Facharzt für Allgemeinmedizin: Kritik aus Bundesländern

Einige Bundesländer - darunter Vorarlberg, das Burgenland, Tirol, die Steiermark und Wien - sorgen sich jedoch, dass diese Gesetzesänderung zu einem verstärkten Ärztemangel führen könnte. Dies liegt daran, dass die Ausbildungszeit auf fünf Jahre verlängert werden soll.
Wien befürchtet Verschärfung des Ärztemangels durch Facharzt für Allgemeinmedizin
Die geplanten Neuerungen basieren auf einer Novelle des Ärztegesetzes, deren Begutachtungsfrist kürzlich abgelaufen ist. Gemäß dieser Novelle ist vorgesehen, die Ausbildungszeit für angehende Ärzte von derzeit 42 Monaten schrittweise ab dem 1. Juni 2026 bis zum 1. Juni 203 auf 60 Monate, sprich fünf Jahre, zu verlängern. Der Tätigkeitsbereich des neuen Facharztes umfasst die primäre Gesundheitsversorgung. Laut Angaben im Gesetzestext beinhaltet dies insbesondere "die ganzheitliche, kontinuierliche und koordinative medizinische Betreuung des gesamten menschlichen Lebensbereiches".
Die Bundesländer sind mit dem Gesetzesentwurf nicht einverstanden und äußern ähnliche Bedenken. Vorarlberg und das Burgenland weisen in ihren Stellungnahmen darauf hin, dass der bereits bestehende Mangel an Kassenärzten in der Allgemeinmedizin nicht berücksichtigt wird und welche Auswirkungen die verlängerte Ausbildungszeit haben könnte. Es ist nicht ausgeschlossen, dass Auszubildende sich aufgrund dessen für eine andere Fachrichtung entscheiden. Wien schließt sich der Stellungnahme Vorarlbergs an, da auf der Konferenz der Landesgesundheitsreferenten beschlossen wurde, eine gemeinsame Stellungnahme aller Bundesländer abzugeben. Die Bundeshauptstadt befürchtet ausdrücklich, dass der bereits bestehende Mangel an Allgemeinmedizinern dadurch verschärft werden könnte. Ähnliche Bedenken äußert der Dachverband der Sozialversicherungen, fügt jedoch hinzu, dass der Versorgungsengpass durch eine bessere Ausbildung in Zukunft möglicherweise besser bewältigt werden kann.
Bundesländer: Ausbildungsplätze für Fachärzten könnten knapp werden
Das Land Steiermark empfiehlt, die bestehenden Kassenverträge zu überprüfen, da Ärzte aufgrund der niedrigen Bezahlung häufig die Entscheidung treffen, sich als Allgemeinmediziner für ein Sonderfach zu spezialisieren. In Anbetracht des Ärztemangels sollte jedoch der Zeitpunkt für die Einführung des neuen Facharztes, der grundsätzlich befürwortet wird, noch einmal überdacht werden.
Die Länder Vorarlberg und Burgenland äußern jedoch Zweifel daran, dass der Beruf attraktiver wird durch die Einführung des neuen Facharztes. Zukünftig müssen Auszubildende zwischen 24 und 30 Monaten unter anderem in Lehrpraxen absolvieren. Die Finanzierung dieser Lehrpraxen ist noch ungeklärt. Aufgrund der längeren Ausbildungszeit könnte es zu Engpässen bei Ausbildungsplätzen kommen, da Lehrpraxen länger von einzelnen Auszubildenden belegt werden. Das Land Steiermark fordert, dass die Spezialisierung in der Sonderfachausbildung ebenso wie die Grundausbildung in einer zentralen ambulanten Erstversorgungseinrichtung stattfinden können sollte.
ÖGAM sieht geplanten Facharzt für Allgemeinmedizin positiv
Die neue Facharztregelung hat nicht überall negative Resonanz erhalten. Die Österreichische Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (ÖGAM) betrachtet die Novelle positiv, da es wissenschaftlich erwiesen ist, dass die Einführung einer Fachausbildung die Attraktivität der Allgemein- und Familienmedizin steigert. In einer Pressemitteilung wurde darauf hingewiesen, dass eine Ausbildungszeit von fünf Jahren international üblich ist. Die ÖGAM sieht die bestehenden Versorgungslücken aufgrund der unzureichenden Qualifikation der bisherigen Ausbildung und der Abschreckung junger Ärzte vor der Übernahme von Praxen. Mit der neuen Fachausbildung werden Hausärzte nun besser vorbereitet. Die Kärntner Landeskrankenanstalten-Betriebsgesellschaft (KABEG), die Junge Allgemeinmedizin Österreich (JAMÖ) und der Seniorenrat begrüßen die Neuerung in ihren Stellungnahmen grundsätzlich.
(APA/Red)