionen
Damit könnte der Sparstift bei Luxuspensionen angesetzt werden. Für eine Umsetzung, die auch Sonderpensionen der Länder umfasst, wäre hier eine Verfassungsregelung notwendig. Gasser sieht da die Opposition mit gefordert. Worum es konkret geht: Verfügt jemand über eine Pension von 3.000 Euro, wird die kommendes Jahr um den Fixbetrag erhöht. Erhält die Person jedoch noch eine zweite niedrigere Pension (etwa eine Witwenpension oder aus einer Nebenerwerbslandschaft), wird bei dieser die Teuerung voll abgegolten. Würde man die beiden zusammenzählen, würde der gesamte Bezug nur um den Fixbetrag angehoben.
Eine spezielle Begründung, warum heuer gerade bei 2.500 Euro die Grenze eingezogen wurde, nannten die Koalitionsverhandler nicht. Wöginger betonte aber, dass die Grenze sowohl über der Median- als auch der Durchschnittspension (1.704 bzw. 1.840 Euro gesamt 2.297 bzw. 2.238 Euro bei Männern) liege.
Nicht einverstanden mit der am Freitag präsentierten Lösung sind die Seniorenvertreter, das haben sie schon tags zuvor klar gemacht. Die Präsidentin des SPÖ-nahen Pensionistenverbandes, Birgit Gerstorfer, sprach nach der Präsentation am Freitag zwar davon, "das Schlimmste verhindert" zu haben. Die 2,7 Prozent bis 2.500 Euro seien zumindest ein "Teilerfolg". An Erhöhungen unter dem gesetzlichen Anpassungsfaktor dürfe man sich aber nicht gewöhnen: "Wenn die Regierung glaubt, sie kann nächstes Jahr dasselbe noch einmal probieren, dann muss sie damit rechnen, dass zehntausende Pensionist*innen in ganz Österreich auf die Straße gehen", so Gerstorfer.
Seniorenbund-Obfrau Ingrid Korosec (ÖVP) meinte, dass ohne den massiven Druck der Pensionistenvertreter das Ergebnis noch deutlich schlechter ausgefallen wäre. Die erneute Staffelung der Anpassung widerspreche jedoch dem Versicherungsprinzip und höhle es zunehmend aus: "Wer ein Leben lang mehr eingezahlt hat, soll in der Pension nicht benachteiligt werden." Kritik übt die Seniorenbund-Chefin auch am Umgang mit den Interessenvertretungen. Man sei erst in letzter Sekunde eingebunden worden.
Pensionen: Soziale Staffelung für Badelt und Pöltner "nicht sozial"
Die Bundesregierung hat sich auf die Pensionsanpassung für das kommende Jahr geeinigt. Nur Pensionen bis 2.500 Euro wird die Inflation voll abgegolten, bei Bezügen darüber gibt es einen Fixbetrag von 67,50 Euro. Von dieser sozialen Staffelung müsse man wegkommen, sagte Fiskalrats-Präsident Christoph Badelt im Ö1-"Morgenjournal". Der Ex-Chef der Alterssicherungskommission Walter Pöltner nannte sie gar "populistisch" und "nicht sozial".
"Es wird immer übersehen, dass die Pensionen keine Sozialleistung, sondern eine Versicherungsleistung sind", sagte Pöltner im Gespräch mit den "Salzburger Nachrichten" (Freitag-Ausgabe). Die, die viel eingezahlt haben, bekommen eine höhere Pension - jene, die wenig eingezahlt haben, bekommen weniger. "Wenn man also denen, die viel eingezahlt haben, weniger Erhöhung gibt als denen, die nichts oder wenig eingezahlt haben, dann widerspricht das eindeutig dem Versicherungsprinzip. Und das ist ungerecht."
Ähnlich argumentierte auch Badelt. Jene, die mehr eingezahlt haben, würden durch die Staffelung "bestraft". Im konkreten Fall, Stichwort Budgetsanierung, müsse zwar auch an "kleinen Rädern" gedreht werden, weshalb eine Staffelung schon vernünftig sei, langfristig solle man aber davon wegkommen. Für den Fiskalrats-Präsidenten ist eine Erhöhung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters "ein absolutes Muss".
(APA/Red)