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Äthiopiens Renaissance-Damm: Symbol für Fortschritt oder Auslöser für Wasserkrise?

Der GERD-Staudamm in Äthiopien ist fertiggestellt. Ein geopolitisch heikles Projekt mit Auswirkungen auf Stromerzeugung und Wasserverteilung.
Der GERD-Staudamm in Äthiopien ist fertiggestellt. Ein geopolitisch heikles Projekt mit Auswirkungen auf Stromerzeugung und Wasserverteilung. ©AP
Nach über zehn Jahren Bauzeit ist der Grand Ethiopian Renaissance Dam in Betrieb. Äthiopien feiert – Ägypten und Sudan warnen vor Wasserknappheit.

Mit der Fertigstellung des GERD-Staudamms erreicht ein geopolitisch heikles Großprojekt am Nil seinen Höhepunkt.

Äthiopien hat den Bau des Grand Ethiopian Renaissance Dam (GERD) abgeschlossen – eines der größten Infrastrukturprojekte Afrikas. Der Staudamm am Blauen Nil, der mehr Wasser speichern kann als der Genfersee, soll Äthiopien zu einem führenden Stromerzeuger auf dem Kontinent machen. Künftig könnten bis zu 5000 Megawatt Strom produziert werden – mehr als doppelt so viel wie bisher im Land erzeugt wurde.

Strom für Millionen – aber Sorgen um Wasserverteilung

Der Mega-Staudamm soll die Elektrifizierung Äthiopiens vorantreiben und Einnahmen durch Stromexporte generieren. Die Regierung in Addis Abeba, die einen Großteil der Finanzierung aus eigener Kraft stemmte, sieht im Projekt einen Meilenstein für die wirtschaftliche Entwicklung. Doch die Euphorie wird nicht überall geteilt.

Die Nachbarländer Ägypten und Sudan blicken mit Sorge auf das Bauwerk. Beide Staaten befürchten, dass Äthiopien künftig die Wasserzufuhr kontrollieren und ihnen damit den Zugang zum Nilwasser erschweren könnte. Besonders Ägypten ist auf das Wasser des Nils angewiesen – der Blaue Nil trägt etwa die Hälfte zum Wasservolumen des ägyptischen Assuan-Staudamms bei.

Lange Verhandlungen – kaum Fortschritt

Bereits 2020 hatte es Vermittlungsversuche gegeben, um eine gemeinsame Lösung zum Wassermanagement zwischen Äthiopien, Ägypten und dem Sudan zu finden. Doch diese blieben ohne Erfolg. Laut dem emeritierten Geografie-Professor Hans Hurni aus Bern beharrte Äthiopien stets auf seinem Standpunkt: Der Damm befinde sich auf äthiopischem Staatsgebiet – und damit liege die Entscheidungshoheit allein bei Addis Abeba.

Zwar hat Äthiopien angekündigt, das Reservoir nicht zu schnell aufzufüllen, um den Wasserfluss nicht abrupt zu drosseln. Dennoch bleibt das Misstrauen groß. Ägypten hatte in der Vergangenheit sogar mit militärischen Maßnahmen gegen den Damm gedroht. Inzwischen ist der GERD jedoch nahezu vollständig gefüllt – eine Zerstörung des Damms würde nun selbst für Ägypten und den Sudan schwere Folgen haben.

Einweihung unter geopolitischer Spannung

Die Einweihung des GERD findet unter anhaltender politischer Anspannung statt. Während Äthiopien auf wirtschaftlichen Fortschritt hofft, wächst in Ägypten die Sorge um die Wassersicherheit. Eine einvernehmliche Lösung im Streit um die Ressource Wasser bleibt weiterhin aus.

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