Opferschutzzentrum Wien: Schon über 200 Hochrisiko-Akte

245 Hochrisiko-Fälle bei Gewalt in der Privatsphäre hat das Opferschutzzentrum in den ersten vier Monaten bearbeitet. Eine Zahl, die die 14 Beamtinnen und Beamten durchaus vor Herausforderungen stelle, wie Lepuschitz am Dienstag am Rande einer Pressekonferenz in der Landespolizeidirektion erklärte. "Wir hätten selbst nicht mit diesem Ausmaß gerechnet", so Lepuschitz.
Gefährdungsanalysen durch Opferschutzzentrum Wien
Die geschulten Polizistinnen und Polizisten des Opferschutzzentrums erstellen bei Fällen von häuslicher Gewalt nach Zuweisung durch den "GiP-Support (Gewalt in der Privatsphäre)" Gefährdungsanalysen auf wissenschaftlicher Grundlage, nehmen an Fallkonferenzen teil, tauschen sich mit Partnerorganisationen wie dem Wiener Gewaltschutzzentrum und der Präventionsstelle Neustart aus und stehen in engem Kontakt mit Opfern als auch Tätern.
Der regelmäßige Austausch sei dabei besonders im Fokus der Arbeit, sagte Lepuschitz. "Damit uns wirklich kein Fall durch das Netz geht." Das hob im Zuge des Medientermins auch Nikolaus Tsekas von Neustart Wien hervor. "Es geht darum, mit unterschiedlichen Bildern zu einer realistischen Risikoeinschätzung zu kommen und Maßnahmen gemeinsam mit der Polizei zu planen und nach Möglichkeit weitere Vorfälle zu verhindern", so Tsekas. Jeder Hochrisiko-Gefährder müsse nach Gewalttaten binnen weniger Tage zu einer verpflichtenden Präventionsberatung bei Neustart kommen, erklärte Tsekas. Natürlich könnten damit "nicht alle, aber die meisten Gefährder" erreicht werden, erklärte er. "Insgesamt geht es darum, das Dunkelfeld kleiner zu machen."
Während sich Neustart vor allem mit Tätern arbeite, würden Opfer dagegen von der Polizei sofort an das Gewaltschutzzentrum vermittelt werden, erklärte Geschäftsführerin Nicole Krejci. Aber speziell bei Hochrisikofällen müsse der Fokus auf gemeinsames und koordiniertes Vorgehen gelegt werden. "Nur wenn alle Positionen zusammengetragen werden, können alle Perspektiven abgewogen und abgestimmt werden."
Gewalteskalationen am 14. Februar
Krejci und Tsekas verwiesen am Dienstag darauf, dass es auch am Valentinstag zu Gewalteskalationen komme. "Auch heute werden Betretungs- und Annäherungsverbote übermittelt." Man habe sich daher bewusst dazu entschieden, am 14. Februar Aufmerksamkeit für das Thema zu schaffen, hieß es.
Tausende Betretungsverbote an Wiener Gewaltschutzzentrum übermittelt
2023 wurden mehr als 4.200 Betretungsverbote an das Wiener Gewaltschutzzentrum übermittelt, pro Monat spricht die Wiener Polizei zwischen 350 und 360 davon aus. Im Zuge dessen wird automatisch auch das Gewaltschutzzentrum benachrichtigt. Etwa fünf bis sieben Prozent aller dort registrierten Fälle sind dem Hochrisiko-Bereich zuzurechnen. 2023 sind insgesamt 6.708 Opfer durch das Gewaltschutzzentrum Wien betreut worden. Im gleichen Zeitraum wurden wienweit 3.774 Gefährder an Neustart zugewiesen. In der Bundeshauptstadt sind 89 Prozent der Gefährder männlich, im Hochrisiko-Bereich sogar 98 Prozent.
Opferschutzzentrum kam 2023
Die Wiener Polizei stellte die Arbeit mit Opfern (in der Regel Frauen und Kinder) zuletzt auf neue Beine und etablierte im vergangenen Jahr das Opferschutzzentrum als Teil des Landeskriminalamts (LKA) im Probebetrieb. Das österreichweit einzigartige Projekt gilt als Vorzeigemodell. Landespolizeipräsident Gerhard Pürstl betonte bereits im Jänner im APA-Gespräch, dass das Opferschutzzentrum wohl in den Dauerbetrieb gehen könnte. "Das scheint gut anzulaufen und wir hoffen, das auch als Dauerorganisation implementieren zu können", sagte Pürstl damals.
(APA/Red)