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Starker Anstieg von rechtsextremen Straftaten in Österreich

Erneuter Anstieg der rechtsextremen Straftaten in Österreich.
Erneuter Anstieg der rechtsextremen Straftaten in Österreich. ©APA/ROLAND SCHLAGER
Im Jahr 2025 ist die Anzahl der rechtsextremen Straftaten um über 40 Prozent gestiegen.
Hausdurchsuchung bei Neonazi Küssel
Antisemitismus-Vorfälle stark gestiegen

Im ersten Halbjahr 2025 wurden 787 Straftaten verzeichnet, was einen Anstieg von 41,5 Prozent im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres darstellt (556 im ersten Halbjahr, 1.486 im Jahr 2024), obwohl die Zahlen bereits 2024 auf einem Rekordhoch waren. Besonders bemerkenswert: 91 Prozent der Täter sind männlich.

Wien, Ober- und Niederösterreich bei rechtsextreme Straftaten an der Spitze

Von den 787 Straftaten werden in der Anfragebeantwortung 21 als antisemitisch und elf als islamophob ausgewiesen. Vor allem letztere sind deutlich mehr als im Vorjahr (drei). Besonders deutlich gestiegen sind auch die Anzeigen nach dem Verbotsgesetz, nämlich von 577 auf 785. Im Bundesländervergleich liegt Wien an der Spitze (236), gefolgt von Oberösterreich (171) und Niederösterreich (103). Aus der Anfragebeantwortung ist ersichtlich, dass 27 Prozent der rechtsextremen Straftaten im Internet stattfinden (212). "Die aktuellen Zahlen unterstreichen einmal mehr die besorgniserregende Entwicklung der letzten Jahre. Wir haben ein Problem mit massiv steigendem Rechtsextremismus - online und auf der Straße. Besonders besorgniserregend ist, dass junge Menschen immer öfter Zielgruppe rechtsextremer Agitation sind", sagte Anfragestellerin und SPÖ-Sprecherin für Erinnerungskultur Sabine Schatz gegenüber der APA.

Zahl der Tathandlungen im ersten Halbjahr 2024 und 2025.

Aktionsplan gegen rechtsextreme Straftaten soll im Herbst kommen

Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, brauche es ein umfassendes Maßnahmenpaket, mit etwa Präventionsprogrammen in Schulen und Jugendeinrichtungen, verstärkter Unterstützung für Opfer, Strategien zur Bekämpfung von Hass im Netz sowie ein Aussteigerprogramm. "Nur mit einem entschlossenen und koordinierten Vorgehen kann es uns gelingen, den Nährboden für Rechtsextremismus auszutrocknen", so Schatz. An einem Nationalen Aktionsplan gegen Rechtsextremismus, dessen Umsetzung sich die Bundesregierung im Regierungsprogramm vorgenommen hatte, werde derzeit "intensiv gearbeitet". Im Sommer zeigte sich SPÖ-Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim zuversichtlich, dass das Innenministerium diesen im Herbst vorlegen werde. Auch der dort ansässige SPÖ-Staatssekretär Jörg Leichtfried ging von einer baldigen Einigung aus.

DÖW fordert mehr Tempo bei Kampf gegen rechtsextreme Straftaten

Die Forderung, beim NAP auf die Tube zu drücken, äußerte der Leiter des Dokumentationsarchiv Österreichischer Widerstand, Andreas Kranebitter, bereits im Sommer im Interview mit der APA und erneuerte sie angesichts der heute veröffentlichten Zahlen. "Es ist höchste Zeit, bei einem der vordringlichsten Probleme unserer Gesellschaft zu handeln. (...) Wir dürfen uns an das Steigen rechtsextremer Tathandlungen nicht gewöhnen. Jede gesetzte Tathandlung schadet Menschen, jede einzelne ist eine zu viel", sagte Kranebitter in einer Aussendung. Auch der langfristige Vergleich zeige problematische Tendenzen: 2005 lag die Zahl der rechtsextremen Straftaten noch bei 205, so der Leiter des DÖW, das jährlich den Rechtsextremismusbericht herausgibt.

Karner: "Gehen konsequent gegen Extremismus vor"

Karner selbst interpretierte die Zahlen als Folge konsequenter Polizeiarbeit: "Die aktuellen Zahlen zeigen einmal mehr: Polizei und Verfassungsschutz gehen konsequent gegen jede Form von Extremismus vor. Erst vor zwei Tagen wurde ein massiver und konsequenter Schlag gegen Rechtsextreme geführt. 25 Hausdurchsuchungen mit zahlreichen Sicherstellungen waren die Folge", sagte er in einer Stellungnahme gegenüber der APA. Bei der Schwerpunktaktion am Dienstag wurde unter anderem das Haus von Neonazi Gottfried Küssel in Wien-Leopoldstadt durchsucht.

Mauthausen Komitee kritisiert Politik

Anders sieht dies das Mauthausen Komitee Österreich. Die polizeilichen Erfolge der letzten Tage dürften nicht darüber hinwegtäuschen, "dass es der Politik immer noch nicht gelungen ist einen Nationalen Aktionsplan, wie er schon von der schwarz-grünen Bundesregierung beschlossen und auch im Koalitionsabkommen der ÖVP-SPÖ-NEOS Bundesregierung vereinbart wurde, umzusetzen", heißt es in einer Aussendung. Vorsitzender Willi Mernyi meint: "Die extrem gestiegenen rechtsextremen Straftaten sind ein eindeutiges Ergebnis des Nicht-Reagierens der Politik, deswegen muss sofort ein nationaler Aktionsplan her."

Dieselbe Forderung kam von den Grünen. Besonders alarmiert zeigt sich der Grüne Rechtsextremismus-Sprecher Lukas Hammer über neue Formen rechtsextremer Gewalt, wie Hassverbrechen, bei denen Menschen gezielt über Dating-Apps in Hinterhalte gelockt und misshandelt wurden. "Diese Szene ist hochgerüstet, gewaltbereit und zunehmend gut vernetzt. Der ideologische Schulterschluss mit der FPÖ - die längst als politischer Arm der extremen Rechten fungiert - macht das Problem noch brisanter", meinte Hammer und kritisierte die "jahrelange politische Ignoranz gegenüber rechter Hetze, Radikalisierung und rechtsextremer Gewalt".

(APA/Red)

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