AA

Lebenslang nach Mord an 91-Jähriger in Wien

Der Angeklagte wurde zur Höchststrafe verurteilt.
Der Angeklagte wurde zur Höchststrafe verurteilt. ©APA/ROLAND SCHLAGER
Ein mehrfach vorbestrafter Slowake, der in der Nacht zum 4. September 2024 in Floridsdorf eine 91-jährige Frau in ihrem Gartenhaus überfallen und getötet hatte, wurde am Donnerstag vom Landesgericht wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Aufgrund seiner Gefährlichkeit wurde er auch in ein forensisch-therapeutisches Zentrum eingewiesen. Das Urteil ist rechtskräftig.

"Ich hab' verstanden. Ich hab' eine lebenslange Strafe bekommen und möchte sie hier (in Österreich, Anm.) absitzen", nahm der Mann die höchstmögliche Strafe an. Vor einem Schwurgericht legte er ein umfassendes Geständnis ab und beschrieb ausführlich, wie er gegen Mitternacht die Tür des Gartenhauses in Brand setzte und mit einer Rohrzange aufbrach: "Dann bin ich reingegangen und habe sie umgebracht und vergewaltigt."

Erstes Tötungsdelikt von Angeklagtem mit 20 Jahren begangen

"Angesichts der grauenhaften Taten ist es schwer, Worte zu finden. Er kann sich nicht erklären, was in dieser Nacht in ihn gefahren ist", bemerkte seine Verteidigerin Ina-Christin Stiglitz. Der psychiatrische Sachverständige Peter Hofmann bezeichnete den Angeklagten als "einfach strukturierten Menschen, der sich holt, was er braucht. Notfalls mit Gewalt." 29 Jahre seines Lebens verbrachte der Slowake im Gefängnis. Als Zwanzigjähriger hatte er in seiner Heimat einen jungen Mann nach einem Lokal-Besuch niedergeschlagen und in einen Brunnen geworfen. Das Opfer ertrank. Dafür fasste der Täter zwölf Jahre Haft aus. Nachdem er diese Strafe verbüßt hatte, kam er nach Österreich, wo er 2008 vom Wiener Landesgericht zu 13 Jahren Haft verurteilt wurde, nachdem er drei Frauen zusammengeschlagen und ausgeraubt hatte. Das älteste Opfer war 95 Jahre alt. Er hatte die Frau von einem Supermarkt-Einkauf bis zu ihr nach Hause verfolgt und wegen 70 Euro attackiert. Infolge der Faustschläge in ihr Gesicht büßte die Betroffene auf einem Auge ihr Sehvermögen ein.

Zur Strafverbüßung wurde der Mann in die Slowakei überstellt, wo er aufgrund eines weiteren, im Gefängnis begangenen Gewaltdelikts erst im Jänner 2024 entlassen wurde. Vier Monate später war er wieder in Wien. "Er hat die Nächte auf der Donauinsel verbracht und irgendwann beschlossen, er muss zu Geld kommen", skizzierte die Staatsanwältin. Der Slowake trieb sich in Kleingarten-Siedlungen herum und hielt nach potenziellen, stets weiblichen Opfern Ausschau. In der Kleingarten-Anlage, in der die 91-Jährige den Sommer verbrachte, ging der 52-Jährige tagelang "auf Streifgang", wie die Staatsanwältin ausführte. An sich hätte der Angeklagte es auf die jüngere Nachbarin des späteren Opfers abgesehen gehabt, doch hätte sich immer wieder ein Mann bei ihr befunden, was ihn abgehalten habe, dieses Haus aufzubrechen. Stattdessen habe er die 91-Jährige als Opfer auserkoren, berichtete die Anklagevertreterin.

Angeklagter erstickte 91-Jährige in Wien

"Es war alles durchgedacht, was ich gemacht habe", gab der Angeklagte zu. Er habe die 91-Jährige am Fenster stehen gesehen und zugewartet, bis sich die Frau schlafen gelegt hatte. Durch ein Loch im Gartenzaun sei er in den Garten und in weiterer Folge ins Haus gelangt, indem er mit einer Zange das Blech am Türschloss weg bog, Feuer legte und die angebrannte Tür aufbrach. Im Schlafzimmer sei er über die schlafende Frau hergefallen, schilderte der Angeklagte: "Sie ist aufgewacht, hat geschrien. Ich hab ihr gesagt 'Schrei nicht'. Sie hat nicht aufgehört zu schreien." Da habe er ihr zwei Schläge mit der Zange versetzt: "Sie hat sich gewehrt. Da habe ich einen Polster genommen und ihr ins Gesicht gedrückt."

Einem gerichtsmedizinischen Gutachten zufolge erstickte die Frau qualvoll, nachdem es noch zu Missbrauchshandlungen gekommen war. Erst um 5.00 Uhr verließ der Mann das Häuschen. "Nach der Vergewaltigung bin ich eingeschlafen", sagte der Angeklagte dazu. Er sei dann zurück in die Slowakei gefahren, nachdem er noch 150 Euro und zwei Ringe der Getöteten an sich genommen hatte. "Warum haben Sie das gemacht?", wollte die vorsitzende Richterin Magdalena Klestil-Krausam wissen. "Ich weiß es bis heute nicht", erwiderte der 52-Jährige, "es tut mir sehr leid, dass ich es gemacht habe".

Die ehemalige Schwiegertochter der Getöteten hatte am Vormittag des 4. September die Leiche gefunden. Nachdem die 91-Jährige telefonisch nicht zu erreichen war, hatten sich die Angehörigen Sorgen gemacht. Die Enkeltochter nahm nun als Privatbeteiligte am Verfahren teil und schloss sich mit dem symbolischen Betrag von 100 Euro an, den der Angeklagte anerkannte. "Aufgrund der Trauer und des Schadens, den er mir und er ganzen Familie angerichtet hat", erläuterte die Enkelin ihr Vorgehen. Auf die Abgeltung der Begräbniskosten verzichtete sie. Ihre Oma sei "sehr rüstig" gewesen, man habe ein enges Verhältnis gehabt, täglich telefoniert.

Zusätzlich zu Lebenslang: Auch Unterbringung in forensisch-therapeutischem Zentrum

Die Ausforschung des Täters gestaltete sich insofern nicht schwierig, als er am Tatort eine Limonadendose mit seinen Fingerabdrücken zurückgelassen hatte. Überdies konnten im Intimbereich der Getöteten fremde DNA-Spuren sichergestellt werden, die dem 52-Jährigen zugeordnet werden konnten. Aufgrund seiner kapitalen Vorstrafen waren seine Daten in der DNA-Datenbank gespeichert. Der Mann wurde mit Europäischem Haftbefehl zur Fahndung ausgeschrieben und konnte am 21. September in seiner Heimat festgenommen werden. Im Oktober wurde er nach Österreich ausgeliefert.

Die Staatsanwaltschaft Wien hatte zusätzlich zur Verurteilung des Angeklagten gemäß § 21 Absatz 2 StGB dessen Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum beantragt. Obwohl er laut dem im Ermittlungsverfahren eingeholten psychiatrischen Gutachten im Tatzeitpunkt zurechnungsfähig war, weist der 52-Jährige eine derart nachhaltige und schwerwiegende psychische Störung - nämlich eine dissoziale Persönlichkeitsstörung - auf, "dass bis hin zu Tötungsdelikten mit allem zu rechnen ist", wie der psychiatrische Sachverständige den Geschworenen darlegte. Der Mann sei "sehr, sehr gefährlich", betonte Hofmann, weshalb er für den Fall einer Verurteilung die Unterbringung im Maßnahmenvollzug empfahl, wo eine haftbegleitende therapeutische Behandlung gewährleistet ist. "Nur wegsperren macht keinen Sinn. Wenn sie mit der Struktur in 20 Jahren wieder rauskommen, geht alles wieder von vorne los", bemerkte Hofmann.

(APA/Red)

  • VIENNA.AT
  • Wien
  • Lebenslang nach Mord an 91-Jähriger in Wien
  • Kommentare
    Die Kommentarfunktion ist für diesen Artikel deaktiviert.