Unterschiedliche Reaktionen auf den Eklat zwischen USA und Ukraine

Nach dem hitzigen Wortgefecht von US-Präsident Donald Trump und seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus haben europäische Spitzenpolitiker der Ukraine ihre Unterstützung zugesichert und sich hinter Selenskyj gestellt. "Ihr seid nicht allein", schrieb etwa Polens Ministerpräsident Donald Tusk im Kurznachrichtendienst X an Selenskyj und das ukrainische Volk gerichtet.
Meloni: "Jede Spaltung des Westens macht uns alle schwächer"
Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni schlug am Samstag ein sofortiges Gipfeltreffen vor, das am Sonntag bereits stattfand. Die rechtsnationale Politikerin, die eine klare Unterstützerin der Ukraine ist, aber auch einen guten Draht zu Trump hat, beschwor die transatlantische Einigkeit: "Jede Spaltung des Westens macht uns alle schwächer und begünstigt diejenigen, die den Untergang unserer Zivilisation herbeiführen wollen."
Großbritannien und Frankreich arbeiten mit der Ukraine an Waffenruhe
Am Sonntag fand in London ein Gipfeltreffen vor dem Hintergrund des jüngsten politischen Kurswechsels in den USA und wachsender Unsicherheit über die Zukunft des transatlantischen Bündnisses statt. Großbritannien, Frankreich sowie "möglicherweise ein oder zwei andere Länder" wollen britischen Angaben zufolge gemeinsam mit der Ukraine an einem Plan zur Beendigung der Kämpfe arbeiten. Der Waffenruhe-Plan solle im Anschluss den USA vorgestellt werden, sagte der britische Premierminister Keir Starmer am Sonntag dem Sender BBC. Die Ankündigung erfolgte kurz vor Beginn eines Gipfels zur Ukraine in London.
Estlands Außenminister Margus Tsahkna erklärte, das die Unterstützung seines Landes für die Ukraine "unerschütterlich" bleibe. Das einzige Hindernis für Frieden sei die Entscheidung des russischen Präsidenten Wladimir Putin, seinen Angriffskrieg fortzusetzen. "Wenn Russland aufhört zu kämpfen, gibt es keinen Krieg mehr. Wenn die Ukraine aufhört zu kämpfen, wird es keine Ukraine mehr geben." Europa müsse jetzt aktiv werden.
Ursula von der Leyen: "Sie sind niemals allein, lieber Präsident Selenskyj"
Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zeigte sich solidarisch mit der Ukraine. "Seien Sie stark, seien Sie mutig, seien Sie furchtlos. Sie sind niemals allein, lieber Präsident Selenskyj", erklärt sie auf X. "Wir werden weiter mit Ihnen an einem gerechten und dauerhaften Frieden arbeiten."
Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas stellte unterdessen die Führungsrolle der USA in der westlichen Welt in Frage. "Heute ist klar geworden, dass die freie Welt einen neuen Anführer braucht", schrieb Kallas in Onlinenetzwerken. Sie bekräftigte zudem die Unterstützung der Europäer für die von Russland angegriffene Ukraine.
Der norwegische Ministerpräsident Jonas Gahr Støre erklärte: "Was wir heute vom Weißen Haus erlebt haben, ist ernst und entmutigend." Dass Trump Selenskyj beschuldige, mit dem Dritten Weltkrieg zu spielen, sei zutiefst unangemessen. Norwegen stehe an der Seite der Ukraine. "Wir hoffen, dass die Trump-Regierung auch versteht, wie wichtig ein gerechter und dauerhafter Frieden in der Ukraine ist."
Schallenberg: "Russland ist der Aggressor"
Interimskanzler und Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) erklärte auf X mit dem Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten: "Russland ist der Aggressor, und wir teilen die Verpflichtung der Ukraine für einen umfassenden, gerechten und dauerhaften Frieden!"
"Europa muss jetzt zusammenrücken & gemeinsam handeln. Trump betreibt eine abscheuliche Täter-Opfer-Umkehr", postete der Bundessprecher der Grünen, Werner Kogler, auf Bluesky.
Kickl kritisiert die EU
FPÖ-Chef Herbert Kickl nutzt die Situation, um auf X Kritik zu üben. Unter Trump werde es kein "weiter wie bisher" geben: "Die FPÖ hatte mit ihren jahrelangen Warnungen vor der Kriegstreiberei und der Forderung nach Frieden auch in Sachen Ukraine-Krieg recht", so Kickl. Europäische "Kriegstreiber" würden jetzt "zwischen den Stühlen" sitzen. Dabei meint Kickl wohl nicht Putin, sondern er spricht von der "EU-Kommission und mit ihr die Kriegstreiber in den Regierungen der EU-Länder, darunter auch im NEUTRALEN Österreich". Europa sei in "eine Sackgasse manövriert" worden, behauptet Kickl. Zudem spricht der FPÖ-Chef davon, das "unsere Wirtschaft ruiniert" worden sei.
Vilimsky (FPÖ) als Fan von Trump und Orbán
EU-Parlamentarier Harald Vilimsky (FPÖ) zeigte gleich mit mehreren Postings auf X, jeweils mit dem Hashtag #Patriots, seine Dankbarkeit für Trumps Handeln und dankte auch Viktor Orbán für seine Unterstützung Trumps. Zu Trumps Verhalten gegenüber Selenskyj erklärte er: "Ich hätte diesen Typen mit seiner mehr als präpotenten Art auch vor die Türe gesetzt! Bravo".
Macron: Europas Russland-Politik richtig
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron erklärte am Freitagabend nach dem Streit der beiden Staatschefs im Weißen Haus, im Krieg sei Russland der Angreifer und das ukrainische Volk der Angegriffene. Es sei vor drei Jahren richtig gewesen, der Ukraine zu helfen und Russland mit Sanktionen zu belegen und dies weiter zu tun. Man müsse jene respektieren, die von Anfang an gekämpft hätten, betonte Macron, der laut dem Elysée-Palast später auch mit Selenskyj telefonierte. Zum Inhalt des Gesprächs wird zunächst nichts bekannt. Die "Financial Times" berichtete, Selenskyj habe auch mit NATO-Chef Mark Rutte telefoniert.
Auch der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz versicherte der Ukraine die Unterstützung Deutschlands. "Niemand will Frieden mehr als die Bürgerinnen und Bürger der Ukraine! Deswegen suchen wir gemeinsam den Weg zu einem dauerhaften und gerechten Frieden", teilte er mit. "Auf Deutschland - und auf Europa - kann sich die Ukraine verlassen."
Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock schrieb auf Sozialen Medien: "Die Ukraine ist nicht allein. Deutschland steht gemeinsam mit unseren europäischen Verbündeten geschlossen an der Seite der Ukraine - und gegen die russische Aggression." Sie betonte: "Die Ukraine kann auf unerschütterliche Unterstützung aus Deutschland, Europa und darüber hinaus bauen."
CDU-Chef Friedrich Merz, der nach seinem Wahlsieg Scholz wohl als Kanzler ablösen dürfte, versicherte Selenskyj seine Solidarität. "Lieber Wolodymyr Selenskyj, wir stehen der Ukraine in guten und in schwierigen Zeiten bei", schrieb Merz er auf Englisch auf X. "Wir dürfen niemals Aggressor und Opfer in diesem schrecklichen Krieg verwechseln."
Der spanische Ministerpräsident Pedro Sanchez versichert der Ukraine die Solidarität seines Landes. "Ukraine, Spanien steht an euer Seite", schrieb er auf X.
Demokratischer Senator: Trump macht "Drecksarbeit" Putins
Ein hochrangiger US-Politiker der oppositionellen Demokraten warf Trump und seinem Vize J.D. Vance vor, die "Drecksarbeit" des russischen Präsidenten Putin zu machen. "Trump und Vance machen Putins Drecksarbeit", erklärte der Anführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, in Onlinenetzwerken. "Die Demokraten im Senat werden nie aufhören, für Freiheit und Demokratie zu kämpfen", fügte Schumer hinzu.
Selenskyj war davor am Freitag zu seinem mit Spannung erwarteten Besuch im Weißen Haus eingetroffen. Bei dem Empfang im Oval Office kam es zu einem heftigen Wortwechsel, bei dem Trump von Selenskyj "Kompromisse" einforderte und ihm '"Undankbarkeit" vorwarf. Selenskyj verließ das Weiße Haus daraufhin vorzeitig.
Hämische Reaktionen Moskaus
Ein ranghoher Vertreter Russlands bezeichnete die Eskalation im Weißen Haus indes als "historisch". "Historisch" schrieb Kirill Dmitrijew, Chef des russischen Direktinvestitionsfonds, am Freitag im Onlinedienst X. Dmitrijew war einer der russischen Unterhändler bei den Gesprächen zwischen Russland und den USA am 18. Februar in der saudi-arabischen Hauptstadt Riad.
Der frühere russische Präsident und Putin-Vertraute Dimitri Medwedew gab Trump Recht und nannte den ukrainischen Präsidenten Selenskyj ein "unverschämtes Schwein". Trumps Verhalten sei eine "eiskalte Klatsche" für Selenskyj gewesen.
Orbán dankt Trump
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán dankte US-Präsident Trump nach dem Eklat für dessen Einsatz für den "Frieden". "Starke Männer schließen Frieden, schwache Männer führen Krieg", schrieb Orbán auf X. "Heute hat sich Präsident Donald Trump mutig für den Frieden eingesetzt. Auch wenn es für viele schwer zu verdauen war", fuhr Orban fort und schloss mit den Worten: "Danke, Herr Präsident!"
Ukrainische Politiker stärken Selenskyj den Rücken
Spitzenpolitiker aus der Ukraine drückten wiederum demonstrativ ihre Unterstützung für Präsident Selenskyj aus. Selenskyj habe Recht, erklärte Ministerpräsident Denys Schmyhal auf dem Kurznachrichtendienst X. "Frieden ohne Garantien ist nicht möglich."
Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk teilte mit: "NIEMAND hat das Recht zu vergessen, dass in diesem Krieg Russland der Angreifer und die Ukraine das Opfer der Aggression ist."
Selenskyjs Kanzleichef, Andrij Jermak, verteidigte den Präsidenten so: Selenskyj kämpfe um die Ukraine, um jeden, der einen gerechten und lang anhaltenden Frieden wolle. "Ich unterstütze den Präsidenten, der die Interessen unseres heldenhaften Volkes vertritt. In jeder Situation. Punkt", unterstrich Jermak.
Außenminister, Andrij Sybiha, der wie Jermak auch im Weißen Haus anwesend war, unterstützte Selenskyj in einem Post auf X. Selenskyj habe "den Mut und die Kraft, für das einzutreten, was richtig ist".
(APA/AFP/Reuters/dpa)