Nehammer stellt "Österreichplan" in Rede in Wels vor

Dies markiert möglicherweise den Beginn seiner Nationalratswahlkampagne. Im Vorfeld wurden der APA Teile des Dokuments aus den Kapiteln "Leistung" und "Wirtschaft" zur Verfügung gestellt. Darin wird unter anderem eine Steuersenkung "für die arbeitende Mitte" und ein Pfad zur Senkung der Lohnnebenkosten bis zum Jahr 2030 vorgestellt.
Nehammer spricht von "Programm für die fünf Millionen"
Nehammer spricht von einem "Programm für die fünf Millionen", womit er sich auf die Menschen in Österreich bezieht, die das Steuersystem durch ihre Beiträge unterstützen. Ziel sei es, diesen Personen mehr von ihrem Einkommen und ihren Pensionen zu belassen. Konkret plant die ÖVP eine Senkung des Eingangssteuersatzes von 20 auf 15 Prozent.
Der Bundeskanzler betont die Notwendigkeit, mehr Steuerzahler zu haben, die jedoch weniger Steuern zahlen sollen. Er sieht auch Erleichterungen für Personen vor, die nicht Vollzeit arbeiten, um Pflege- oder Kinderbetreuungsaufgaben wahrzunehmen.
ÖVP strebt Reform des Abgabensystems an
Die ÖVP strebt zudem eine Reform des Abgabensystems an. Bis 2030 soll ein jährlicher Senkungspfad für Lohnnebenkosten um 0,5 Prozentpunkte umgesetzt werden. Dies soll durch eine Neuordnung der Finanzierung des Arbeitslosengeldes und eine teilweise Überführung der vom Dienstgeber finanzierten Beiträge des Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) in das Bundesbudget erreicht werden.
Im Bereich "Wirtschaft", von dem bisher nur ein "Rohentwurf" vorliegt, strebt Nehammer einen "Regimewechsel in Österreichs Wirtschaftspolitik" an. Er fordert eine Abkehr vom Interventionalismus und Etatismus der letzten vier Krisenjahre hin zur sozialen Marktwirtschaft. Geplant ist, Subventionen zurückzufahren und stattdessen auf Garantien und Anreize zu setzen.
Nehammer hat Pläne für Österreich bereits angedeutet
Nehammer hatte seine Pläne für Österreich bereits in einer "Rede zur Zukunft der Nation" im März 2023 angedeutet, wobei er damals besonders auf den Klimaschutzbereich einging. Diese Rede wurde als Signal an seinen Koalitionspartner, die Grünen, interpretiert. Er sprach sich gegen ein Aus für Verbrennungsmotoren aus und bezeichnete Österreich als "Autoland schlechthin".
Weiterhin stellte Nehammer die Technologie und den Fortschritt gegenüber dem "Untergangsirrsinn" der Klimaschutzbewegung in den Vordergrund, verteidigte das österreichische Schengenveto gegen Bulgarien und Rumänien und kündigte eine Halbierung der Sozialhilfe für Neuankömmlinge im Land über einen Zeitraum von fünf Jahren an. Er äußerte das Ziel, dass alle Österreicherinnen und Österreicher zur "besitzenden Klasse" gehören sollen und versprach eine Eigentumsoffensive durch die Zweckwidmung der Wohnbauförderung.
Umfragen: ÖVP kommt nicht vom Fleck
In den Umfragen kommt die ÖVP seither aber nicht vom Fleck. Während sich die Kanzlerpartei im ersten Halbjahr noch mit der SPÖ am zweiten Platz abwechselte, liegt die ÖVP seit Herbst praktisch ununterbrochen am dritten Rang. Heuer kommt die ÖVP in den vom APA-Wahltrend erfassten Umfragen auf gerade einmal 20 bis 23 Prozent. Zum Vergleich: die SPÖ liegt bei 24 bis 25 und die FPÖ bei 26 bis 29 Prozent.
Auch Nehammer selbst hat mit schwachen Umfragen zu kämpfen. Unmittelbar nach seinem Wechsel ins Kanzleramt im Herbst 2021 hatte der ÖVP-Chef noch einen positiven Wert im APA/OGM-Vertrauensindex: 48 Prozent gaben damals an, dem ÖVP Chef zu vertrauen, 41 Prozent hatten kein Vertrauen. Mittlerweile ist der Wert allerdings deutlich ins Negative gekippt: zuletzt lag die Differenz aus Vertrauen (30 Prozent) und Misstrauen (62 Prozent) bereits bei minus 32 Prozentpunkten.
ÖVP-Pläne sorgen bei Opposition für wenig Begeisterung
Für wenig Begeisterung sorgten die ÖVP-Pläne am Montag wie zu erwarten bei der Opposition. SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Sandra Breiteneder sprach von "altem Wein in alten Schläuchen" und warf Nehammer vor, lediglich Vorhaben aus Wahlprogramme der letzten Jahre zu kopieren. "Dass der ÖVP-Kanzler jetzt zum dritten Mal in sechs Jahren dieselbe Platte auflegt, zeigt das Versagen der ÖVP und die Planlosigkeit Nehammers", so Breiteneder in einer Aussendung.
Die FPÖ sprach von einem "großen Bürgertäuschungsmanöver". Entlastungen und die Senkung von Steuern und Lohnnebenkosten seien jahrelange freiheitliche Forderungen, "die Nehammer schon längst in den letzten Jahren umsetzen hätte können", meinte FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz laut Aussendung. Dagegen habe die schwarz-grüne Regierung die Menschen mit neuen Steuern "wie der CO2-Steuer oder der ORF-'Zwangssteuer' belastet.
Auch die NEOS warfen der ÖVP fehlende Glaubwürdigkeit vor. Österreich sei nach 37 Jahren mit der ÖVP in der Regierung "ein absolutes Höchststeuerland", kritisierte der pinke Wirtschafts -und Sozialsprecher Gerald Loacker in einer Stellungnahme. "Und ausgerechnet die Partei, die uns die immense finanzielle Belastung eingebrockt hat, verspricht jetzt plötzlich die große Entlastung und einen Regimewechsel?", so Loacker: "Wer soll das glauben?"
Die Arbeiterkammer (AK) kritisierte die Pläne zur Senkung der Lohnnebenkosten als "Frontalattacke gegen den Sozialstaat" und "trojanisches Pferd für arbeitende Menschen". Denn es gehe um wichtige Sozialstaatsbeiträge, mit denen die Kernleistungen des Sozialwesens bei Krankheit, Unfall, Arbeitslosigkeit oder für Familien finanziert würden, so AK-Direktorin Silvia Hruška-Frank. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssten im Falle einer Senkung "für die Einnahmeausfälle einspringen, weil sie 80 Prozent des Budgets finanzieren, während ihnen gleichzeitig Kürzungen der Sozialleistungen drohen".
(APA/Red)