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Neue Vorwürfe gegen Huber-Chef: NGO spricht von Lohnraub in Millionenhöhe

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Die Menschenrechtsorganisation Südwind und internationale Arbeitsrechtsgruppen werfen dem Vorstandsvorsitzenden der Götzner Huber Holding, Robert Ng, schwere Versäumnisse vor.

Im Rahmen einer Pressekonferenz in Bangkok forderten über 900 ehemalige Arbeiter einer thailändischen Textilfabrik Zahlungen in Millionenhöhe. Die Rede ist von ausstehenden Löhnen, Abfertigungen und Boni in Höhe von insgesamt 6,5 Millionen Euro. Die Huber Holding weist jegliche Verantwortung zurück.

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Südwind erhebt schwere Vorwürfe

Laut der österreichischen NGO Südwind und dem Worker Rights Consortium handelt es sich um einen der größten Fälle von nicht ausbezahlten Löhnen in der globalen Textilindustrie. Die betroffenen Arbeiter waren bei der Firma Body Fashion Thailand beschäftigt, die 2020 zwei Fabriken in Nakhon Sawan und Samut Prakan schloss.

Nach Angaben der NGOs seien die Beschäftigten ohne rechtmäßige Abfindung entlassen worden. Trotz mehrerer thailändischer Gerichtsurteile, die den Forderungen der ehemaligen Mitarbeiter Recht geben sollen, seien die Zahlungen bisher ausgeblieben. Der Eigentümer der inzwischen geschlossenen Firma Body Fashion ist laut Südwind der in Hongkong geborene Unternehmer Robert Ng gleichzeitig Vorstandsvorsitzender und Geschäftsführer der Huber Holding AG in Götzis.

Neue Vorwürfe gegen Huber Holding CEO Robert Ng. ©FA

Schicksale hinter den Zahlen

Im Zuge einer Pressekonferenz schildern Betroffene ihre Situation. ©WRC/Südwind
  • Prasit Koedphithak, 48 Jahre alt, berichtet, dass sie nach 22 Jahren Betriebszugehörigkeit keine Abfindung und keinen Lohn für die letzten anderthalb Monate erhalten habe. Der Schuldenstand, den sie gegenüber Robert Ng geltend macht, beträgt laut NGO 711.541 Baht (ca. 18.977 €).
  • Jaruwan Karak, 50 Jahre alt, spricht von 807.036 Baht (ca. 21.524 €), die ihr zustehen würden. Auch ihr Mann sei betroffen. "Wir hatten keine Ersparnisse, als die Fabrik schloss. Unser Haus steht jetzt kurz vor der Zwangsvollstreckung." Und weiter: "Ich habe kein Geld, also habe ich mir von allen möglichen Leuten Geld geliehen, bis mir niemand mehr etwas leihen wollte. Ich musste mich an Kredithaie wenden. Mein Sohn wurde zweimal von der Universität verwiesen, weil er seine Studiengebühren nicht bezahlt hat. Der einzige Trost, der mich aufrecht hält, ist der Gedanke an meine Kinder und meine Eltern."

Huber Holding weist Vorwürfe zurück

Die Huber Holding AG hat in mehreren Stellungnahmen betont, dass es sich bei Body Fashion Thailand um keinen Teil der Unternehmensgruppe handle. Man habe lediglich 2020 einmalig Ware über einen Lieferanten bezogen, der wiederum mit Body Fashion zusammengearbeitet habe. Das Auftragsvolumen habe laut Medienberichten rund 166.000 US-Dollar betragen.

Ein direkter Einfluss auf oder eine Verantwortung für das Management von Body Fashion bestehe demnach nicht. Auf Anfrage von Medien verweist das Unternehmen darauf, dass keine rechtliche oder wirtschaftliche Verbindung zwischen der Huber Holding und Body Fashion bestehe.

NGO fordert Konsequenzen

Für die Menschenrechtsorganisation Südwind ist diese Haltung unzureichend. Sie verweist darauf, dass Robert Ng sowohl Eigentümer von Body Fashion als auch Vorstandschef der Huber Holding sei – und daher in der Pflicht stehe, persönlich Verantwortung zu übernehmen.

"Es ist empörend, dass weder die Unternehmensleitung von Huber noch der Aufsichtsrat Konsequenzen für Herrn Ng ziehen", sagt Gertrude Klaffenböck, Sprecherin von Südwind. Auch andere globale Modemarken, die laut NGO mit Body Fashion zusammengearbeitet haben sollen – darunter Amazon, M&S, Nordstrom und Next – seien gefordert, sich zu den Vorwürfen zu äußern.

©Alexander Chitsazan

"Hauptverantwortung liegt beim Eigentümer"

Die Organisationen sehen im Fall Body Fashion ein Beispiel für strukturelle Schwächen globaler Lieferketten. Insbesondere in Ländern mit schwacher Rechtsdurchsetzung könne es laut NGO zu systematischer Ausbeutung kommen – auch durch europäische Konzerne, die sich formell von ihren Zulieferern distanzieren.

David Welsh vom Solidarity Center Thailand betont: "Dieser Fall zeigt, wie Unternehmen rechtliche Grauzonen nutzen können, um Verantwortung für Arbeitsrechtsverletzungen zu vermeiden. Die Hauptverantwortung liegt beim Eigentümer der Fabrik – gleichzeitig CEO eines international tätigen Modekonzerns."

Wie geht es weiter?

Südwind kündigte an, den Fall weiterhin öffentlich zu thematisieren und auch Druck auf europäische Marken auszuüben. Ziel sei es, einen Präzedenzfall für fairere Arbeitsbedingungen und klare Verantwortlichkeiten in globalen Lieferketten zu schaffen.

Die Huber Holding betont unterdessen, dass sie im Rahmen ihrer Compliance-Richtlinien regelmäßig ihre Lieferketten überprüfe und keinerlei Verantwortung für die Situation in Thailand trage.

(VOL.AT)

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