Meinl-Reisinger warb für geplante schwarz-rot-pinke Dreierkoalition

Das Programm trage eine starke pinke, liberale, proeuropäische Handschrift. "Ohne uns wird sich nichts ändern!" Programm und Personalia der Koalition aus ÖVP, SPÖ und NEOS wurden zwar bereits vorgestellt, bei den Pinken muss einer Regierungsbeteiligung laut Parteistatut allerdings eine Zweidrittel-Mehrheit der Mitgliederversammlung zustimmen.
Weitere Verhandlungen "beginnen ab morgen"
Meinl-Reisinger, die als Außenministerin vorgesehen ist, sprach von einem "historischen Moment" für NEOS und für Österreich. NEOS seien vor 13 Jahren mit der Vision angetreten, Österreich zu erneuern und jedem Kind die beste Bildung zu ermöglichen. Bildung sei letztlich "der einzige Rohstoff unseres wunderschönen Landes". Es gehe um ein Ende der Zukunftsvergessenheit in der Politik, diese müsse über enge Schrebergärten, Landesgrenzen und den nächsten Wahltag hinausdenken.
Im Jänner habe es gute Gründe gegeben, von den Dreierverhandlungen aufzustehen. In der zweiten Runde sei aber vieles anders gewesen. Die NEOS hätten viele wichtige Punkte einbringen können und könnten stolz auf das Ergebnis sein. Deshalb wolle sie "mit Zuversicht und unerschütterlichem Optimismus" in diese Regierung gehen. "Es ist unser Erfolg." Dabei sei klar, dass die Verhandlungen mit ÖVP und SPÖ noch nicht vorbei seien. "Die beginnen ab morgen, fünf Jahre lang", so Meinl-Reisinger, bei deren Rede es mehrfach Standing Ovations gab.
NEOS sollten zeigen, "dass wir liefern können und dass wir liefern werden"
Die NEOS sollten zeigen, "dass wir liefern können und dass wir liefern werden", hatte der als Bildungsminister vorgesehene Wiener Vizebürgermeister und Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr zuvor an die Mitglieder appelliert. "Das wird hart, was vor uns steht", betonte er, denn in der Regierung gehe es darum, Visionen auch umzusetzen. Regieren sei kein Sprint, sondern ein Marathon, aber: "Wir sind gut trainiert." Natürlich könnte man auch ÖVP und SPÖ alleine regieren lassen. "Aber den Luxus des Abwartens können wir uns nicht leisten". Österreich brauche einen wirtschaftlichen Aufschwung, es dürfe nicht weiter Stillstand an den Schulen geben, in der aktuellen geopolitischen Lage brauche es eine handlungsfähige Regierung und ein vereintes Europa.
Nach den Parteispitzen konnten sich die Mitglieder selbst zu Wort melden. So warben etwa LIF-Gründerin Heide Schmidt und Hans Peter Haselsteiner für ein Ja. "Die Alternative, Nein zu sagen, wäre eine existenzgefährdende Entscheidung am heutigen Tag als Parlamentspartei der NEOS", warnte der Industrielle und Ex-Politiker. Lobende Stimmen gab es von anderen Mitgliedern vor allem für die Regierungspläne in den Bereichen Bildung, Behinderung und der Unterstützung für die Ukraine. Betont wurde auch der Wille der NEOS, mitzugestalten.
Skeptiker trauten sich zunächst kaum auf die offene Bühne. Das Wiener Parteimitglied Stephan Mittelbach sah etwa "kein Arbeitsprogramm, das ist ein Hoffnungspapier". Die NEOS-Gründerväter würden hier nicht zustimmen, ÖVP und SPÖ sprach er den Willen und die Fähigkeit zum Sparen ab. Josef Schellhorn, der Staatssekretär für Deregulierung werden soll, hatte zuvor damit geworben, dass drei Viertel der Budgetsanierung ausgabenseitig gelingen soll.
Stimmberechtigt waren über 1.500 NEOS-Mitglieder, die sich rechtzeitig angemeldet hatten. Die Abstimmung der Basis über das Regierungsprogramm wird, je nach Anzahl der Wortmeldungen, am frühen bis späten Nachmittag erwartet.
Vor der Abstimmung war von der Parteispitze bereits bei Online-Dialogen intensiv für das Programm und um Zustimmung der Basis geworben worden. Vor Ort lagen Infozettel aus, in denen "die zehn wichtigsten Erfolge" der NEOS im Regierungsprogramm aufgezählt wurden, darunter das geplante zweite verpflichtende Kindergartenjahr, ein "Chancenbonus" für Schulen mit besonders großen Herausforderungen, eine Budgetsanierung vor allem über Strukturreformen, eine Senkung der Lohnnebenkosten und ein Anti-Bürokratie-Programm, die geplante Bundesstaatsanwaltschaft oder ein verpflichtendes Integrationsprogramm ab Tag eins.
Schwarz-Rot als Plan B
Im 30-köpfigen Erweiterten Bundesparteivorstand waren Regierungsprogramm und Personalpaket bereits am Donnerstagabend abgesegnet worden - und zwar einstimmig. Dabei hatte es im Vorfeld durchaus kritische Stimmen gegeben.
Bei ÖVP und SPÖ hat der jeweilige Vorstand bereits am Freitag Regierungsprogramm und Ministerliste zugestimmt. Sagen auch die NEOS Ja, stünde einer Angelobung durch Bundespräsident Van der Bellen am Montag nichts mehr im Weg. Die Regierungserklärung im Nationalrat könnte dann am Freitag folgen. Sollte die pinke Basis die Zustimmung zur Dreierkoalition verweigern, hätten ÖVP und SPÖ dem Vernehmen nach zur Not bereits einen Plan B in der Tasche. In diesem Fall würden sie direkt auf eine Zweierkoalition umsteigen.
(APA/Red)