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Sozialhilfe-Reform: Doch keine Integrationsphase für Österreicher

Die Bundesregierung ist sich in puncto Umsetzung noch uneins.
Die Bundesregierung ist sich in puncto Umsetzung noch uneins. ©APA/HELMUT FOHRINGER
Die geplante Reform der Sozialhilfe durch die Bundesregierung sieht eine einheitliche Integrationsphase für alle Anwärter vor, während über die Details der Kinderzuschläge innerhalb der Koalition noch Uneinigkeit herrscht.
Ministerin Schumann zur Sozialhilfe
Wer bekommt wie viel?

Die Reform der Sozialhilfe ist sich nicht für eine Behandlung im Ministerrat am Mittwoch ausgegangen. SPÖ-Klubchef Philip Kucher begründete dies im Pressefoyer nach der Regierungssitzung damit, dass es sich um ein Mammutprojekt handle, das mehrere Ministerien und Länder betreffe. Man sei aber in den finalen Zügen, betonte Kanzleramtsministerin Claudia Plakolm (ÖVP). Klargestellt wurde von ihr, dass die geplante Integrationsphase nicht für Österreicher gelten werde.

Die u.a. für Integration zuständige Ressortchefin unterstrich, dass es z.B. für Asylberechtigte in den ersten drei Jahren keine Sozialhilfe geben werde, sondern ein Integrationsgeld. Dessen Höhe werde sich auch an der Bereitschaft, an den vorgegebenen Sprach-, Werte- und Orientierungskursen entsprechend mitzuwirken, bemessen. Berichte, dass es solch eine Phase auch für Österreicher geben soll, hätten nichts mit der Realität zu tun, versicherte NEOS-Klubobmann Yannick Shetty.

Integrationsbeihilfe und Deutschkurse

Davor hatte dagegen das Sozialministerium erklärt, dass die vorgesehene "Integrationsphase" nicht nur für Zuwanderer, sondern für alle Anwärter gelten soll - auch für österreichische Staatsbürger. Dies sei schon aus Gründen der Gleichbehandlung nötig, hieß es aus dem Sozialministerium zur APA.

Die Pläne der Regierung für die "Sozialhilfe NEU" wurden bereits im Regierungsprogramm grob skizziert, ohne allzu konkret zu werden. Die dort festgehaltene Einführung einer "Integrationsphase" zielt freilich dennoch auf Zuwanderer ab - vorwiegend auf Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte - und soll die Integration fördern.

Laut den im Regierungsprogramm festgehaltenen Vorhaben soll es am Beginn keine Sozialhilfe geben, sondern lediglich eine "Integrationsbeihilfe". Diese bis zu drei Jahre gehende Phase soll ein Programm für Arbeit und Deutscherwerb beinhalten.

"Klare Abstriche" für alle, die Pflichten nicht nachkommen

Bisher war stets die Rede davon, dass das dreijährige verpflichtende Integrationsprogramm mit der für Herbst angekündigten Reform der Sozialhilfe verschränkt werden soll. Betroffen sein sollten demnach Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte, Vertriebene sowie Asylwerber mit hoher Bleibewahrscheinlichkeit, hatte es geheißen. Wer beispielsweise Deutsch- oder Wertekursen unbegründet fernbleibt oder sich nicht beim AMS meldet, habe bei der Integrationsbeihilfe, die man währenddessen erhält, "mit klaren Abstrichen zu rechnen", sagte etwa Ende August Integrationsministerin Claudia Plakolm (ÖVP).

Regierung noch uneins über die Umsetzung

Das Vorhaben zur Neugestaltung der Sozialhilfe ist nach wie vor wenig konkret, auch liegen die Vorschläge in der ÖVP-SPÖ-NEOS-Koalition teils doch noch etwas auseinander. Konsens ist, dass möglichst eine Vereinheitlichung der in den Bundesländern teils unterschiedlichen Leistungen geschaffen werden soll. Shetty meinte am Mittwoch, wenn gestritten werde, dann hinter verschlossenen Türen. Auch die Vertreter der anderen beiden Koalitionspartner wollten nichts dramatisieren.

Die SPÖ plädiert für die Herausnahme der Kinder aus der Sozialhilfe und denkt an einen Umbau in Richtung einer "Kindergrundsicherung" mit einem verstärkten Fokus auf Sach- statt Geldleistungen. Auch dazu gibt es bisher weder Konsens noch detaillierte Vorschläge.

Geprüft wird derzeit vom Verfassungsdienst des Bundeskanzleramts, welche Varianten verfassungsrechtlich halten könnten.

Scharfe Kritik aus der Opposition

FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz sah die Koalition hingegen "völlig funktionsunfähig", da sie sich nicht einigen könne. Ähnlich klang Grünen-Sozialsprecher Markus Koza. Der Nicht-Beschluss zeige einmal mehr, dass diese Regierung zwar Weltmeister im Ankündigen, aber Schlusslicht bei der Umsetzung sei.

Unterschiede bei Kinderrichtsätzen in den Bundesländern

Einer der Diskussionspunkte ist etwa die Frage der Kinderzuschläge, diese sollen ebenfalls möglichst einheitlich gestaltet werden. Die ÖVP, aber auch die NEOS, peilen bundesweit eine Staffelung an: Für jedes weitere Kind soll es weniger Geldleistung geben als für das erste.

Für Kinder gelten aktuell je nach Bundesland unterschiedliche Regelungen. Im 2019 geschaffenen Sozialhilfe-Grundsatzgesetz (SH-GG) waren ursprünglich Höchstsätze für Kinder vorgesehen: Als Grundlage diente der Netto-Ausgleichszulagenrichtsatz (2025: 1.273,99 Euro). Für das erste Kind betrug der Höchstsatz laut dem damaligen Gesetz 25 Prozent der Ausgleichszulage, für das zweite Kind 15 Prozent und für das dritte und jedes weitere Kind 5 Prozent. Diese Regelung wurde im Dezember 2019 vom Verfassungsgerichtshof gekippt, da diese als Schlechterstellung von Mehrkindfamilien und damit als verfassungswidrig bewertet wurde.

Die Kinderrichtsätze werden daher aktuell von den Ländern selbst festgelegt, es gibt keine Vorgabe des Bundes mehr. Eine gleich hohe Geldleistung für jedes Kind gibt es im Burgenland, in Kärnten, Salzburg und Wien. In den anderen Bundesländern werden die Leistungen mit zunehmender Kinderanzahl niedriger, z.B. bereits ab dem zweiten Kind in Niederösterreich und Oberösterreich bzw. ab dem dritten oder vierten Kind in Tirol bzw. Vorarlberg. In Wien beträgt der Zuschlag pro Kind aktuell 326,44 Euro und damit am höchsten, in Vorarlberg mit 232,13 Euro am niedrigsten.

(APA/Red)

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