Bürgerkrieg im Erdbebengebiet: Warnschüsse auf Helfer aus China

Der Konvoi habe die Anweisung des Militärs, in einer Konfliktzone anzuhalten, nicht befolgt, sagte ein Sprecher der Junta, Zaw Min Tun, am Mittwoch. Der Vorfall habe sich am Dienstagabend ereignet.
Min zufolge hatte das Chinesische Rote Kreuz weder Myanmars Regierung noch die Botschaft in Peking über seine Anwesenheit in dem Gebiet informiert. Der Konvoi aus neun Fahrzeuge sei auf dem Weg in das Dorf Ommati nicht gestoppt, als Soldaten mit Lichtzeichen dazu aufgefordert hätten. Daraufhin hätten die Soldaten drei Mal in die Luft geschossen.
Das chinesische Außenministerium ließ später wissen: Das Helferteam sei in Sicherheit. "Es ist notwendig, dass die Transportrouten für die Rettungsarbeiten offen bleiben", betonte dessen Sprecher, Guo Jiakun. China hoffe, "dass alle Beteiligten in Myanmar den Rettungsarbeiten nach dem Erdbeben Vorrang einräumen und die Sicherheit der Helfer, ihrer Ausrüstung und der Hilfsgüter aus China und anderen Ländern sicherstellen", so Gou auf einer Pressekonferenz in Peking.
Angriffe trotz Erdbeben
Das Erdbeben der Stärke 7,7 hatte sich am Freitag 16 Kilometer nordwestlich der myanmarischen Stadt Sagaing ereignet, mehr als 2.700 Menschen kamen nach bisherigen Angaben ums Leben. Es wird erwartet, dass die Zahl noch steigt, da es für mindestens 440 Vermisste mittlerweile kaum noch Hoffnung gibt. Auch Myanmars zweitgrößte Stadt Mandalay und die Hauptstadt Naypyidaw sind stark betroffen. Juntachef Min Aung Hlaing bat in einem ungewöhnlichen Schritt um internationale Hilfe für Myanmar.
Das Land am Golf von Bengalen leidet seit vier Jahren unter einem Bürgerkrieg, der mit der Machtübernahme der Junta einsetzte. Das Militär hatte im Februar 2021 die mit großer Mehrheit gewählte Regierung von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi gestürzt und die Macht nach einem rund zehnjährigen Demokratisierungsprozess wieder allein an sich gerissen. Die Volksstreitkräfte der oppositionellen Nationalen Einheitsregierung und verschiedene ethnische Gruppen bekämpfen die Militärjunta.
Junta lehnt Waffenruhe ab
Mehrere wichtige Widerstandsgruppen sowie die NUG, eine Schattenregierung, die sich nach dem Putsch von 2021 als demokratische Alternative zur Junta bildete, kündigten angesichts der Erdbebenkatastrophe eine einmonatige Waffenruhe an. Dies soll den lokalen und internationalen Einsatzteams erlauben, angstfrei im Erdbebengebiet zu arbeiten.
Junta-Chef Min lehnte es aber ab, im Gegenzug die Angriffe der Armee einzustellen. Er warf den Gruppen vor, in dieser Zeit Militärübungen durchführen zu wollen und sich auf künftige Angriffe vorzubereiten. Die Generäle, die in dem Vielvölkerstaat quasi im Krieg mit der eigenen Bevölkerung sind, lassen Berichten zufolge weiter Luftangriffe auf Widerstandsgruppen fliegen. Vor diesem Hintergrund wächst die Kritik an der Junta noch mehr.
Kritik von vielen Seiten
Im Einsatz stehende Hilfsorganisationen klagen, dass die Bergungs- und Hilfseinsätze durch die andauernden bewaffneten Konflikte in dem Bürgerkriegsland erschwert werden. Die australische Regierung erklärte, die andauernden Angriffe verschlimmerten das Leid der Zivilbevölkerung. Außenministerin Penny Wong rief die Militärjunta auf, die "Militäreinsätze umgehend zu beenden und humanitären Helfern uneingeschränkten Zugang zu den betroffenen Gebieten zu gewähren".
Amnesty International erklärte, das "unmenschliche" Vorgehen der Militärregierung erschwere die Erdbebenhilfe massiv. "Man kann nicht mit der einen Hand um Hilfe bitten und mit der anderen Bomben abwerfen", erklärte Joe Freeman, der Myanmar-Experte der Menschenrechtsorganisation.
In Myanmar kämpft das Militär gegen mehrere bewaffnete ethnische und pro-demokratische Gruppen. Bereits vor dem Erdbeben waren viele Menschen in Myanmar von Hunger bedroht, mindestens 3,5 Millionen Menschen wurden nach UNO-Angaben durch den Bürgerkrieg zu Vertriebenen. Gleich nach dem Beben hatte die UNO-Sondergesandte Julie Bishop die Konfliktparteien aufgerufen, alles für "den Schutz der Zivilbevölkerung und humanitärer Helfer und die Bereitstellung lebensrettender Hilfe" zu tun. Vergeblich: Seit dem Erdbeben gab es etliche Berichte über Luftangriffe der Regierungstruppen.
(APA)