Liga der Menschenrechte schlägt wegen Menschenrechtsverletzungen Alarm
    Laut der Präsidentin Barbara Helige sind Menschenrechtsverletzungen in "besorgniserregendem Ausmaß" angestiegen.
Liga der Menschenrechte: Zunahme von Antisemitismus in Österreich seit Terrorangriff der Hamas
Sie weist darauf hin, dass seit dem Angriff der Hamas auf Israel auch in Österreich Antisemitismus und Hass zunehmen. Zudem gibt es Bedenken hinsichtlich fehlender Pressefreiheit, Gewalt gegen Frauen und der Situation unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge. Die Situation ist außergewöhnlich aufgrund der beiden Kriegsherde in der Ukraine und im Nahen Osten. Anlässlich des Tages der Menschenrechte am 10. Dezember, an dem vor 75 Jahren die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verkündet wurde, liegt der Fokus jedoch auf den Problemen innerhalb Österreichs. Laut Helige gibt es davon genug: "Hass und Verächtlichmachung einzelner Menschen, Volksgruppen, Minderheiten oder Religionsgemeinschaften haben ein Ausmaß erreicht, das Besorgnis bereitet und vielen Menschen Angst macht (…) Es kann nicht sein, dass Menschen Symbole ihres Glaubens verstecken müssen, um sich vor Übergriffen und Attacken zu schützen."
Forderung an den Staat minderjährige Flüchtlinge aufzunehmen
Kritisiert wurde von Wolfgang Salm, Mitglied der Organisation "Gemeinsam für Kinderrechte", die als "höchst unfair" bezeichnete Unterscheidung des Staates zwischen österreichischen Kindern und geflohenen Kindern. Er forderte erneut, dass unbegleitete minderjährige Flüchtlinge ab dem ersten Tag unter die Obsorge des Staates gestellt werden sollten. Diese Kinder seien oft monatelang in Einrichtungen des Bundes, wie zum Beispiel in Traiskirchen, untergebracht. Im vergangenen Jahr sind über 11.000 Kinder aus solchen Einrichtungen verschwunden, von denen die meisten zu Bekannten in andere Länder weitergezogen sind. Es besteht jedoch auch ein erhebliches Risiko des Menschenhandels. Salm erwartet nicht, dass ein Gesetzesentwurf in dieser Legislaturperiode noch verabschiedet wird. Daher sei es umso wichtiger, dass den Jugendlichen eine angemessene Beratung zur Obsorge zur Verfügung gestellt wird.
SPÖ-Unterstützung für Forderung nach Schutz für minderjährige Flüchtlinge
Die SPÖ unterstützt ebenfalls die Forderung nach einer Obsorge ab dem ersten Tag. Derzeit befinden sich 80 Kinder unter 14 Jahren in staatlicher Betreuung. SPÖ-Kinderrechtssprecher Christian Oxonitsch versteht nicht, warum die im Regierungsprogramm vorgesehene Obsorge trotz des entsprechenden Beschlusses des Nationalrats nicht umgesetzt wird. Er kritisiert außerdem, dass NGOs keinen Zugang zu den staatlichen Einrichtungen haben, um den Kindern und Jugendlichen eine sorgfältige Beratung zur Obsorge zu ermöglichen und gegebenenfalls einen Antrag auf Obsorge zu stellen.
Liga für Menschenrechte sieht Gefahr für Pressefreiheit
Die Medienfreiheit sei prekär, so der Kommunikationswissenschaftler Fritz Hausjell, Präsident von Reporter ohne Grenzen. Die Anzahl der gedruckten Tageszeitungen werde zum Jahresende von 14 auf 12 reduziert werden (die "Wiener Zeitung" wurde bereits eingestellt, das "Volksblatt" folgt zum Jahresende). Dadurch verringere sich auch die Vielfalt im Journalismus. Laut Medienhaus Wien gingen in knapp 15 Jahren ein Viertel der journalistischen Arbeitsplätze in Österreich verloren, was den Journalismus erheblich schwäche, so Hausjell. Auch die Finanzierung bereite Probleme. Eine mögliche Lösung wäre die Schaffung gemeinsamer digitaler Vertriebskanäle auf europäischer Ebene, basierend auf genossenschaftlicher Basis.
Der Gesetzesentwurf zur Informationsfreiheit und der mangelnde Schutz von Whistleblowern in Österreich stoßen auf Unzufriedenheit. Die vermehrten SLAPP-Klagen, also Einschüchterungsklagen gegen unliebsame Berichterstattung, sowie verbale Angriffe auf Journalisten und Journalistinnen werden kritisiert. Medienvertreter wehren sich gegen den Vorstoß von Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP), die das Zitieren aus dem Akt bei laufenden Ermittlungsverfahren verbieten möchte. Es wird betont, dass dies keine Anfänge mehr sind, sondern eine weitere Schwächung der Pressefreiheit darstellt.
Erschreckend hohe Zahl an Femiziden in Österreich
Es ist erforderlich, eine umfassende Lösung für geschlechtsspezifische Gewalt zu finden. In Österreich hat bereits jede dritte Frau in ihrem Leben sexualisierte Gewalt erfahren. Erschreckend ist auch die hohe Anzahl von Femiziden, wie Helige betonte. Darüber hinaus fordert die Liga ein Recht auf angemessenen Wohnraum und die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, bei der Österreich immer noch hinterherhinkt.
Die neu geschaffene Beschwerdestelle, die voraussichtlich ab 2024 ihre Arbeit aufnehmen wird, bietet grundsätzlich die Hoffnung auf eine Professionalisierung der Ermittlungen in Fällen von Polizeigewalt. Allerdings stellt sich die Frage nach der Unabhängigkeit, da die Stelle dem Bundesamt für Korruptionsbekämpfung (BAK) angegliedert ist, welches wiederum dem Innenministerium untersteht. Es stellt sich die Frage, wer Polizeigewalt bei einer Stelle melden möchte, die in gewisser Weise von der Polizei selbst betrieben wird, so Helige.
Gehörlosenbund fordert mehr Inklusion
Der Gehörlosenbund betonte in einer Aussendung, dass es einen Durchbruch bei der Inklusion von gehörlosen Menschen gebe. Es wird angestrebt, im Bereich der inklusiven Bildung einen Lehrplan zur österreichischen Gebärdensprache zu entwickeln, der auf Kompetenzen basiert. Eine entsprechende Verordnung soll bis zum Schuljahr 2024/25 erlassen werden. Ziel ist es, das bestehende Lehrpersonal durch Weiterbildungen in Gebärdensprache zu schulen und sogenannte "native Signers" in Schulen einzusetzen.
(APA/Red)