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Faktencheck: Chemtrails bleiben Verschwörungstheorie

Ein APA-Faktencheck zeigt: Chemtrails bleiben eine Verschwörungstheorie.
Ein APA-Faktencheck zeigt: Chemtrails bleiben eine Verschwörungstheorie. ©AP Photo/Michael Probst, File (Sujet)
Hat der Mainstream nach Jahren Chemtrails entdeckt? Ein APA-Faktencheck zeigt: Nein! Chemtrails sind und bleiben Verschwörungsmythen.

Ein Facebook-Posting mit zwei Zeitungsartikeln, die den Einsatz von sogenannten Chemtrails beweisen sollen, wurde zuletzt tausendfach geteilt. Die Artikel haben die Unterschriften "Chemtrails: Sprühtechnik aufgedeckt!" und "Bundeswehr bestätigt Geo-Engineering". Dazu heißt es im Posting, dass nun auch der Mainstream nach Jahren Chemtrails entdeckt habe.

Faktencheck: Chemtrails bleiben eine Verschwörungstheorie

Einschätzung: Die Meldungen beweisen nicht die Existenz von Chemtrails, die nach wie vor keine wissenschaftliche Basis haben. Am Bild des Flugzeugs ist keine "Sprühtechnik" abgebildet, sondern eine Sicherheitsvorrichtung. Der zweite Artikel, in dem von Geo-Engineering die Rede ist, beweist ebenfalls keine Verschwörungstheorie. Geo-Engineering hängt nicht mit Chemtrails zusammen, sondern beschreibt Eingriffe in die biochemischen Kreisläufe der Erde mit technischen Mitteln, um dem Klimawandel entgegenzuwirken.

Überprüfung: Abgesehen von den Überschriften ist der Text im Sharepic unleserlich. Zu sehen sind der Flügel eines Flugzeugs bei der ersten Meldung und ein Himmel voller vermeintlicher Chemtrails im zweiten.

"Strassen Gazette" schon aus der Vergangenheit für Verbreitung von Verschwörungstheorien verantwortlich

Mittels Stichworten kann die entsprechende Zeitungsseite gefunden werden. Die Artikel stammen aus der "Strassen Gazette", einer deutsche Straßenzeitung, die bereits in der Vergangenheit für die Verbreitung von Verschwörungstheorien um Chemtrails in die Kritik geraten ist. Die Zeitungsseite stammt aus der Ausgabe 136 von Dezember 2013/Jänner 2014. Der Artikel erschien ursprünglich auf dem Verschwörungsblog "leyline.de".

Bernd Hauck ein Aktivist für "Sauberer Himmel"

Der Autor der Artikel über vermeintliche Sprühtechniken, Bernd Hauck, wird vom "Leyline" als Teil des Teams angeführt, und trat auch 2013 als Aktivist für "Sauberer Himmel" auf. "Sauberer Himmel" war eine Bürgerinitiative, die sich gegen das vermeintliche Versprühen von giftigen Chemikalien aus Flugzeugen (was auch die angeblichen Chemtrails verursachen soll) einsetzte.

Der zweite Artikel wurde von Gabriele Lermann verfasst. Lermann, die auch für die Straßenzeitung verantwortlich ist, hat zahlreiche andere Artikel zu anderen Themen verfasst, wie etwa die "Lüge Aids", und hat ebenfalls eine Verbindung zur Initiative "Sauberer Himmel".

Sprühtechnik aufgedeckt?

Beim ersten Artikel, der in "Spezial-Umbauten" bei Flugzeugen Beweise für das Versprühen von Chemikalien sieht, ist ein Foto der vermeintlichen Drüsen, die Chemtrails verursachen, abgebildet. Eine Recherche dazu ergab, dass es sich bei dem Flugzeug im Bild um eine Maschine vom Typ Airbus 320-214 handelt. Diese wurde von der mittlerweile in Konkurs gegangene Fluglinie Air Berlin betrieben.

Laut Professor Carsten Braun, der Luftfahrzeugtechnik an der FH Aachen unterrichtet, handelt es sich bei den abgebildeten Drüsen um eine Sicherheitsvorkehrung des Flugzeugs. Die Röhrchen sind für den Druckausgleich zwischen Umgebungsluft und "eingeschlossener" Luft und für den Ablauf von Flüssigkeiten notwendig, sagte er in einer Stellungnahme gegenüber der APA. "Dies ist notwendig, weil die in der Luftfahrt üblichen Aluminiumlegierungen extrem korrosionsanfällig sind. Eine Grundregel der Konstruktion von Flugzeugstrukturen ist: Jedes Tröpfchen Flüssigkeit (Wasser, Öle, Treibstoff), das sich an einem Punkt im Flugzeug befindet, wo es nicht hingehört, muss unter Einwirkung der Schwerkraft ohne aktive Maßnahmen ablaufen können." "Pfützen" dürften sich keine auf dem Flugzeug bilden, deswegen gebe es mehrere "Drain Ports" am Flugzeug.

Braun sieht darin aber keinen Beweis für Chemtrails. Es wäre zwar theoretisch möglich, Substanzen aus Flugzeugen zu versprühen, aber: "So eine Technik in zivile Flugzeuge einzubauen und regelmäßig mit irgendwelchen Giften zu füllen und gleichzeitig zu verhindern, dass in einer Routine-Instandhaltung irgendeine Person des nicht-eingeweihten Teams das entdeckt, wäre logistisch völlig unmöglich." Andere logistische Gründe sprechen auch dagegen. Braun wies darauf hin, dass hunderte Menschen in die Instandhaltung von Flugflotten involviert sind, und dass diese alle zu diesem Geheimnis schweigen müssten - ein Problem, an dem viele Verschwörungstheorien scheitern würden.

Geoengineering und Bundeswehr

Im zweiten Artikel geht es um ein Paper der deutschen Bundeswehr mit dem Titel "Future Topic Geo-Engineering". Im Artikel werden Chemtrails als Form von Geo-Engineering bezeichnet. Die Seite, auf die Lermann hinweist, erwähnt nirgendwo Chemtrails , ebenso wenig wie das Paper zu Geo-Engineering . Im Paper selbst geht es um den Einsatz von Geo-Engineering, die Risiken, Streitpunkte, Sicherheitsthemen und die Rechtslage.

Das Analysepaper, das vom Planungsamt der Bundeswehr 2012 publiziert wurde, hält schon im Vorwort fest: "Die Studienarbeiten des Dezernats Zukunftsanalyse spiegeln keine offiziellen Positionen des BMVg (Bundesministerium der Verteidigung, Anm. d. Red.) wider." Das Planungsamt untersteht dem deutschen Verteidigungsministerium und entwirft Pläne für die zukünftige Arbeit der Bundeswehr.

Chemtrails sind frei erfunden

Geo-Engineering wurde als Mittel zur Bekämpfung der Klimakrise immer wieder angedacht. Chemtrails hingegen - die angebliche Verbreitung von Chemikalien für nebulöse Zwecke via Drüsen an Flugzeugen - haben keine nachweisbare Grundlage und wurden schon oft von Experten widerlegt. 2017 hieß es vom österreichischen Landwirtschaftsministerium: "Das Thema "Chemtrails" ist dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft seit längerem bekannt und wurden dazu bereits 2004 entsprechende Recherchen angestellt mit dem Ergebnis, dass dazu keine wie auch immer gearteten Hinweise, geschweige denn Beweise betreffend das Versprühen von Substanzen zum Schutz des Klimas vorliegen."

(APA/Red)

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