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Ungewöhnlicher Prozess in Wien

Die Verhandlung wurde vertagt.
Die Verhandlung wurde vertagt. ©APA/HELMUT FOHRINGER (Symbolbild)
Am Wiener Landesgericht für Strafsachen hat es am Donnerstag einen ungewöhnlichen Prozess gegeben.

Eine 51-jährige Witwe - nach eigenen Angaben vermögend und mit Wohnsitzen in Wien und in Como - musste sich wegen schwerer Nötigung und Urkundenfälschung verantworten. Sie soll nach der Trennung von ihrem langjährigen Freund eine finanzielle Entschädigung und die Rückzahlung angeblicher Darlehen verlangt und dabei mit Drohungen und falschen Unterlagen operiert haben.

Angeklagte: "Eine Frechheit"

Die Angeklagte wies die Vorwürfe vehement zurück: "Das ist eine Frechheit. Jenseits von Gut und Böse!" Exakt 100.000 Euro wären ihr nach dem Beziehungs-Aus auf Basis eines so genannten Konkubinatsvertrags zugestanden, behauptete sie zur Verblüffung von Richterin Martina Semper. Üblicherweise wird ein derartiger Vertrag vor allem in der Schweiz zwischen unverheirateten Paaren abgeschlossen, im Fall der Angeklagten kam er ihrer Darstellung zufolge jedoch zustande, als deren Beziehung schon "in der Schwebe" war, wie sie einräumte. "Ich habe recherchiert, was da üblich ist zur Absicherung", sagte sie, "damit wollten wir uns ersparen, dass Dinge in Kleinpartikel zerlegt werden müssen". Sie habe dem Verflossenen auch immer wieder Geld geliehen, das ihr nun zustehe, nachdem sie nicht mehr mit ihm zusammen sei: "Er hat mich sogar vom Begräbnis seiner Mutter ausgeladen. Ich war wahnsinnig gekränkt."

Die Frau war rund zehn Jahre mit dem Betroffenen, einem in London tätigen Vermögensverwalter liiert. Vor Gericht versuchte sie nun wortreich darzulegen, die Trennung sei "wahnsinnig kompliziert und verschlungen" verlaufen. Für die Anklagebehörde steht jedoch fest, dass sie ihre finanziellen Forderungen gegen ihren Ex untermauerte, indem sie diesem die Vernichtung seiner wirtschaftlichen Existenz in Aussicht stellte. Unter anderem soll sie im Sommer 2021 gedroht haben, sie würde seine "Fehltritte" und sämtlichen Sexualkontakte in seinem Kunden- und Bekanntenkreis publik machen. Sie soll auch eine so genanntes Consulting Agreement vorgelegt haben, demzufolge ihr 3.500 Euro englische Pfund pro Monate für ihre Dienste in seiner Firma zustünden.

Auf die Frage, welche Leistungen sie konkret erbracht habe, verwies die Angeklagte auf ein abgebrochenes Psychologiestudium und ihre vorgeblich langjährige Erfahrung als Geschäftsfrau: "Ich hätte Schulungen gemacht, wie man Verkaufsgespräche führt." Außerdem habe sie ihren Ex "wirtschaftspsychologisch unterstützt". Sie habe ihn "zu einem Italiener, das war so ein Mafioso" begleitet: "Wir haben die ganze Autofahrt Rollenspiele gemacht, weil er (ihr Ex-Partner, Anm.) so Angst gehabt hat."

Zwei Punkte aus Sicht von Staatsanwaltschaft irritierend

An dem Consulting-Vertrag sind aus Sicht der Staatsanwaltschaft zwei Punkte irritierend: zum einen wurde dieser von der Angeklagten handschriftlich erstellt, zum anderen soll es sich bei der Unterschrift des Mannes um eine Fälschung handeln. Sie habe den von ihrem Ex-Freund unterfertigten Vertrag bewusst nicht am Computer fabriziert, behauptete die 51-Jährige: "In England ist der handschriftliche Vertrag der Urvertrag. Das ist das Stärkste, was es überhaupt gibt."

Nachdem der Vermögensverwalter auf die Forderungen der 51-Jährigen nicht einging, hatte diese sogar ein Inkasso-Büro in London mit der Vollstreckung beauftragt. Daraufhin schrillten bei diesem die Alarmglocken, er zeigte die Frau an. Diese rechtfertigte vor Gericht das Einschalten des Inkasso-Büros damit, der Mann habe mit ihr ja nicht mehr kommuniziert: "Es hat nur depperte Emails gegeben."

Zu ihrer derzeitigen beruflichen Situation bemerkte die Frau: "Ich arbeite aktuell überhaupt nicht. Ich bin privat. Ich genieße mein Leben." Ihren Ex vermisse sie nicht: "Mich interessiert der überhaupt nicht. Ich hab' 100 Leute, wenn ich Action will. Freundinnen aus aller Welt." Die Verhandlung wurde zur Einvernahme des Vermögensverwalters vertagt. Der Verteidiger beantragte zum Beweis für die Echtheit der umstrittenen Unterschriften die Beiziehung eines grafologischen Gutachters.

(APA/Red)

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