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Anwältin Astrid Wagner liebte Jack Unterweger und kämpfte für die Freilassung von Josef F.

Sie gehört zu den schillerndsten und umstrittensten Rechtsanwältinnen des Landes: Astrid Wagner liebte Jack Unterweger und kämpfte für die Freilassung von Josef F.

In der österreichischen Justizwelt ist Astrid Wagner, die Anwältin von Josef F., einer der faszinierendsten und umstrittensten Figuren. Bekannt für ihre Verteidigung des "Monsters von Amstetten", steht sie oft im Mittelpunkt medialer Aufmerksamkeit. Wagner, die von der "Neuen Zürcher Zeitung" als "Österreichs exzentrischste Strafverteidigerin" bezeichnet wird, hat eine Klientel, die von Sadisten über Totschläger bis hin zu Kindsmörderinnen und Vergewaltigern reicht.

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Wagner wollte Meeresforscherin werden

Wagner, in der Steiermark in einem gehobenen familiären Umfeld aufgewachsen, hatte zunächst andere berufliche Pläne. Ursprünglich wollte sie Meeresforscherin werden, wie sie in einem Interview mit "Profil" verriet. Ihr Weg führte sie jedoch in die Jurisprudenz, insbesondere nach einer Beziehung zu Jack Unterweger.

Mit 60 Jahren, die ihr äußerlich kaum anzumerken sind, vertritt Wagner eine Philosophie, die in der Welt des Strafrechts selten ist. „Von jedem noch so grauenhaften Täter kann man etwas für das eigene Leben mitnehmen“, so Wagner in einem Interview mit der „Bild“-Zeitung. Diese Einstellung wird besonders deutlich bei ihrer Arbeit mit Josef F., einem Mann, der über zwei Jahrzehnte seine Tochter in einem Keller gefangen hielt und sieben Kinder mit ihr zeugte.

"Die Abgründe des Josef F."

Der Kontakt zu Josef F. entstand, als er ihr ein Autobiographie-Manuskript zusandte. Wagner entschied sich gegen eine Veröffentlichung und schrieb stattdessen „Die Abgründe des Josef F.“, das 2023 erschien. Über Fritzls jetzigen Zustand sagte sie in einem Gespräch mit puls24.at: „Er denkt durchwegs positiv. Er träumt von Ziegen und einem Stück Land mit Zuganbindung.“

„Der Josef F. ist mit seinen 88 Jahren und nach 15 Jahren Haft bis heute Optimist“, ist sie überzeugt, eine Haltung, die zeigt, wie sie über die öffentliche Wahrnehmung hinausblickt.

Astrid Wagner gibt der Presse ein Statement. ©APA/AFP/JOE KLAMAR

Romanze mit Jack Unterweger

Neben ihrer Rolle als Verteidigerin ist Wagner auch für ihre Beziehung zu Jack Unterweger bekannt, einem verurteilten Serienmörder. Ihre intensive Romanze mit Unterweger begann, als Wagner noch eine junge Juristin war. „Ich war damals völlig überzeugt davon, dass es meine Mission war, Jack Unterweger zu retten“, gestand sie in einem Interview mit „Profil“. Diese Verbindung endete jedoch tragisch mit Unterwegers Selbstmord im Jahr 1994, nachdem er wegen neunfachen Mordes verurteilt worden war.

Jack Unterweger im Gerichtssaal. ©AP Photo/Ronald Zak

In ihrer Kanzlei in Wien, einem ehemaligen Kloster, hängen überdimensionale Porträts von Josef F., Unterweger und anderen berüchtigten Kriminellen. Diese „Galerie des Grauens“, wie sie von „Profil“ beschrieben wird, ist ein Zeugnis von Wagners tiefem Interesse an den dunklen Seiten der menschlichen Natur.

"See-Killer" und "Eislady"

Zu den weiteren Klienten in Wagners umfangreicher Karriere gehören beispielsweise der „See-Killer“ Alfred Ulrich, der bekannt wurde für seine grausamen Taten, bei denen er die Leichenteile einer ungarischen Prostituierten teils im Neusiedler See versenkte, teils portionierte und faschierte. Ebenso verteidigte sie die „Eislady“ Estibaliz Carranza, die ihren Ehemann und anschließend ihren Lebensgefährten ermordete, deren Körper zerstückelte, in einer Tiefkühltruhe verstaute und anschließend unterhalb ihres Eissalons in Wien mit Beton zuschüttete. Diese Fälle zeigen das breite Spektrum von Wagners Arbeit und ihre Bereitschaft, sich den komplexesten und verstörendsten Fällen zu widmen, die oft weit über die Grenzen des herkömmlichen Rechtsverständnisses hinausgehen.

Schillernd und exzentrisch

Wagner wird in der Branche oft als schillernd und exzentrisch beschrieben, was sowohl an ihren spektakulären Fällen als auch an ihrem Auftritt in den sozialen Medien liegt. Sie trägt selbstbewusst Miniröcke und Spitzentops im Gerichtssaal und zeigt sich auf Instagram in provokanten Posen. „Ich zeige mich, wie ich will“, erklärt sie, ein Ausdruck ihrer persönlichen Freiheit und ihres Eintretens für Frauenrechte.

Die Beziehung zu Unterweger hat Wagner besonders geprägt. Sie betrachtet ihn nicht als verurteilten Serienmörder, sondern als "mutmaßlichen Serienmörder", wie sie gegenüber der "NZZ" äußerte. Selbst 30 Jahre nach der Romanze findet sie noch positive Worte für ihn: "Hochintelligent" und "mit viel Einfühlungsvermögen", so beschreibt sie Unterweger in einem Gespräch mit der "Kleinen Zeitung".

  • Wagner sprach gegenüber dem "Profil" auch offen und ohne Zurückhaltung über die persönlichen Aspekte dieser ungewöhnlichen Beziehung. Sie und Unterweger tauschten in Ermangelung direkter physischer Kontakte intime Geschenke aus. „Wir haben einander Schamhaare geschickt, die mit Bändern zusammengebunden und in Wäschepaketen versteckt waren. Heutzutage wäre so etwas undenkbar, da alles durchsucht wird.“
  • Über die brutalen Taten Unterwegers sprachen sie während ihrer 200 Besuche nie. Unterwegers ständiges Mantra „Ich bin unschuldig“, auch bezüglich des ersten Mordes von 1974, war ein Tabuthema in ihren Gesprächen: „Das hätte ich nicht ansprechen dürfen.“

Wagner vertritt nur selten die Opfer

Wagners Herangehensweise an ihre Fälle ist geprägt von einer tiefen Empathie und einem Verständnis für die menschliche Natur. Sie steht selten auf der Seite der Opfer, sondern widmet sich der Verteidigung jener, deren Gräueltaten regelmäßig über die Landesgrenzen hinweg für Entsetzen sorgen. Dies unterstreicht ihre unkonventionelle Herangehensweise an das Recht.

Eine Frau, die vom Extremen angezogen wird

Wagner, die sich laut „Profil“ als „Top-Anwältin“ und „Star-Strafverteidigerin“ einen Namen gemacht hat, sieht sich selbst als jemand, der die Herausforderung liebt. Sie stellt sich gegen die Vorverurteilung in den Medien und kämpft für die Rechte ihrer Klienten, egal wie schwerwiegend ihre Verbrechen sein mögen. Sie ist eine Frau, die das Extreme anzieht, und die in jedem ihrer Klienten das „hilflose Kind“ sieht.

Wagner pflegt ihr Image

Wagner steht in der Öffentlichkeit, genießt die Aufmerksamkeit und pflegt ihr Image als Mysterium. Sie ist eine Frau, die ihr "Anderssein" zelebriert, auch wenn es bedeutet, für die Freiheit von Serienmördern, Vergewaltigern und Kindesfolterern zu kämpfen. Ihre Karriere wird weiterhin für Diskussionen und Faszination sorgen und die Grenzen zwischen Recht, Moral und menschlicher Natur ausloten.

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