Mit dem Klassenerhalt in letzter Sekunde, der Rückkehr zum traditionellen Logo in Schwarz-Weiß und der bevorstehenden Eröffnung des neuen Business-Gebäudes bietet sich die große Chance für einen Neustart.

Gesicht dieses Neustarts soll Ex-Kapitän und Vereinslegende Philipp Netzer in der Rolle als Sportdirektor werden. Ihm zur Seite gestellt wird Eric Orie, der als Chefscout die sportliche Planung gestalten soll.

Infrastruktur top, sportlich Mittelmaß
Man hat sich in den letzten zehn Jahren architektonisch neu erfunden. Fantribüne, Rasenheizung, Campus, Business-Bereich, neue Trainingsplätze, alles da. Das Schnabelholz hat sich in den letzten Jahren von einem einfachen Fußballplatz in eine moderne Arena in Österreich entwickelt.
Gesamtkosten der Infrastrukturinvestitionen des SCR Altach: 22,8 Millionen Euro
- Business-Gebäude 13 Millionen
- Fantribüne, Rasenheizung, Trainingszentrum 5,5 Millionen Euro
- Adi Hütter Nachwuchs-Campus 2,2 Millionen Euro
- Trainingsplätze 2 Millionen Euro
- Überdachung + PV-Anlage 0,1 Millionen Euro
Der Verein hat rund 23 Millionen Euro in diese Entwicklung gesteckt, das ist deutlich mehr als manche Ligakonkurrenten insgesamt als Budget zur Verfügung haben.
Eines der größten Projekte der letzten Jahre war der Bau des „Adi Hütter Nachwuchscampus“, er steht sinnbildlich für die wirtschaftlich nachhaltige Entwicklung des Bundesligisten, weiß auch Namensgeber Adi Hütter: "Dieser Campus muss sich vor keinem europäischen Spitzenklub verstecken. Es ist beeindruckend, was die Verantwortlichen hier in den vergangenen Jahren geschaffen haben." Doch der sportliche Erfolg der letzten Jahre kann bei Weitem nicht mit den geschaffenen Möglichkeiten im Rheindorf mithalten.
Die nackten Zahlen
Seit dem Höhenflug 2014/15 (3. Platz in der Liga & Viertelfinale im Cup) ist der sportliche Trend eindeutig: bergab. Platzierungen zwischen acht und elf, sieben Jahre in Folge nur Qualifikationsgruppe. Seit Einführung des neuen Liga-Modus 2018 hat Altach aus insgesamt 112 Heimpartien "nur" 25 gewonnen, im Schnitt waren es nur drei pro Jahr.

In der laufenden Saison 2024/25? Zwei Siege aus 16 Heimspielen. Ein Punkteschnitt von 0,88, bei 5.040 Zuschauern im Schnitt. Die Zuschauer halten, erstaunlich, dem Verein die Treue. Was sie dafür sehen? Sportliche Ernüchterung.
Rotation am Spielfeldrand
In zehn Jahren standen außerdem 15 verschiedene Trainer an der Seitenlinie. Namen wie Miroslav Klose, Damir Canadi, Alex Pastoor kamen mit Vorschusslorbeeren und mussten schnell wieder gehen. Die durchschnittliche Amtszeit eines Cheftrainers lag bei unter 250 Tagen.

Auffällig: Neben Klaus Schmidt und Alex Pastoor schaffte es in den letzten zehn Jahren kein Trainer, mehr als 1,20 Punkte im Schnitt zu holen. Viele lagen sogar deutlich darunter. Der aktuelle Chefcoach Fabio Ingolitsch weist mit 0,78 Punkten aus 23 Spielen den drittschlechtesten SCRA-Wert der Geschichte auf, schlechter waren nur Martin Scherb (15/0,76) und Urs Schönenberger (15/0,67).
Fehlende Stabilität
Auch auf der Position des Sportdirektors wechselten die Köpfe im Eiltempo. Nach dem Abgang von Georg Zellhofer 2016, dem letzten, der den Verein wirklich prägte, übernahmen Christian Möckel, Georg Festetics und zuletzt Roland Kirchler, der erst vor Kurzem seinen Rücktritt verkündete, das sportliche Ruder.

Der Output? Hohe Fluktuation im Kader, zahlreiche Leihgeschäfte, viele Spieler ohne Bundesliga-Erfahrung. Talente kamen, stagnierten, verschwanden. Die Transfers waren selten das Ergebnis strategischer Planung, eher Reaktion auf die jeweilige Lage. Zwischen 2014 und 2025 wurden über 200 Spieler geholt oder abgegeben. Die Summe der getätigten Ablösen ist marginal im Vergleich zu den Investitionen in die Infrastruktur.

Mit Philipp Netzer als Sportdirektor und Eric Orie als neuem Chefscout schlägt der SCR Altach nun ein neues Kapitel auf. Es braucht Entscheidungen mit Substanz und einen zukunftsorientierten Fahrplan, um sicherstellen zu können, dass der sportliche Erfolg mittelfristig mit der wirtschaftlichen und infrastrukturellen Entwicklung wieder Schritt halten kann.
(VOL.AT)