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Nach Freiheitsstrafe für Grasser und Meischberger: So geht es nun weiter

Grasser steht nun die Aufforderung zum Strafantritt bevor.
Grasser steht nun die Aufforderung zum Strafantritt bevor. ©APA/HANS KLAUS TECHT
Der OGH hat die Urteile gegen die Hauptangeklagten im Buwog-Prozess im Wesentlichen bestätigt. Karl-Heinz Grasser erhielt vier Jahre Haft, Walter Meischberger dreieinhalb Jahre. Nun stellt sich die Frage, wie es mit den beiden weitergeht.
OGH schraubt Freiheitsstrafe für Grasser herunter

Es steht fest, dass Grasser und Meischberger bald eine Aufforderung zum Strafantritt erhalten werden. Die vom OGH verhängten Strafen wurden zwar erheblich reduziert, liegen jedoch weiterhin über der Drei-Jahres-Grenze, die eine bedingte oder teilbedingte Strafnachsicht ermöglicht hätte. Das bedeutet, dass aus aktueller Sicht sowohl Grasser als auch Meischberger die gegen sie verhängten Strafen grundsätzlich absitzen müssen.

Freiheitsstrafe ist von Grasser und Meischberger innerhalb eines Monats anzutreten

Nach dem Gerichtstag im Justizpalast wandert der Akt zunächst zurück zum Wiener Landesgericht für Strafsachen, was aufgrund des Umfangs einige Zeit - Expertinnen gehen zumindest von Wochen aus - in Anspruch nehmen wird. Der zuständige Richter im Grauen Haus fertigt dann hinsichtlich der rechtskräftig erledigten Buwog- und Terminal Tower-Aktenteile eine so genannte Endverfügung aus, die Grasser zugestellt wird. Zugleich erhalten der Ex-Finanzminister und Meischberger eine Aufforderung zum Strafantritt. Verurteilte, die sich wie Grasser und Meischberger auf freiem Fuß befinden, haben die Strafe binnen eines Monats ab Zustellung anzutreten.

Das Gesetz sieht allerdings die Möglichkeit eines Strafaufschubs wegen Vollzugsuntauglichkeit vor. Die Voraussetzungen sind im Strafvollzugsgesetz (StVG) geregelt. Strafaufschiebende Wirkung haben demnach etwa eine Krankheit oder Verletzung und ein sonstiger körperlicher oder geistiger Schwächezustand, wobei der Aufschub nur so lange gilt, "bis der Zustand aufgehört hat", wie es im Gesetz heißt. Ob die behauptete Krankheit oder Schwäche und somit Vollzugsuntauglichkeit vorliegt, muss außerdem ein vom Gericht bestellter medizinischer Sachverständiger bestätigen. Ein Strafaufschub aus so genannten anderen Gründen - darunter fallen etwa "wichtige Familienangelegenheiten" oder "das spätere Fortkommen des Verurteilten" - kommt bei Grasser und Meischberger nicht in Betracht. Dafür wären Haftstrafen bis maximal drei bzw. ein Jahr erforderlich.

Freiheitsstrafen, deren Strafzeit achtzehn Monate übersteigt, sind grundsätzlich in einer Strafvollzugsanstalt zu vollziehen. Bis klargestellt ist, in welcher Justizanstalt (JA) der Betroffene dauerhaft aufgenommen wird, ist es der Regelfall, dass der Strafvollzug in einem gerichtlichen Gefangenenhaus eingeleitet wird. Dabei wird auf den Wohnsitz des Verurteilten abgestellt. Spätestens nach sechs Wochen hat das Justizministerium - konkret die Generaldirektion für den Strafvollzug und den Vollzug freiheitsentziehender Maßnahmen - in einem so genannten Klassifizierungsverfahren festzulegen, in welcher Strafvollzugsanstalt die Strafe zu vollziehen ist. Bei der Erstellung des Vollzugsplans ist dem Gesetz zufolge "auf die Wesensart des Strafgefangenen, sein Vorleben, seine persönlichen Verhältnisse und die Beschaffenheit der Straftat, deren er schuldig erkannt worden ist, insoweit Bedacht zu nehmen, als es erforderlich ist, um die Erreichung der Zwecke des Strafvollzuges unter bestmöglicher Ausnützung der Vollzugseinrichtungen zu gewährleisten."

Bedingte Entlassung von Grasser kann nach Verbüßung der Strafhälfte beantragt werden

Dass Grasser und Meischberger ihre vierjährige bzw. dreieinhalbjährige Haft tatsächlich zur Gänze absitzen werden, halten Kenner der Materie de facto für ausgeschlossen. Das Gesetz sieht vor, dass nach Verbüßung der Strafhälfte - bei Grasser sind das zwei Jahre - die vorzeitige bedingte Entlassung beantragt werden kann, worüber das zuständige Vollzugsgericht zu entscheiden hat. Allenfalls kann eine bedingte Entlassung mit Auflagen verknüpft werden. Jedenfalls wird eine Probezeit zwischen einem und drei Jahren festgesetzt, innerhalb derer keine Delikte gesetzt werden dürfen, da der Entlassene ansonsten Gefahr läuft, wieder ins Gefängnis einrücken zu müssen.

Da Grasser bisher unbescholten war, die von ihm gesetzten Straftaten geraume Zeit zurückliegen und er sich seither in strafrechtlicher Hinsicht wohlverhalten hat, erscheint eine bedingte Entlassung nach der Strafhälfte durchaus realistisch. Maßgeblich dafür wäre, dass das Gericht davon ausgeht, dass Grasser trotz vorzeitiger Entlassung nicht wieder straffällig wird. Spätestens nach Verbüßung von zwei Dritteln wäre Grasser jedenfalls zu entlassen, es sei denn, besondere Gründe ließen befürchten, dass er wieder straffällig wird.

Der elektronisch überwachte Hausarrest - eine so genannte Fußfessel - ist für Grasser derzeit insofern kein Thema, als dafür eine insgesamt zu verbüßende Strafzeit bzw. Reststrafe von maximal zwölf Monaten Voraussetzung wäre. Ein gefinkelter Anwalt könnte allerdings auf die Idee kommen, für Grasser eine Fußfessel zu beantragen, nachdem dieser das erste Jahr seiner Haftstrafe verbüßt hat. Man könnte nämlich argumentieren, dass Grasser nach Verbüßung der Strafhälfte die Voraussetzungen der bedingten Entlassung erfüllt und somit nur noch eine Reststrafe von einem Jahr offen ist. Ob dieser Antrag "durchgehen" würde - Grasser könnte dann das zweite Jahr seiner Strafe statt in Gefängnis im elektronisch überwachten Hausarrest verbringen -, ist allerdings unsicher. Es müssten zahlreiche Bedingungen erfüllt sein, die vom Bewährungshilfeverein Neustart zu erheben und in ein so genanntes Aufsichtsprofil zu gießen wären. Genehmigen müsste einen Fußfessel-Antrag der Leiter jener Vollzugsanstalt, in der Grasser nach dem Klassifizierungsverfahren untergebracht wird.

Fest seht jedenfalls, dass der von Grasser angekündigte Gang zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ihn nicht vor dem Gefängnis bewahren wird. Eine EGMR-Beschwerde gegen ein innerstaatlich rechtskräftiges Strafurteil hat keine strafaufschiebende Wirkung.

(APA/Red)

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