Greenpeace verfolgte Altkleiderspenden auf ihren langen Routen

Im Juni 2024 wurden 20 Kleidungsstücke mit GPS-Trackern versehen und bei diversen Anbietern gespendet. In Summe legten die Produkte fast 81.000 Kilometer zurück, doch nur drei Kleidungsstücke könnten tatsächlich weiter genutzt worden sein.
Die Recherche zeigte, dass nur ein Bruchteil der gespendeten Kleidung tatsächlich wiederverwendet wird - selbst gut erhaltene Altkleider wurden häufig vernichtet oder blieben ungenutzt in Lagerhallen liegen, resümierte Greenpeace am Mittwoch in einer Aussendung. Laut erhobener GPS-Daten landeten die 20 Teile auf drei Kontinenten in neun verschiedenen Ländern, die wiederum oftmals keine funktionierenden Abfallsysteme besitzen - dort werden sie dann weiter gelagert oder unter umweltschädlichen Bedingungen verbrannt.
Stiefelpaar verlor sich in Pakistan
Für eine Jeans und einen blauen Blazer endete die Reise indessen bereits im Container in Österreich, aus dem sie unmittelbar nach der Spende entwendet worden waren. Die weiteste Strecke absolvierte ein Paar lilafarbene Stiefel: 11.300 Kilometer waren es bis zum Zielort Pakistan, wo der Tracker dann jedoch keine Signale mehr sendete.
Auch andere Kleiderspenden legten dabei extreme Distanzen zurück: Eine schwarze Jacke landete nach Zwischenstationen in Ungarn, Slowenien, Kroatien, Malta und dem Oman nach 10.200 Kilometern ebenfalls in Pakistan, um dort in einem Stahlwerk verbrannt zu werden. Mehr als ein Drittel der 20 Kleidungsstücke landete in Afrika, drei Stück in Pakistan.
"Wer die eigene Jacke spendet, will nicht, dass sie tausende Kilometer weit reist und am Ende auf einem Müllberg in Kamerun oder in den Flammen eines Stahlwerks in Pakistan endet", kritisierte Stefan Stadler, Sprecher des Greenpeace-Investigativ-Teams. Die Regierung müsse daher den Export von Altkleidern in Drittstaaten verbieten und mit einem Anti-Fast-Fashion-Gesetz die Überproduktion stoppen helfen.
Kritik an massiver Überproduktion
Die Umweltschutzorganisation ortete die Wurzel des Problems in der massiven Überproduktion der Modeindustrie. Von der hergestellten Kleidung werde laut NGO ein Drittel nie verkauft, während Millionen Stück ungetragen in Kleiderkästen lagern. Um der wachsenden Zahl von gespendeten Kleidungsstücken Herr zu werden, wurde zudem eine verpflichtende Herstellerabgabe auf neue Kleidung gefordert, um so den Aufbau von Sortier- und Recyclinganlagen in Österreich zu finanzieren.
Eine Forderung, die der Verband Österreichischer Entsorgungsbetriebe (VOEB) unterstützt, wobei der Verband zusätzlich für verpflichtende Einsatzquoten von Recyclingfasern eintrat, "damit echte Kreislaufwirtschaft auch bei Textilien gelingt", wie es in einer Aussendung hieß. Es brauche eine Anwendung des "Verursacherprinzips", wie dies bereits bei Produzenten von Getränkeflaschen oder Elektrogeräten der Fall sei.
VOEB für "echte Kreislaufwirtschaft"
Auch das von der NGO geforderte Exportverbot für Textilien, wenn für diese keine Wiederverwendung oder stoffliche Verwertung im Ausland vorgesehen ist, ist für den VOEB eine Option. Das langfristige Ziel sei eine echte Kreislaufwirtschaft auch in der Mode- und Textilindustrie. "Es gibt bereits innovative Verfahren, die eine hochwertige Wiederverwertung von Textilien ermöglichen", so Jüly.
Kritik an der Praxis rund um Altkleidercontainer in der Bundeshauptstadt kam indes von den Wiener Grünen. "Was nach Wohltätigkeit aussieht, ist in Wahrheit oft ein profitables Geschäftsmodell mit zweifelhaftem ökologischen und sozialen Nutzen", sagte deren Sprecherin für Umwelt und Entwicklungszusammenarbeit, Tina Wirnsberger. Wien brauche ein transparentes, ökologisch sinnvolles und sozial gerechtes Altkleidersystem. Das könne nur gelingen, wenn die Stadt Wien das Management der Altkleider selbst in die Hand nehme und das System der MA48 ausbaue. Eine entsprechende schriftliche Anfrage an Stadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) werde folgen.
(APA)