Klimapreis-Diskussion: “Die billigste und beste Lösung muss die klimafreundlichste sein”

Mit purem Alarmismus kommen wir nicht weiter. Das betrifft viele Themen, aber vor allem die Herausforderungen durch den globalen Klimawandel. Wie schaffen wir das? Welche Rolle kann Vorarlberg dabei spielen? Darüber diskutierten im Rahmen einer Sondersendung anlässlich des VN-Klimaschutzpreises 2024 Menschen mit verschiedenen Perspektiven, aber einem gemeinsamen Ziel: Ein klimaneutrales Vorarlberg.
Umweltlandesrat Daniel Zadra (Grüne), Klimaaktivistin Marina Hagen-Canaval, Martin Reis, Geschäftsführer des Energieinstituts Vorarlberg und Jürgen Zudrell vom nachhaltigen Panoramagasthof Kristberg sprachen darüber, wie wir dorthin kommen können.
Den Auftakt machte Jürgen Zudrell, der in seinem Familienbetrieb seit Generationen die Entwicklungen verfolgen kann – hautnah: “Wir haben am Kristberg genau jene Höhenlage, die kritisch ist, nämlich mit 1500 Meter bis circa 1650 Meter.” Es müssten sich alle darauf einstellen, dass die Winter ein bisschen kürzer werden, das zeigen aktuelle Studien. Laut Zudrell sei es sinnvoll, das Angebot zu erweitern und nicht nur in Saisonen zu planen.
“Die Klimakrise ist nichts Theoretisches mehr, sondern die Menschen spüren es”, sagte auch Daniel Zadra. Gerade letzte Woche habe man in Vorarlberg mit den Starkregenereignissen gesehen, welche Kraft der Klimawandel habe. “Wir haben es noch in der Hand, die Folgewirkungen, die Auswirkungen etwas abzumildern”, sagte der Grüne. Es gelte nun auch in der wirtschaftsstarken Region Vorarlberg Zukunftstechnologien zu entwickeln und aktiv als Vorbild zu fungieren.
Klimaaktivistin Marina Hagen-Canaval erinnerte zudem an die verheerenden Regenfälle und Überschwemmungen in Deutschland. In diesem Zusammenhang kritisierte sie, dass dennoch “fossile Megaprojekte” wie die Tunnelspinne in Feldkirch weitergebaut werden. “Pro Person in Vorarlberg sind das 2000 Euro, die weiterhin in fossile Infrastruktur investiert werden, wenn nicht sogar mehr.”

Vorarlberger wollen nachhaltige Energie
Martin Reis von Energieinstitut berichtete Positives: Die Bereitschaft auf umweltfreundliche Wärmequellen umzusteigen, sei im Land groß. Im vergangenen Jahr wurden 5000 Menschen vom Energieinstitut dahin gehend beraten. Heuer werden es wahrscheinlich doppelt so viele sein. “Das liegt auch daran, dass die Förderungen sehr attraktiv sind.” Ebenso macht der Ausbau der Photovoltaik-Anlagen optimistisch: In einem Jahr wurde deren Fläche in Vorarlberg verdoppelt.
Hagen-Canaval erinnerte in dem Zusammenhang daran, dass ein Umstieg aber nicht für alle Menschen – trotz Förderungen – leistbar ist.
“Wir müssen zu dem Status hinkommen, dass die billigste und beste Lösung auch die klimafreundlichste ist.”
Ein weiteres großes Thema der Diskussion war die EU-Wahl. Aktuell spießt es sich etwa am Renaturierungsgesetz, das Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) in der aktuellen Version ablehnt. Daniel Zadra betonte, dass “die Zeichen der Zeit in diesem Fall nicht erkannt” werden. Er bezeichnete das vorliegende Gesetz, ein Herzstück des Green Deals, “zustimmungsreif”. Die EU-Mitglieder sollen sich dadurch verpflichten, gewissen Flächen wieder in ihren ursprünglichen Zustand zu bringen. Dazu gehört, die Moore zu renaturieren und die Boden zu schützen. Das sei auch der beste Hochwasserschutz, so Zadra.
“Langer, steiniger Weg” zur Klimaneutralität
Hotelier Jürgen Zudrell charakterisierte sich als “durch und durch positiver Mensch”. Er vertraue darauf, dass die Mehrheit der Menschen daran interessiert ist, dass wir eine intakte Umwelt haben.
Am Ende der Diskussion versuchten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine Prognose für die Zukunft abzugeben. Bis 2050 soll auch Österreich laut Pariser Klimaabkommen CO2-neutral sein. Wie kann das gelingen und wie wird Vorarlberg in etwa 25 Jahren aussehen? Martin Reis sieht große Potenziale bei Verkehr und Gebäuden. Es werde zwar noch fossile Energieträger geben, aber nur noch im niedrigen einstelligen Bereich. Eine große Herausforderung werde die Sanierung sein. “Wir haben nicht nur eine überalterte Gesellschaft, wir haben auch einen überalterten Gebäudebestand.”
Im Bereich Tourismus müsse man sich an das anpassen, was die Natur vorgibt, so Zudrell. Daniel Zadra sieht noch einen “langen, steinigen Weg” bis zur Klimaneutralität. Doch die Menschen seien motiviert und es gelte nun von politischer Seite, jegliche fossile Infrastruktur zu beenden.
Keine “fossilen Megaprojekte” mehr
Hagen-Canaval forderte eine sofortige und radikale Umstellung. Die 1,5 Grad-Grenze sei bereits überschritten. Die Art, wie Jürgen Zudrell sein Tourismusangebot betreibe, sieht sie als Vorbild. Das Problem sei nur, dass es freiwillig ist, eigentlich sollte es “verbindliche Regeln” für alle geben, so zu wirtschaften. “Und das geht nicht, wenn sich die Regierung querstellt und fossile Megaprojekte begünstigt.”
Unternehmen unterstützen Klimaschutzpreis
Dass Vorarlbergs Wirtschaftstreibende bereits mit innovativen und mutigen Projekten vorangehen, wurde im zweiten Teil der Schwerpunktsendung besprochen. Karin Metzler, Marketingverantwortliche UNIQA, Marcel Strauss aus der Geschäftsführung der Ländle Qualitätsprodukte Marketing GmbH, Katharina Schön, Nachhaltigkeitsexpertin bei Blum, Marei Döhler, Umwelt- und Energiebeauftragte der illwerke vkw, und Philipp Hämmerle, Vorstand der Hypo Vorarlberg Bank AG berichteten unter anderem, dass die notwendigen Anpassungen Chancen darstellen: Sowohl für eine bessere Lebensqualität als auch für die Wirtschaft. Die Unternehmen sind Partner des Klimaschutzpreises. (VN-Redaktion)
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