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Mutmaßlich Verantwortlicher des Hamas-Massakers tot

Unruhen in Israel und Gaza gehen weiter.
Unruhen in Israel und Gaza gehen weiter. ©AFP
Israels Militär hat bei Angriffen auf Einsatzzentralen der islamistischen Hamas im Gazastreifen einen der mutmaßlich Verantwortlichen des Massakers an israelischen Zivilisten getötet.
Zehntausende im Gazastreifen nach Süden geflohen

Merad Abu Merad, Leiter des Hamas-Luftüberwachungssystems in Gaza-Stadt, sei maßgeblich für die Steuerung der Terroristen während des Massakers verantwortlich gewesen, teilte das israelische Militär Samstag früh mit. Unterdessen flohen Zehntausende Palästinenser vom Norden in den Süden Gazas.

Die Zahl der bei israelischen Angriffen im Gazastreifen getöteten Palästinenser ist auf 2215 gestiegen. Zudem seien 8714 Menschen verletzt worden, teilte das Gesundheitsministerium im Gazastreifen am Samstag mit.

Mehr als 1.300 Tote

Terroristen hatten vor genau einer Woche im Auftrag der Hamas ein Massaker unter israelischen Zivilisten in Grenzorten und auf einem Musikfestival angerichtet - das schlimmste seit Israels Staatsgründung. Mehr als 1.300 Menschen kamen dabei ums Leben.

Israelische Kampfflugzeuge hätten in der Nacht Dutzende Hamas-Ziele im gesamten Gazastreifen angegriffen und dabei "Nukhba"-Terroristen getroffen, die sich in einem Aufmarschgebiet der Küstenenklave aufhielten, hieß es. Die "Nukhba"-Terroristen gehörten zu den Kräften, die das Eindringen nach Israel anführten. Israel antwortet seitdem mit massiven Luftangriffen auf Ziele im Gazastreifen. Als nächster Schritt könnte eine Bodenoffensive folgen.

"Terrorzelle" identifiziert

Unterdessen tötete das israelische Militär nach eigenen Angaben mutmaßliche Terroristen beim versuchten Eindringen vom Libanon aus nach Israel. Wie das israelische Militär am Samstagmorgen bekannt gab, hätten Soldaten eine "Terrorzelle" identifiziert, die versucht habe, vom Libanon aus in israelisches Gebiet einzudringen. Eine Drohne des Militärs habe "einige der Terroristen" getötet, hieß es. Seit dem Terror-Angriff der palästinensischen Hamas auf Israel vom vergangenen Wochenende kam es an Israels Grenze zum Libanon im Norden immer wieder zu Kampfhandlungen mit der Hisbollah-Miliz.

Das israelische Militär sicherte indes den Einwohnern des nördlichen Gazastreifens auch am Samstag wieder einen Zeitraum ohne Angriffe zu, um sich in den Süden der Küstenenklave zu begeben. Zwischen 10.00 und 16.00 Uhr Ortszeit (09.00 bis 15.00 Uhr MESZ) sollen die Bewohner von Beit Hanun auf einer eingezeichneten Fluchtroute nach Khan Yunis gehen, wie ein Sprecher der Armee in arabischer Sprache auf der Plattform X (früher Twitter) mitteilte. Dort sei in den angegeben Stunden Bewegung "ohne Schaden" möglich.

"Menschliches Schutzschild"

Die Armee vermutet Mitglieder der Hamas in Tunneln unterhalb der Häuser und auch in Wohngebäuden der Menschen. Der Aufruf zur Evakuierung sei auf verschiedenen Wegen verschickt worden. Das israelische Militär warf der Hamas vor, zu versuchen, die Bevölkerung daran zu hindern, sich in Sicherheit zu bringen, und sie als "menschliches Schutzschild" zu missbrauchen.

An Israels Aufforderung zur Massenevakuierung gibt es viel Kritik. Die Vereinten Nationen forderten Israel bereits am Freitag auf, die Anweisung zu widerrufen. Es drohe eine "katastrophale Situation". Auch aus Saudi-Arabien und Ägypten gab es scharfe Kritik. Beobachter gehen davon aus, dass das israelische Militär die mehr als eine Million Palästinenser im Norden des Küstenstreifens zur Evakuierung aufgefordert hat, weil eine Bodenoffensive bevorsteht.

400.000 Palästinenser vertrieben

Das UNO-Büro für humanitäre Hilfe (OCHA) schätzt, dass im Gazastreifen Zehntausende Menschen bereits in den Süden geflohen sind. Israel hatte den Palästinensern 24 Stunden Zeit gegeben, den Norden der Enklave in Vorbereitung auf die bevorstehende Bodenoffensive zu verlassen.

Wie OCHA mitteilt, seien bereits vor der Aufforderung zur Evakuierung insgesamt bereits 400.000 Palästinenser wegen des Konflikts vertrieben worden. UNO-Generalsekretär Antonio Guterres bezeichnet die Flucht von Zivilisten aus Gaza-Stadt in Richtung Süden als "extrem gefährlich". Guterres schrieb dazu auf X, vormals Twitter: "Mehr als eine Million Menschen durch ein dicht besiedeltes Kriegsgebiet an einen Ort zu bringen, an dem es keine Nahrungsmittel, Wasser oder Unterkünfte gibt, während das gesamte Gebiet des Gazastreifens belagert wird, ist extrem gefährlich - und in einigen Fällen einfach nicht möglich. UN-Sprecher Stephane Dujarric sagte dazu: "Zivilisten müssen geschützt werden. Wir wollen keinen Massenexodus von Gaza-Bewohnern erleben."

Bei den israelischen Angriffen auf den Gazastreifen sind nach Angaben der UNO bereits mehr als 1300 Gebäude komplett zerstört worden. Davon betroffen seien 5540 Wohneinheiten.

"Verstoß gegen das Völkerrecht"

Jordaniens Außenminister Ayman Safadi warnte, jeder Schritt Israels mit der Folge einer Vertreibung von Palästinensern im Gazastreifen führe die Nahost-Region an den Abgrund eines größeren Konflikts. Safadi bezeichnet es zudem als eklatanten Verstoß gegen das Völkerrecht, dass Israel humanitäre Hilfe für den Gazastreifen blockiere. Das israelische Militär hatte zuvor hunderttausende Bewohner des nördlichen Gazastreifens aufgerufen, sich im Süden des dicht besiedelten Küstengebietes in Sicherheit zu bringen.

Für Palästinenser erinnert die Vorstellung, das Land zu verlassen oder vertrieben zu werden, auf dem sie einen Staat gründen wollen, an die "Nakba" oder "Katastrophe", als viele Palästinenser während des Krieges von 1948, der mit der Gründung Israels einherging, ihre Häuser verließen. Etwa 700.000 Palästinenser, die Hälfte der arabischen Bevölkerung des von Großbritannien regierten Palästina, flohen damals oder wurden aus ihren Häusern vertrieben, viele strömten in benachbarte arabische Staaten, wo sie oder viele ihrer Nachkommen geblieben sind. Viele leben noch immer in Flüchtlingslagern.

"Sind bereit Hilfsgüter zu verteilen"

Ein Flugzeug mit medizinischen Hilfsgütern zur Versorgung der Bevölkerung im Gazastreifen ist nach Angaben vom Chef der Weltgesundheitsorganisation, Tedros Adhanom Ghebreyesus, auf einem Flughafen im Nordosten Ägyptens in der Nähe des Grenzübergangs Rafah gelandet. "Wir sind bereit, die Hilfsgüter zu verteilen, sobald ein humanitärer Zugang über den Übergang gewährleitet ist", schrieb er auf der Social-Media-Platform X.

Die Palästinensische Gemeinde in Österreich forderte unterdessen die österreichische Regierung und die Europäische Union in einer Aussendung eindringlich auf, "sich gegen das Töten unschuldiger Zivilisten einzusetzen und Schritte für einen schnellen Stopp dieser brutalen Angriffe auf den Gaza-Streifen zu unternehmen. Solidarität mit Israel kann nicht heißen, es zu mehr Gewalt und Aggressionen zu ermutigen, was die österreichische Regierung und die öffentliche Meinung bedauerlicherweise derzeit tun."

Liveblog zum Krieg in Israel und Gaza

(APA)

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