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Nationalrat: Social-Media-Regelung und Vorbereitungen für Aus von Amtsverschwiegenheit 

Fixierung von Social-Media-Regelung erfolgt.
Fixierung von Social-Media-Regelung erfolgt. ©APA/TANJA UNGERBÖCK (Symbolbild)
Der Nationalrat war am Mittwoch im Einsatz. Am Abend wurden eine Novelle die Social-Media-Arbeit von Politikern betreffend beschlossen sowie die legistischen Vorbereitungen für das Ende der Amtsverschwiegenheit erledigt.
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Einigung auf neue Regeln

Der Nationalrat hat Mittwochabend eine umstrittene Novelle die Social-Media-Arbeit von Politikern betreffend beschlossen. Durch diese können Mitarbeiter von Ministerbüros bei Politiker-Seiten unter Umständen Inhalte beisteuern, ohne dass dies wie bisher als Parteispende gewertet wird. Die Freiheitlichen reagierten empört und waren der Meinung, dass sich die vier anderen Parteien entkriminalisieren wollten.

Keine Rückwirkung

Ursprünglich hatte der Gesetzesentwurf nämlich auch noch einen rückwirkenden Passus enthalten. Dieser hätte ÖVP, NEOS und Grünen wohl hohe Strafen des Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senats erspart, die von den Parteien beeinsprucht wurden und daher noch nicht rechtskräftig sind. Die Rückwirkung wurde angesichts steigenden externen wie internen Drucks letztlich gestrichen.

FP-Mandatar Markus Tschank sah in der Neuregelung ein "fatales Signal" für die Bevölkerung, die sich im Gegensatz zu den Parteien an Gesetze halten müsse. Die Parteien würden sich de facto der Strafverfolgung entziehen, "ein justizpolitischer Skandal". Dazu ergebe sich eine faktische Ungleichbehandlung für die politischen Mitbewerber in Opposition.

Die anderen Parteien wiesen das zurück. VP-Generalsekretär Niko Marchetti betonte, es gehe nur um die Klarstellung eines bisher ungeregelten Bereichs. SP-Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim unterstrich ebenfalls, dass nun auch im Bereich Social Media klare Regelungen gelten würden. Für NEOS-Generalsekretär Douglas Hoyos ist weiter garantiert, dass kein einziger Ministeriumsmitarbeiter für eine Partei arbeiten könne. Die geschäftsführende Parlamentarierin der Grünen Sigrid Maurer fand die zuletzt geäußerte Rechtsansicht des Rechnungshofs praxisfern, weshalb sie den heutigen Beschluss unterstützte.

Nicht unumstritten

Ganz unumstritten in der Koalition war die Vorlage im Vorfeld nicht. Gegenstimmen gab es am Mittwoch zwar nicht, jedoch fehlten bei den NEOS einige kritische Mandatare, konkret Nikolaus Scherak und Stephanie Krisper, die bei der Messenger-Überwachung sogar aktiv gegen die Parteilinie gestimmt hatten. Die Grüne Klubspitze unterstützte zwar die Novelle, doch verweigerten zwei Mandatare ihre Zustimmung. Sowohl David Stögmüller als auch Nina Tomaselli votierten in der namentlichen Abstimmung dagegen.

Konkret vorgesehen ist, dass die Mitarbeit von Beschäftigten in Ministerbüros bei Social Media-Accounts von Regierungsmitgliedern unter bestimmten Bedingungen gesetzlich erlaubt wird, ohne als Spende gewertet zu werden. Voraussetzung dafür ist, dass sich die Beiträge eindeutig von parteipolitischen Inhalten dieser Accounts abgrenzen - also auf die Regierungsarbeit und Regierungskommunikation beschränken - und explizit gekennzeichnet werden. Das Gleiche soll sinngemäß auch für die Social-Media-Accounts von Klubobleuten und Abgeordneten gelten.

Informationsfreiheit - Zahlreiche Materiengesetze angepasst

Ebenfalls am Mittwoch hat der Nationalrat die legistischen Vorbereitungen für das Aus der Amtsverschwiegenheit erledigt. Mit den Stimmen der Koalition wurden 140 Materiengesetze für das Inkrafttreten der Informationsfreiheit mit September angepasst. FPÖ und Grüne zeigten sich unzufrieden mit der Art der Aufhebung. Die Freiheitlichen befürchteten dabei rechtliche Probleme für Beamte, die auch die NEOS nicht ausschlossen.

Technisch gesehen ist die Sammelnovelle so umfangreich, weil der Begriff der Amtsverschwiegenheit aus den jeweiligen Gesetzen zu streichen ist und stattdessen die neuen verfassungsgesetzlichen Vorgaben implementiert werden müssen. Gemäß dem Anfang 2024 beschlossenen Informationsfreiheitsgesetz sind Behörden und andere öffentliche Stellen ab September dazu verpflichtet, Informationen von allgemeinem Interesse zu veröffentlichen bzw. entsprechende Auskünfte zu erteilen. In bestimmten Fällen können sie sich aber weiterhin auf Geheimhaltungspflichten berufen. So sind Auskünfte etwa dann zu verweigern, wenn dadurch die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet würden.

Hier hakte der Freiheitliche Michael Schilchegger ein. Für öffentlich Bedienstete bestehe weiterhin der Druck, strafrechtliche Konsequenzen bei der Herausgabe von Informationen fürchten zu müssen, vermisste er entsprechende Klarstellungen. NEOS-Mandatarin Stephanie Krisper gestand zu, dass ihr die Herausforderungen im Beamtendienstrecht bewusst seien. Wo hier beim Rechtsschutz nachgeschärft werden müsse, werde man das noch tun. Optimistischer zeigte sich die SPÖ-Abgeordnete Muna Duzdar. Sie meint, dass durch den heutigen Gesetzesbeschluss die jeweiligen Organe Rechtssicherheit bekämen.

Raab sieht Paradigmen-Wechsel

Auch die frühere Ministerin Susanne Raab (ÖVP) zeigte sich zuversichtlich: "Unsere Beamten können das, diese Abwägungen zu treffen und Entscheidungen zu treffen." Dass sich nicht viel ändern wird, wie die FPÖ befürchtet, nimmt sie nicht an. Es handle sich nämlich um einen Paradigmen-Wechsel. Weil der Regelfall sei jetzt die Information. Auch Duzdar sah eine neue politische Kultur geschaffen. Für Raab dürfte es heute eine ihrer letzten Reden im Nationalrat gewesen sein. Sie kündigte für absehbare Zeit ihren Abschied aus dem Hohen Haus an, wurde sie doch jüngst zur Chefin des Wiener Zentrums für Migrationspolitik (ICMPD) gewählt.

Alles gute dafür wünschte Raab ihre frühere Regierungskollegin Alma Zadic (Grüne). Die ehemalige Justizministerin begrüßt auch das Informationsfreiheitsgesetz an sich, das ja noch unter Schwarz-Grün beschlossen wurde. Die heutige Sammelnovelle lehnte ihre Fraktion jedoch ab, weil die Entwürfe zu spät gekommen seien und einiges darin widersprüchlich sei.

Am Start der neuen Informationsfreiheit soll jedenfalls nicht mehr gerüttelt werden. Wie Staatssekretär Alexander Pröll (ÖVP) betonte, würden mit September alle technischen, organisatorischen und legistischen Vorbereitungen geschaffen sein.

(APA/Red)

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