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Das sagen die Länder zum zweiten Versuch der Dreierkoalition

Die Parteichefs von ÖVP, SPÖ und NEOS am Samstag in der Hofburg.
Die Parteichefs von ÖVP, SPÖ und NEOS am Samstag in der Hofburg. ©APA
Der neuerliche Anlauf zu Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS stößt bei den Parteikollegen in den Bundesländern überwiegend auf Wohlwollen, vor allem ÖVP-Landesparteien, aber auch der SPÖ-Landeshauptmann aus Kärnten drängen aber auf Tempo.

Deutliche Skepsis herrscht ob der Aussicht auf eine Dreierkoalition bei der burgenländischen SPÖ und den Tiroler NEOS.

Bundespräsident und Parteispitzen zu Regierungsbildung

ÖVP-Länder mahnen Tempo ein

Ungeduld durchblicken ließ Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) am Samstag: "Zeit wird's, dass die Parteien die Streitereien der vergangenen Wochen hinter sich lassen und eine neue Bundesregierung ihre Arbeit rasch aufnimmt," erklärte sie in einer Stellungnahme. "Die Bevölkerung erwartet sich, dass die großen Herausforderungen endlich angegangen werden: Der Bund muss alles tun, um die Wirtschaft wieder auf Wachstumskurs zu bringen und Integrationsunwillige in die Schranken zu weisen."

Tempo mahnte auch Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) ein. "Es ist gut, dass die Regierungsbildung jetzt offenbar mit großen Schritten voranschreitet. Ich hoffe, dass der Abschluss möglichst in den kommenden Tagen gelingt und die neue Regierung dann rasch ihre Arbeit aufnimmt", erklärte er in einer Stellungnahme. Oberste Priorität müsse sein, die Wirtschaft anzukurbeln, die Arbeitsplätze zu sichern und die Industrie im Land zu halten.

Ganz ähnlich die steirische Landeshauptmann-Stellvertreterin Manuela Khom: "Unser Land braucht so schnell wie möglich eine handlungsfähige Bundesregierung." Sie freue sich, "dass sich die vernünftigen politischen Kräfte in unserem Land nochmal gemeinsam an einen Tisch gesetzt haben und das Ziel, so rasch wie möglich eine stabile Bundesregierung zu bilden, nun wieder ein gemeinsames ist".

Zufrieden zeigte sich Tirols Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP), der sich für eine Dreierkoalition stark gemacht hatte. Er sei "froh, dass die drei Parteien einen gemeinsamen Weg gefunden haben". Österreich dürfe nun "keine Zeit mehr verlieren", es brauche "rasch die Finalisierung einer stabilen und handlungsfähigen Regierung", drängte auch Mattle.

Die Koalitons-Statements in voller Länge

Bei SPÖ nur Burgenland skeptisch

Eine rasche Regierungsbildung forderte auch der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser. "Diese Regierung muss rasch in die Gänge kommen und liefern. Die Menschen in Österreich erwarten zu Recht Lösungen für die drängenden Herausforderungen unserer Zeit - sei es in der Wirtschaft, am Arbeitsmarkt, im Sozialbereich oder bei Asyl und Klimapolitik". Nun gehe es darum, "das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik zurückzugewinnen, Arbeitsplätze und Wohlstand zu sichern und Österreichs Wirtschaft und Industrie wieder fit für den internationalen Wettbewerb zu machen."

Von anderen SPÖ-Länderorganisationen kamen überwiegend positive Reaktionen. Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig, der ebenfalls als Befürworter einer Einbindung der NEOS gilt, begrüßte die Ankündigung im Kurznachrichtendienst X: "Österreich voranbringen - genau darum geht es jetzt, mehr denn je. Auch der niederösterreichische Landesparteivorsitzende Sven Hergovich, der als neuer Infrastrukturminister im Gespräch ist, äußerte sich zuversichtlich: "Das fünfköpfige Verhandlungsteam der SPÖ, das als im Präsidium gewähltes Kollektivorgan gemeinsam entscheidet, genießt auch auf den letzten Metern weiter unser Vertrauen, gemeinsam gute Lösungen für Österreich zu erarbeiten."

Positiv auch die Vorarlberger SPÖ: "Die ÖVP hat sich in Sachen Bankenabgabe bewegt und die SPÖ in Sachen Vermögenssteuern", meinte Landesparteivorsitzender Mario Leiter, der mit einer Einigung in "zwei bis drei Wochen" rechnet. Mit der Einbindung der NEOS wolle man in der Regierung "breit aufgestellt" sein und so weit wie möglich ein "Abbild der Gesellschaft" geben. Mit den Grünen peile man wiederum eine "Themenpartnerschaft" an. Tirols SPÖ-Chef Philip Wohlgemuth sprach von einer "positiven Chance für eine erfolgreiche Zusammenarbeit". "Es ist klar zu sehen, dass am Verhandlungstisch Vernunft und Verantwortungsbewusstsein Platz genommen haben", sagte er zur APA.

Skeptisch zeigte sich dagegen die burgenländische Landespartei. "Wir warten jetzt einmal den Verlauf der Verhandlungen ab und werden die neue Koalition - sofern sie zustande kommt - ausschließlich an ihren Auswirkungen für die Bevölkerung des Burgenlands messen. Vor allem in Hinblick darauf, ob sie uns bei unseren Zielen im Gesundheits-, Pflege- und Migrationsbereich unterstützt", erklärte der burgenländische Klubobmann Roland Fürst in einer Aussendung.

Ganz genau hinschauen will er, was bei den Pensionen geplant ist. "Unsere grundsätzliche Haltung zu einer Koalition der SPÖ mit der ÖVP ist bekannt. Klar ist aber auch, dass Österreich nach dem beschämenden monatelangen Gezerre rund um die Regierungsbildung bzw. dem unappetitlichen Postenschacher und Scheitern Herbert Kickls dringend Stabilität und ein Mindestmaß an Planungssicherheit braucht", hielt Fürst fest. "Übertrieben optimistisch kann man jedenfalls nach den bisherigen Koalitionserfahrungen mit der Volkspartei nicht sein."

Kritische Töne bei den NEOS

Bei den NEOS kamen kritische Töne bereits in der Früh aus Tirol. Landessprecher Dominik Oberhofer meinte in der "Krone": "Wir haben ein Angebot mit zwei Ministerien und ein Staatssekretariat, aber die Reformen vermisse ich. Die NEOS stehen für Reformen, nicht für Jobs."

Vorarlbergs NEOS-Landessprecherin Claudia Gamon konnte dies offenbar nicht nachvollziehen: "Viele Punkte sind inhaltlich noch gar nicht verhandelt", sagte sie zur APA. Sie ortete innerhalb aller beteiligten Parteien eine Veränderung im Vergleich zu den Gesprächen im Vorjahr, es sei nach den gescheiterten Verhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP mehr "Wille" da. Zeitliche Angaben zu einem Verhandlungsende wollte sie nicht nennen. Man dürfe "nicht hudeln", müsse aber gleichzeitig "schnell, effizient und effektiv" verhandeln.

Zuversichtlich zeigte sich auch Oberösterreichs NEOS-Landessprecher Felix Eypeltauer. Es existiere "eine gemeinsame Basis und die Bereitschaft, Hürden und Blockaden aus dem Jänner abzubauen", erklärte er in einer Aussendung. Ebenso die niederösterreichische Landesparteivorsitzende Indra Collini: "Es gibt eine tragfähige Basis und die Bereitschaft, die Blockaden aus dem Jänner zu überwinden. Unser gemeinsames Ziel ist es, zeitnah eine pro-europäische, fortschrittsorientierte Koalition auf Augenhöhe zu schmieden. Ich bin zuversichtlich, dass uns das gelingt."

Optimistisch äußerte sich auch der stellvertretende steirische NEOS-Landessprecher Philipp Pointner: "Es gibt eine gemeinsame Basis und die Bereitschaft, Hürden und Blockaden aus dem Jänner abzubauen. Das erklärte gemeinsame Ziel ist, zeitnah eine pro-europäische, fortschrittsorientierte Koalition mit drei Parteien auf Augenhöhe zu bilden." Damit werde auch der Weg frei für "Veränderungen und Reformen", etwa bei Bildung, Entlastung und Generationengerechtigkeit.

Interessensvertretungen mit Forderungen

Forderungen an die nunmehr offiziellen Regierungsverhandler kamen prompt auch von den unterschiedlichen Interessensvertretungen. Die Industriellenvereinigung forderte rasch Klarheit und "ein ambitioniertes Reformpaket, das Wettbewerbsfähigkeit, Innovation und wirtschaftliches Wachstum in den Mittelpunkt stellt". Der NGO-Dachverband AG Globale Verantwortung plädierte angesichts der geopolitisch heiklen Phase "dringend zu einem klaren Bekenntnis zur internationalen Zusammenarbeit sowie zu einer zukunftsorientierten außen- und entwicklungspolitischen Strategie". Der SPÖ-nahe Pensionistenverband drängte zuvor auf gesetzliche Maßnahmen gegen Altersdiskriminierung.

(APA)

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